
Ursprünglich hing der Fall beim Amtsgericht Norderstedt: Ein Verbraucher orderte telefonisch ein fünf mal sechs Meter großes Partyzelt. Nach erfolgter Lieferung stellte er einen Mangel fest und verlangte die Behebung des Mangels. Der Händler verlangte daraufhin die Rücksendung der Ware – allerdings verweigerte der Verbraucher diese Rücksendung und erklärte stattdessen den Rücktritt vom Kaufvertrag. Über die Wirksamkeit dieser Rückwirkung hatte das Amtsgericht Norderstedt zu entscheiden, wandte sich allerdings zur Klärung der Frage an den Europäischen Gerichtshof (wir berichteten). Nun kam die Antwort.
Recht der zweiten Andienung
Ganz grundsätzlich ist es so, dass dem Verkäufer im Falle eines Mangels das Recht zur zweiten Andienung zusteht. Das bedeutet, dass sich der Käufer bei einem Mangel nicht direkt vom Vertrag lösen können soll; vielmehr soll der Verkäufer die Möglichkeit haben, den Mangel durch Nachlieferung oder Nachbesserung aus der Welt zu schaffen. Dafür ist es notwendig, dass der Verkäufer den Mangel überhaupt erst einmal begutachten kann. Gemäß der europäischen Verbraucherschutzrichtlinie ist der Verbraucher daher dazu verpflichtet, die Ware gegenüber dem Unternehmer „bereitzustellen”. Wie genau der Verbraucher diese Pflicht zu erfüllen hat, lässt die Richtlinie aber offen. Die Gretchenfrage, die der EuGH in diesem Fall zu beantworten hatte, bezieht sich also auf den Umstand, wie und vor allem wo der Verbraucher die Ware zur Prüfung des Mangels bereitstellen muss.
Auf die Größe kommt es an
Der EuGH (Urteil vom 23.05.2019, Az. C-52/18) hat laut LTO nun festgestellt, dass es auf den Einzelfall ankommt, denn: Im Rahmen der Ausübung des Gewährleistungsrechts dürfen dem Verbraucher keine „erheblichen Unannehmlichkeiten” bereitet werden. Das bedeutet, dass der Verbraucher beispielsweise beim Bestellen von besonders sperriger, großer oder gar zerbrechlicher Ware im Rahmen des „Bereitstellens” nicht unbedingt zum Versand verpflichtet ist. Verweigert der Händler in so einem Fall die Abholung, liegt darin gewissermaßen eine Verweigerung der Nacherfüllung mit der Folge, dass der Verbraucher direkt vom Vertrag zurück treten kann.
Allerdings haben die europäischen Richter laut LTO auch betont, dass dem Verbraucher grundsätzlich Unannehmlichkeiten bis zu einem gewissen Maß zuzumuten sind. In Fällen, wo keine erheblichen Unannehmlichkeiten durch die Rücksendung entstehen, ist der Verbraucher zu eben jener verpflichtet. Wo genau die Schwelle zu erheblichen Unannehmlichkeiten liegt, muss im Einzelfall abgewogen werden. Laut dem europäischen Gericht kann eine erhebliche Unannehmlichkeit jedenfalls dann angenommen werden, wenn die Ware sehr sperrig ist oder zunächst wieder abgebaut werden muss, um verschickt werden zu können.
Übernahme der Transportkosten
Weiterhin wurde durch die Richter festgestellt, dass dem Verbraucher auf der einen Seite keine Kosten durch den Transport entstehen dürfen; der Händler aber auch nicht verpflichtet ist, einen Vorschuss für den Transport zu geben. Eine solche Pflicht zum Vorschuss lasse sich nicht aus dem europäischen Recht ableiten. Allerdings ist Deutschland hier in Sachen Verbraucherfreundlichkeit einen Schritt weiter, als das zugrunde liegende EU-Recht gegangen: Laut § 475 Absatz 6 BGB kann „der Verbraucher von dem Unternehmer für Aufwendungen, die ihm im Rahmen der Nacherfüllung gemäß § 439 Absatz 2 und 3 entstehen und die vom Unternehmer zu tragen sind, Vorschuss verlangen“ (mehr dazu).
