Entscheidung in vier Verfahren

Die Bafin muss Wirecard-Anleger nicht entschädigen

Veröffentlicht: 20.01.2022 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 20.01.2022
Wirecard-Logo auf Geld

Muss die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) für die Verluste von Wirecard-Anlegern haften? Über diese Frage streiten sich die Parteien seit dem Zusammenbruch des einstiegen deutschen Vorzeigeunternehmens im Juni 2020. Die Geschädigten werfen der Bafin vor, Wirecard trotz kritischer Medienberichte und Warnungen zu lange weitermachen lassen zu haben. 

Wie der Spiegel berichtet, hat das Landgericht Frankfurt am Main nun in insgesamt vier Verfahren eine Entscheidung gefällt. Demnach muss die Bafin für finanzielle Schäden nicht aufkommen, Aktionäre des Skandalkonzerns können die Finanzaufsicht nicht für ihre Verluste haftbar machen. Die vierte Zivilkammer des Landgerichts wies die Schadensersatzklagen von vier Anlegern damit ab. Es ging in den vier Verfahren um Beträge von 3.000 bis 60.000 Euro. 

„Es besteht kein Drittschutz“

Die Kläger hatten argumentiert, dass die Bafin Marktmanipulationen von Wirecard nicht verhindert und Hinweise auf Straftaten ignoriert habe. Der Vorsitzende Richter hielt dagegen, dass die Behörde nur im öffentlichen Interesse und nicht im Interesse einzelner Aktionäre arbeite. Sollte die Bafin also ihre Amtspflichten verletzt haben, so hafte sie trotzdem nicht gegenüber den Anlegern. „Es besteht kein sogenannter Drittschutz“, betonte der Richter dem Spiegel zufolge. Die Urteile des Landgerichts sind nicht rechtskräftig.

Kritik an Finanzaufsicht und Wirtschaftsprüfern

Wirecard war im Juni 2020 zusammengebrochen, nachdem in der Bilanz des Konzerns Unstimmigkeiten aufgetreten waren. Die Verantwortlichen hatten eingeräumt, insgesamt 1,9 Milliarden Euro als Luftbuchungen bilanziert zu haben – das Geld hatte nie existiert. Ermittlungen zufolge könnte die Summe sogar noch höher liegen, nämlich bei rund drei Milliarden Euro. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen wegen Bilanzfälschungen, Marktmanipulation und Geldwäsche auf. Wirecards ehemaliger CEO Markus Braun befindet sich seitdem in Untersuchungshaft, der mutmaßlich hauptverantwortliche Manager Jan Marsalek befindet sich auf der Flucht.

Im Rahmen des Skandals waren auch die Wirtschaftsprüfer von EY in Bedrängnis geraten. Sie hatten die Bilanzen des Konzerns jahrelang testiert, obwohl es Unstimmigkeiten gab. Auch die Finanzaufsicht geriet in den Fokus der Kritik. Wirecard wurde mittlerweile zerschlagen und teilweise verkauft.

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Über den Autor

Michael Pohlgeers
Michael Pohlgeers Experte für: Marktplätze

Micha gehört zu den „alten Hasen“ in der Redaktion und ist seit 2013 Teil der E-Commerce-Welt. Als stellvertretender Chefredakteur hat er die Themenauswahl mit auf dem Tisch, schreibt aber auch selbst mit Vorliebe zu zahlreichen neuen Entwicklungen in der Branche. Zudem gehört er zu den Stammgästen in unseren Multimedia-Formaten, dem OHN Podcast und unseren YouTube-Videos.

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