LG Verden

Herstellung on demand: Widerrufsrecht darf nicht pauschal ausgeschlossen werden

Veröffentlicht: 04.10.2023 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 04.10.2023
Frau erstellt Produkt mit Print on demand

Grundsätzlich steht den Verbraucher:innen im Fernabsatz ein Widerrufsrecht zu. Doch nicht für alle Produkte muss ein Unternehmen ein Widerrufsrecht einräumen, etwa bei leicht verderblichen Lebensmitteln oder Produkten, die nach Kundenspezifikation angefertigt wurden. Aber wie verhält es sich bei Standardprodukten, die zwar nicht individualisiert, aber „on demand", also auf Bestellung, gefertigt werden? Diese Frage klärte jüngst das Landgericht (LG) Verden und forderte ein Unternehmen zur Nachbesserung auf. 

Ausschluss wegen Kundenspezifikation?

In dem vor dem LG Verden (Urteil vom 03.07.2023, Az. 10 O 13/23) verhandelten Fall, hatte die Wettbewerbszentrale gegen die Betreiber eines Online-Shops für Reitsportzubehör geklagt. Wie die Wettbewerbszentrale selbst berichtet, bot der Shop verschiedene Standardartikel an, wie beispielsweise eine Trittleiter, bei welcher, wie auch bei anderen Produkten, zwischen mehreren Standardgrößen gewählt werden konnte. Bevor die Kundschaft den Kauf abschließen konnte, musste sie bestätigen, dass die jeweiligen Artikel erst auf Bestellung gefertigt werden. Der Online-Shop schloss somit aber auch das Widerrufsrecht für diese Waren aus.

Der beklagte Online-Shop sei davon ausgegangen, dass eine Ausnahme vom Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 2 Nr. 1 BGB vorliege. Das wäre der Fall, wenn die Produkte nach Kundenspezifikation hergestellt werden würden. Doch das ging der Wettbewerbszentrale zu weit und sie forderte das Unternehmen zur Unterlassung auf. Eine außergerichtliche Einigung scheiterte zunächst, weshalb das LG Verden hinzugezogen wurde. 

Echte Individualisierung erforderlich

Das LG Verden schloss sich der Auffassung der Wettbewerbszentrale an, denn § 312g Absatz 2 Nr. 1 BGB stellt eine Ausnahme dar, die eine echte Individualisierung voraussetzt. Gemeint sind damit Produkte, die so individuell nach Kundenwunsch hergestellt werden, wie etwa mit Familienfotos bedruckte T-Shirts, dass sie nach einem Widerruf für das Unternehmen nicht mehr anderweitig zu verkaufen und damit wirtschaftlich wertlos wären. 

Wenn wie im vorliegenden Fall lediglich eine bestimmte Standardgröße ausgewählt werden kann, führe das schließlich nicht dazu, dass bei einem Widerruf das Produkt nicht wieder verkauft werden könnte. Eine echte Individualisierung liege dabei eben nicht vor. Irrelevant sei dabei auch der Zeitpunkt der Herstellung. Auch Produkte, die „on demand”, also erst auf Bestellung, angefertigt werden, sind nicht vom Widerrufsrecht ausgeschlossen, wenn es an einer hinreichenden Individualisierung fehlt. 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

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