Keine große Überraschung
Die Entscheidung des EuGH ist nicht überraschend. Bereits 2011 hat das Gericht im Fliesenfall festgelegt, dass der Unternehmer beispielsweise bereits eingebaute, mangelhafte Fliesen wieder ausbauen und neue einbauen muss. „Die Vorlage des AG an den EuGH war daher nicht unbedingt erforderlich, ist aber aus Gründen der Rechtssicherheit dennoch begrüßenswert“, kommentiert Prof. Dr. Stephan Lorenz daher den Fall gegenüber der LTO. Die Verbraucherschützer begrüßen diese Entscheidung naturgemäß: „Denn anderenfalls könnten die Rücksendekosten den Verbraucher davon abhalten, von seinem Gewährleistungsrecht Gebrauch zu machen.", lässt die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein die Neue OZ wissen.
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Kommentare
haben einen Trockner im März 22 gekauft, war defekt. Wurde getauscht. Der "neue" Trockner ist ebenfalls defekt was im Oktober 22 bemängelt wurde. Reparatur sollte erfolgen, Kundendienst des Herstellers schloß den Fall ohne das jemand Vorort war. Gerät immer noch defekt. Rücktritt erklärt . Verkäufer will Nutzung abziehen , ich soll Sorge tragen, dass der Trockner auf eine Palette verpackt wird, was zusätzlich bedeutet , dass man ihn 2 Etagen runter tragen müsste. Hierfür will der Verkäufer 50 Euro vorab zahlen. Meine Fragen
1. Darf Nutzung vom Kaufpreis abgezogen werden, wenn dieser Mangelhaft war ?
2. Muss ich dafür Sorgen einen Trockner 2 Etage nach unten transportieren zu lassen und entsprechende Verpackung ( Palette etc. ) besorgen und das Gerät so verpacken, dass die Spedition diesen dann mit nimmt?
Ich möchte weder die Verantwortung tragen , noch wüsste ich wo ich einen Dienstleister her bekomme, der für 50 Euro diese Leistungen erfüllt. Das alles dann auch noch unter der Androhung das man mir Geld vom Kaufpreis abhalten will.
Mit freundlichen Grüßen
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Antwort der Redaktion:
Hallo Bella,
leider ist es uns in der Redaktion, auch aus Gründen der Haftung, nicht möglich eine individuelle Rechtsberatung zu geben. Es handelt sich immer um eine Einzelfallbetra chtung, bei der eine rechtliche Einschätzung, ohne die Kenntnis der AGB und der vertraglichen Vereinbarungen leider nicht möglich ist.
Verbraucher erhalten Hilfe bei der örtlichen Verbraucherzent rale, die auf solche Fälle spezialisiert ist
Viele Grüße und alles Gute
die Redaktion
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Antwort der Redaktion
Liebe Ulrike,
grundsätzlich stellt das Fehlen von bestellter Ware einen Mangel dar. In so einem Fall muss der Verkäufer für alle Kosten, einschließlich der Rücksendekosten , aufkommen.
Beste Grüße
die Redaktion
ich habe im März 2022 ein Fahrrad online bestellt.
Im Juni 2022 ist nach ein paar mal Benutzung aufgefallen, dass die Schraube am Lenker die Lenkstange nicht richtig halten kann, sodass der Lenker bei Belastung "runter rutscht".
Nach ein paar E-Mails mit dem Kundenservice wurde mir angeboten das Fahrrad bei einem Händler meiner Wahl reparieren zu lassen oder dieses nach Köln zu bringen.
Als ich dann geschrieben habe, dass ich nicht in eine andere Werkstatt fahren möchte, da sich der Kauf noch in der Gewährleistungs frist befindet und somit der Verkäufer sich um das Problem kümmern sollte wurde mir nochmals mitgeteilt das ich doch bitte nach Köln fahren müsse.
Das Problem an der Sache ist aber auch, dass ich das Fahrrad nicht in mein Auto bekomme und mir ein Mietwagen dafür nehmen müsste. Außerdem steht auf der Internetseite das deren Werkstatt vorübergehend geschlossen sei.
Nun möchte ich vom Kaufvertrag zurücktreten, da ich auf dieses hin und her keine Lust mehr habe und mir nicht einmal angeboten wurde, dass das Sperrgut von dem Verkäufer abgeholt wird obwohl ich theoretisch ein Recht darauf hätte wie es hier zu lesen ist:
verbraucherzentrale.de/.../...)%20entschieden.
Meine Frage nun lautet also:
Kann ich aufgrund der o.g. Situation vom Kaufvertrag zurücktreten?
Freundliche Grüße
Anna Hoffmann
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Antwort der Redaktion
Hallo Frau Hoffmann,
vielen Dank für ihre Frage.
