Missbrauch von Händler-Daten

EU-Kommission geht mit Kartellverfahren gegen Amazon vor

Veröffentlicht: 10.11.2020 | Geschrieben von: Markus Gärtner | Letzte Aktualisierung: 18.07.2022

Es wurde bereits im Sommer 2020 erwartet, jetzt wird es ernst für Amazon: Die EU-Marktwächter nehmen sich den E-Commerce-Platzhirsch vor. Die EU-Kommission hat ein Kartellverfahren gegen Amazon eingeleitet, wie die Behörde bekannt gab.

Dabei gibt es gleich mehrere Vorwürfe, die gegen das Kartellrecht in der Europäischen Union verstoßen könnten. Zum einen wirft die EU Amazon vor, „nichtöffentliche Geschäftsdaten von unabhängigen Händlern, die über den Amazon-Marktplatz verkaufen, systematisch für das eigene, in unmittelbarem Wettbewerb mit diesen Händlern stehende Einzelhandelsgeschäft zu nutzen.“ So könne Amazon etwa analysieren, welche Produkte der Marktplatz-Händler sich am besten verkaufen – und dann eigene Produkte und Marken auf seinen eigenen Marktplatz bringen. Diese Kritik rund um Amazons Eigenmarken ist schon fast ein alter Hut: Im April 2020 bekräftigten sogar Ex-Mitarbeiter von Amazon derartige Vorwürfe, wie der Amazon Watchblog berichtete. 

Ein weiterer Kritikpunkt der EU-Wettbewerbshüter bezieht sich darauf, dass Amazon möglicherweise eigene Angebote und Angebote von Verkäufern, die die Logistik- und Versanddienste von Amazon nutzen (Fulfillment by Amazon), bevorzugt. Dabei geht es unter anderem auch um „das Einkaufswagen-Feld“ – die Buy Box, die für Marktplatz-Händler die entscheidende Position auf der Ergebnisseite ist, da die meisten Online-Shopper dort direkt kaufen.

Vestager: „Wir müssen verhindern, dass Plattformen mit Marktmacht den Wettbewerb verzerren.“

„Der elektronische Handel boomt und Amazon ist die führende Plattform in diesem Bereich. Deshalb ist ein fairer Zugang zu Online-Kunden ohne Verzerrung des Wettbewerbs für alle Verbraucher wichtig“, erklärte die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager, die für ihr resolutes Vorgehen gegen die großen Tech-Konzerne bekannt ist. „Wir müssen verhindern, dass Plattformen mit Marktmacht, die auch selbst über die Plattform verkaufen, wie etwa Amazon, den Wettbewerb verzerren.“

Amazon kann jetzt zu den Vorwürfen gegen die EU-Kartellvorschriften Stellung beziehen und auch eine mündliche Anhörung beantragen. Laut Spiegel Online hat Amazon die Vorwürfe bereits zurückgewiesen. Das Unternehmen arbeite weiterhin mit der Kommission zusammen, teilte Amazon mit. 

Werden die Verstöße verifiziert, könnten auf Amazon Strafzahlungen in Milliardenhöhe zukommen.

Auch vor dem deutschen Bundeskartellamt läuft derzeit – aus anderen Gründen – ein Verfahren gegen Amazon.

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