Vorlage an den EuGH

Wer darf DSGVO-Verstöße verfolgen?

Veröffentlicht: 29.05.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 05.07.2022
Leuchtendes Fragezeichen

Werden personenbezogene Daten eines Betroffenen rechtswidrig verarbeitet, gibt die DSGVO diesem das Recht, dagegen vorzugehen. Seit die Grundverordnung in Kraft getreten ist, gilt allerdings auch die Frage: Wer darf das noch? Dürfen womöglich auch Mitbewerber, Verbraucherschutz- oder Wirtschaftsverbände zur Klage greifen, wie man es aus dem Wettbewerbsrecht schon kennt?

Antworten auf diese Frage gibt es bereits, praktisch hilfreich zeigen sie sich bisher aber wenig: Sie fallen durchaus unterschiedlich aus. Nun aber könnte es bald Klärung geben. Vor dem BGH verklagt der Verbraucherzentrale Bundesverband die Betreiberin von Facebook wegen des sogenannten „App-Zentrums“ der Social-Media-Plattform. Die Richter haben das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof jetzt die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt. Dieser ist für die verbindliche Auslegung von EU-Recht zuständig. 

Frage nach Befugnis ist in der Rechtsprechung umstritten

An und für sich enthält die Datenschutz-Grundverordnung einige Regelungen dazu, wer in welchen Fällen was bei Verstößen unternehmen darf. Das ist wichtig, denn ohne Rechtsgrundlage gibt es auch keinen Anspruch. 

Doch die Regelungen in der DSGVO bieten Anlass zur Diskussion. Es stellt sich Juristen die Frage, ob diese abschließend sind. Falls ja, dürften Verbände beispielsweise tätig werden, wenn sie betroffene Personen vertreten. Ohne einen Auftrag einer betroffenen Person und unabhängig von der Verletzung ganz konkreter Rechte Einzelner sähe es allerdings schwierig aus. Falls die Regelung nicht abschließend ist, so wird vertreten, könnten Verbände auch ohne den Auftrag eines Einzelnen Unterlassungsansprüche im Wege der Klage vor Zivilgerichten durchsetzen. Und das könnte dann etwa auch für Mitbewerber oder Industrie- und Handelskammern gelten. 

Auch an deutschen Gerichten gehen die Auffassungen der Lage auseinander. Denn natürlich tauchten nach dem Inkrafttreten der DSGVO die ersten Abmahnungen auf. Einige Landgerichte, darunter Stuttgart, Magdeburg und Wiesbaden sahen keine Abmahn- bzw. Klagefähigkeit. Das Landgericht Würzburg wiederum sah das anders, und auch die Oberlandesgerichte Naumburg und Hamburg beurteilen die Lage auch danach, ob die jeweiligen verletzten DSGVO-Normen das Marktverhalten regeln – grundsätzlich ausgeschlossen seien Ansprüche aber wohl nicht, wenngleich die Lage in der Rechtsprechung umstritten sei. 

EuGH könnte endlich für klare Verhältnisse sorgen

Hier setzt nun der BGH an und fragt den Europäischen Gerichtshof, inwiefern die in der DSGVO getroffenen Bestimmungen nationalen Regelungen entgegenstünden, die neben Eingriffsbefugnissen der zuständigen Aufsichtsbehörden und den Rechtsschutzmöglichkeiten betroffener Personen „einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten vorzugehen“, wie es in der Pressemitteilung des BGH vom 28. Mai 2020 heißt.

Zwar hat der EuGH bereits entschieden, dass die Regelungen der alten Datenschutzrichtlinie zumindest hinsichtlich Verbänden einer Klagebefugnis nicht entgegenstünden. Daraus könne man jedoch nicht darauf schließen, wie die Lage nun unter Geltung der DSGVO sei. 

Wann sich der Europäische Gerichtshof mit der Frage befassen wird, ist noch nicht klar. Allerdings bleibt zu hoffen, dass mit der Antwort zumindest mehr Klarheit in dieses Thema kommt.

Kommentare  

#1 Fa. Christel Geyer 2020-06-03 16:47
Ich beziehe mich auf den ersten Satz dieses Beitrages. Ich habe des Recht gegen Spam-mails vorzugehen ? Ja, doch nur, wenn sie vermutlich aus Deutschland oder EU kommen. Alle profesionellen Belästiger senden längst von außerhalb der EU. In dieser Beziehung ist das Gesetz kaum des Papier wert, auf dem es geschrieben wurde.
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