Zu einem Rücktritt ist man erst berechtigt, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung ernsthaft verweigert. Das ist hier nicht unbedingt geschehen. Am besten weisen Sie den Händler darauf hin, dass Sie als Käuferin bei einem Mangel das Rad lediglich Bereitstellen müssen und Sie die Möglichkeit haben müssen, das ganze über den Versandweg zu lösen. Beispielsweise gibt es auch Speditionen, die einen Radversand anbieten und auch entsprechende Verpackungen zur Verfügung stellen. Setzen Sie dem Händler am besten eine Frist.
Sollten sich weitere Probleme ergeben, wenden Sie sich am besten an eine Verbraucherzentrale.
Mit den besten Grüßen
die Redaktion
Bei einem Online-Shop habe ich ein Pedelec bestellt und bezahlt. Wie sich herausstellte, entspricht das Pedelec nicht der Norm EN 15194:2017, wie es in dem von der Firma überlassen „Certificate of Confirmity“ fälschlicherwei se behauptet wird. Die Norm verlangt, dass ein Pedelec bis max. 25km/h unterstützen darf. Das gelieferte Pedelec kann jedoch im Fahrradcomputer auf 32km/h max. Unterstützungsg eschwindigkeit eingestellt werden. Dieser Sachverhalt wurde von meinem Umfeld als bedenklich eingestuft und ich habe die Hamburger Polizei schriftlich befragt. Diese hat mir bestätigt, dass das Fahrrad kein Pedelec ist und es nur mit einer Betriebserlaubn is, Helm, Versicherung und Führerschein gefahren werden darf. Deshalb habe ich den Rücktritt vom Verkaufsvertrag erklärt, da das Fahrrad einen erheblichen Mangel hat. Jetzt das Problem: Die Firma verlangt, dass ich das Fahrrad verpacke und zurückschicke. Ein kostenloses Return Ticket würde mir zugesendet. Ich habe jedoch den großen Verpackungskart on nicht mehr weil ich ja das ansonsten ausgezeichnete Fahrrad behalten wollte. Jetzt verlangt die Firma, ich müsste mich selbst um die Verpackung des Rades kümmern, sie hätten keinen passenden zum Zuschicken. Ich kann überhaupt nicht erkennen, weshalb ich Zeit und Mühen aufbringen soll, auch noch einen passenden Transportbehält er zu suchen. Ich bin ja bereit, das Fahrrad wieder abzubauen und in einer passenden originalen Verpackung zu verstauen und abholen zu lassen. Kann ich eine Frist von z.B. 14 Tagen setzen und ankündigen, das Fahrrad dann zu entsorgen, falls es die Firma nicht so, wie es ist, abholen lässt?
Mit freundlichem Gruß
R. Franzen
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Antwort der Redaktion
Hallo Herr Franzen,
in so einem Fall ist die Rechtslage leider nicht sehr eindeutig. Fakt ist, dass der Verkäufer im Falle eines Mangels alle Kosten tragen muss, also auch die Kosten für die Verpackung. Die Frage ist, ob man Ihnen zumuten kann, einen Versandkarton für ein Fahrrad zu erwerben oder ob der Händler in der Pflicht ist, diesen bereitzustellen . Es gibt auch diverse Versanddienstle ister, die einen Fahrradversand anbieten und die entsprechenden Transportmateri alien zur Verfügung stellen. Gehen Sie hier am besten noch einmal mit dem Händler ins Gespräch. Vor dem Hintergrund der unklaren Rechtslage würde ich jedenfalls von einer Entsorgung des Produktes absehen.
Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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Antwort der Redaktion:
Hallo Denk Christian,
eine eindeutige Frist, wie lange man als Verbraucher warten muss, gibt es nicht. Vier Monate scheinen aber doch recht lang. Am besten kontaktieren sie den Händler erneut und setzen eine Frist, bis wann das Produkt abgeholt werden muss.
In einigen Fällen kann auch die örtliche Verbraucherzent rale weiter helfen.
Alles Gute und viele Grüße
die Redaktion
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Antwort der Redaktion:
Hallo Constantin,
da es sich bei jedem Fall um einen juristischen Einzelfall handelt, ist es uns, auch aus Gründen der Haftung, nicht möglich, eine individuelle rechtliche Einschätzung vorzunehmen. Entscheidend ist vor allem, welche Vertragsbedingu ngen, in den AGB oder individuell vereinbart wurden. Die Verbraucherzent rale kann in einem solchen Fall ein erster Ansprechpartner sein.
