Arbeitsrecht

Wann beginnt der Kündigungsschutz für Schwangere?

Veröffentlicht: 09.02.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 29.03.2023

Das Arbeitsrecht schützt Menschen in besonderen Situationen. Das können beispielsweise behinderte Menschen oder Schwangere sein. Die Kündigung gegenüber einer schwangeren Frau ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber die Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung bekannt ist oder wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. So will es das Mutterschutzgesetz.

Schwangere dürfen nicht gekündigt werden

Leider spielt das Leben oft anders, und eine zum Zeitpunkt der Kündigung bestehende Schwangerschaft ist noch nicht in jedem Fall bekannt. Soll die Schwangerschaft also nicht zu einem Kündigungsschutz führen, bloß weil die Frau nach der Kündigung nicht (vorsorglich) einen Schwangerschaftstest gemacht hat?

Liest man das Gesetz, wäre der Fall zunächst wie folgt: Der Arbeitgeber muss entweder schon von der Schwangerschaft wissen und darf dann entsprechend nicht kündigen. Alternativ erfährt er spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung davon und die Kündigung wird dann unwirksam. In einem Fall, der dem Bundesarbeitsgericht zur Entscheidung vorlag, war eine Frau zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs bereits schwanger. Von der Schwangerschaft hatte sie aber erst später, nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist, Kenntnis erhalten. Zu spät?

Werdende Mütter grundrechtlich geschützt

Das Überschreiten der Zwei-Wochen-Frist führt, anders als man es beim Lesen des Gesetzes vermuten würde, aber nicht zum Verwirken des Kündigungsschutzes. Voraussetzung ist jedoch, dass die Überschreitung auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird, so das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 24. November 2022, Az.: 2 AZR 11/22). Der (werdenden) Mutter und mittelbar dem Kind müsse ein Kündigungsschutz zugutekommen. 

Daher beginnt das gesetzliche Kündigungsverbot für schwangere Arbeitnehmerinnen 280 Tage vor dem errechneten Entbindungstermin. Die Vorinstanz war von 266 Tagen ausgegangen, wonach zumindest rein rechnerisch zum Zeitpunkt der Kündigung keine Schwangerschaft vorgelegen hätte, tatsächlich aber schon.

Schutz vor wirtschaftlichen Existenzängsten und Kündigungsprozessen

Für Frauen steht also fest, dass sie beim Erhalt einer Kündigung nicht sofort loslaufen müssen, um eine mögliche Schwangerschaft auszuschließen: Das Untätigsein der Arbeitnehmerin beim Vorliegen einer bloßen, mehr oder weniger vagen Schwangerschaftsvermutung reicht nicht aus, ihr ein schuldhaftes Verhalten, mit der Folge des Verlusts des besonderen Kündigungsschutzes, vorzuwerfen.

Eine Frau, die von ihrer Schwangerschaft erfährt, hat dies dem Arbeitgeber jedoch unverzüglich mitzuteilen. Die Nachricht an den Rechtsanwalt sechs Tage später war noch rechtzeitig. Dass dieser die Information möglicherweise verspätet an den Arbeitgeber (ggf. über das Gericht) weitergereicht hatte, ist der Frau nicht negativ anzulasten.

 

Über die Autorin

Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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Kommentare  

#1 Boris 2023-02-20 11:55
Generell befürworte ich den Schutz von Schwangeren, sofern die Intressen beiderseitig gewahrt bleiben.
Als Unternehmer muss ich auftragsbedingt Personal planen. Leider zeichnet es sich immer mehr ab, dass Schwangerschaft en heutzutage scheinbar eine "Krankheit" ist, sodass Mitarbeiterinne n nach Kenntnis ihrer Schwangershaft vom Arzt ein Beschäftigungsv erbot vorlegen und dann sich verabschieden. Als Unternehmer wird man vor vollendete Tatsachen gestellt, der nun zusehen kann, wie er diese Position nun nachbesetzt. In Zeiten wie diesen und dann noch zeitlich begrenzt - aussichtslos.

Der letzte Fall bei uns: Eine Mitarbeiterin hat sich bereits schwanger bei uns beworben. Die Nachfrage des Arbeitgebers ist gesetzlich unzulässig und wird stets bewußt verschwiegen. Nach 2 Wochen erhielten wir ein ärtzliches Attest bezgl. eines Beschäftigungsv erbots. Neuer Arbeitsbeginn: 8 Wochen nach Geburt + 6 Monate Elternzeit. Kurz vorher erhielten wir ein neues Attest, dass die Mitarbeiterin erneut schwanger ist mit zusätzlich sofortigem Beschäftigungsv erbot. Da ein 3. Kind scheinbar nicht mehr in die Lebensplanung gepasst hat, erhielten wir nach 2,5 Jahren eine Kündigung. Ende vom Lied: Gehalts-und Urlaubsanspruch für NICHTS.

Solange solche "Arbeitsschutzg esetze" bestehen, werden sich Unternehmer stets schwertut, Frauen im gebährfreudigen Alter einzustellen - leider.

Eine Mitarbeiterin von uns haben wir bereits durch zwei Schwangerschaft en begleitet, die sich an die getroffenen Absprachen gehalten hat. Anwesenheit solange es geht, ansonsten ansprechbar bleiben im Vertretungsfall und klare Zeitabsprache, bis wann sie wieder zur Verfügung steht. Hat alles super geklappt und zeigt, dass es auch fair zugehen kann.
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