Wir wurden gefragt

Stellt die Annahmeverweigerung eines Paketes einen Widerruf dar?

Veröffentlicht: 22.06.2023 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 23.06.2023
Person nimmt Pakete nicht an

Folgender Fall wurde an uns herangetragen: Ein Kunde bestellte in einem Online-Shop ein Produkt. Dieses wurde durch einen Transportdienstleister geliefert. Die Kosten für die Hinsendung hatte die Händlerin übernommen. Der Kunde weigerte sich bei der Lieferung plötzlich das Paket anzunehmen, woraufhin es an den Online-Shop zurückgesendet wurde.  Die Händlerin stellte sich die Frage, ob die Nichtannahme des Paketes schon einen Widerruf darstellt. Doch geht das so einfach? Stellt die verweigerte Annahme eines Paketes tatsächlich einen Widerruf dar? Bleibt die Händlerin jetzt auf den Hin-und Rücksendekosten sitzen? Wir haben uns die Rechtslage näher angeschaut.

Voraussetzungen eines Widerrufs

Grundsätzlich muss den Verbraucher:innen bei Fernabsatzverträgen vom Unternehmen eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt werden. Kund:innen haben dann die Möglichkeit, den Vertrag ohne Angaben von Gründen innerhalb von 14 Tagen zu widerrufen. Der Widerruf muss nach § 355 Absatz 1 Satz 2 BGB gegenüber dem Unternehmen erklärt werden. Dabei muss nicht ausdrücklich das Wort „Widerruf” fallen, es muss aber der Entschluss zum Widerruf eindeutig aus der Erklärung hervorgehen. 

Da der Widerruf ab dem Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung zum Vertragsschluss erfolgen kann, könnte er grundsätzlich schon vor der Annahme der Ware erklärt werden. Der Kunde hätte hier folglich zum Zeitpunkt der Auslieferung durchaus seinen Willen zum Widerruf zum Ausdruck bringen können. 

Der Knackpunkt ist hier aber die Erklärungsform. Zwar sieht das Gesetz für die Erklärung keine bestimmte Form vor. Der Widerruf kann schriftlich, aber auch mündlich erklärt werden. Wichtig ist allerdings, dass aus den Gesamtumständen ersichtlich wird, dass der Kunde oder die Kundin den Widerruf erklären möchte. Dafür genügt die bloße Annahmeverweigerung nicht aus, weil sie zum einen nicht gegenüber dem Unternehmen erklärt wird und weil nicht eindeutig erkennbar ist, ob die Kundschaft vom Widerrufsrecht Gebrauch macht oder aber Gewährleistungsrechte in Anspruch nimmt. So hat es auch das Amtsgericht Dieburg entschieden (Urteil vom 04.11.2015, Az. 20 C 218/15 (21)). Selbst wenn das Paket angenommen wird, reicht das kommentarlose Zurücksenden ebenfalls nicht aus, um einen wirksamen Widerruf zu erklären. 

Wie verhält es sich mit den angefallenen Kosten?

Zunächst muss die Händlerin dem Kunden noch die Möglichkeit geben, sofern die Widerrufsfrist noch nicht verstrichen ist, einen wirksamen Widerruf zu erklären. Wurde auch dann kein wirksamer Widerruf erklärt, hat die Händlerin die Möglichkeit, Schadensersatz vom Kunden zu fordern. Dieser umfasst die angefallenen Hinsendekosten und auch die Rücksendekosten, sowie mögliche Kosten, die durch die Lagerung der Ware bei der Händlerin entstehen. Hat der Kunde den Kaufpreis bereits bezahlt, muss dieser allerdings auch erstattet werden.

Fazit

Der Kunde hat den Vertrag nicht wirksam widerrufen, denn die Nichtannahme stellt rechtlich gesehen keinen Widerruf dar und ist mit diesem nicht gleichzusetzen. Die entstandenen Mehrkosten kann die Händlerin als Schadensersatz vom Kunden zurückverlangen. Kleine Zusatzinfo: Die Händlerin könnte den Kunden sogar dazu „zwingen” die Ware anzunehmen. Da ein Kaufvertrag zwischen den beiden besteht und kein wirksamer Widerruf erklärt worden ist, wäre das sogar gerichtlich durchsetzbar. Wie sinnvoll das Ganze jedoch wirtschaftlich ist, sollte jeder selbst entscheiden. 

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