Alles Gute und viele Grüße
die Redaktion
ich habe einen Elektrokamin als Speditionsware bestellt und erhalten. Ich habe mich aber dann anders entschieden und per E-Mail meinem Widerruf fristgerecht erklärt. Man bestätigte mir meinen Widerruf und erklärte innerhalb von 14-Tagen mit mir eine Abholtermin zu vereinbaren. Dieses ist aber auch nach vier Wochen nicht geschehen. Ich beabsichtige jetzt eine Frist zu setzen von weiteren 14 Tagen. Nun meine Fragen. Wenn die Abholung bis dahin weiterhin nicht erfolgt, was kann ich mit der Ware dann machen? Muss ich diese weiter aufbewahren (handelt sich um ein 56kg schweres unhandliches Teil, welches jetzt seit vier Wochen in der Einfahrt steht), oder kann ich die Ware dann auf den Sperrmüll geben oder auch verschenken? Oder sollte ich dann Lagerkosten geltend machen und falls das geht, in welcher Höhe? Muss ich meine weitere Frist per Einschreiben schicken oder reicht das per E.Mail?
Besten Dank im Voraus.
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Hallo Frau Lebbing,
wenn Sie einen wirksamen Widerruf erklärt haben, ist der Verkäufer dazu verpflichtet, den Speditionsartik el bei Ihnen abzuholen oder Ihnen die Kosten für die Rücksendung zu erstatten. Setzen Sie dem Verkäufer nochmals eine Pflicht von ca. 2 Wochen. Die Fristsetzung genügt per E-Mail oder Brief etc. Holt der Händler die Ware nicht ab, kann er auch von Ihnen keine Kosten dafür verlangen. Allerdings werden Sie auch nicht Eigentümer an der Sache und dürfen diese daher weder verschenken noch entsorgen. Verständlicherw eise wollen Sie das Paket nicht länger aufbewahren, jedoch ist hier die Rechtssprechung nicht eindeutig, inwieweit Sie diese Unannehmlichkei t hinnehmen müssen. Daher ist es ratsam, das Paket weiter aufzubewahren und dem Verkäufer eine letztmalige Frist zur Abholung zu setzen. Sollte auch das nichts bewirken, raten wir Ihnen sich an Ihre örtliche Verbraucherzent rale zu wenden.
Freundliche Grüße
die Redaktion
Jetzt verlangt der Verkäufer allerdings von mir die alte Kommode transportfähig zu verpacken. Meine Frage ist nun, bin ich dazu verpflichtet eine sperrige und schwere Kommode wieder zu verpacken?
Viele Grüße
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Antwort der Redaktion:
Hallo Frau Veigas Queirò,
eine klare gesetzliche Vorgabe gibt es in dem Fall nicht. Fest steht lediglich, dass die Kosten bei mangelhafter Ware der Verkäufer tragen muss. Wenn die Vorbereitung zum Versand einen unverhältnismäß ig großen Aufwand darstellt, kann es allerdings ratsam sein den Verkäufer zu kontaktieren um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.
Viele Grüße
die Redaktion
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Antwort der Redaktion:
Hallo Herr Eimer,
grundsätzlich muss eine "angemessene" Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden. Einen genauen Zeitraum legt das Gesetz leider nicht fest. In Ihrem Fall kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Frist nach über zwei Monaten verstrichen ist. Ratsam wäre es trotzdem den Verkäufer ein letztes Mal zu kontaktieren und eine Frist von ca. 2 Wochen zu setzen.
Viele Grüße und alles Gute
die Redaktion
Wo rein hin fällt das ? Oder was tut man dann?
Mfg
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Hallo,
bei einer Bestellung über eine Plattform kann insbesondere dort der Käuferschutz in Anspruch genommen werden. Außerdem bieten auch viele Zahlungsarten eine Absicherung. Zudem bietet die EU eine Schlichtungspla ttform an: Die Europäische Kommission stellt eine Plattform für die außergerichtlic he Online-Streitbe ilegung (OS-Plattform) bereit, aufrufbar unter ec.europa.eu/odr.
Gibt es über diese schnellen und kostenfreien Lösungen keine Hilfe, muss notfalls ein Anwalt oder eine Verbraucherzent rale konsultiert werden.
Beste Grüße
Die Redaktion
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