Dreist oder berechtigt

Kundin will falsch gelieferte Kommode nicht zurücksenden

Veröffentlicht: 28.07.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 28.07.2023
Kommode in Wohnzimmer
In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbrauchern, Kunden und Arbeitnehmern unter die Lupe.

 

In dieser Woche machen wir wieder einen Ausflug in das Gewährleistungsrecht: Eine 80-jährige Kundin bestellt bei einem Versandhaus eine schwere Kommode. Beim Auspacken wird schnell klar: Die Farbe stimmt nicht. Die Rentnerin meldet das direkt dem Versandhaus, welches den Fehler auch einräumt. Nun soll die Kundin die Kommode wieder verpacken und zurücksenden. Dazu sieht sie sich aber außerstande. Zwar haben ihr die Nachbarn beim Tragen in die Wohnung und Auspacken geholfen, beim Auspacken ist aber zum einen der Karton kaputtgegangen und zum anderen müsste die Kommode trotzdem zu einem Paketshop gefahren werden, was mangels Autos auch nur schwer möglich ist. Auf ihren Vorschlag, dass man eine Abholung bei einem Versanddienst buchen könnte, geht der Online-Shop nicht ein bzw. sagt, dass sie diese Abholung gern selbst buchen und bezahlen kann. Das findet die Kundin nicht korrekt und verlangt weiterhin die Abholung. Zu Recht?

Grundsatz: Bereitstellen mangelhafter Sachen

Wird ein falsches Produkt geliefert, handelt es sich um den klassischen Fall eines Sachmangels, für den der verkaufende Shop einstehen muss. In so einem Fall muss der Verkaufende den vertragsgemäßen Zustand wiederherstellen, das heißt: Das falsche Produkt muss in das richtige umgetauscht werden. Dabei dürfen der Kundschaft keine Mehrkosten entstehen. Immerhin ist diese nicht für den Fehler verantwortlich.

Im Gesetz heißt es dazu, dass die Kundschaft das mangelhafte Produkt „bereitstellen“ muss. Das heißt beim Versandhandel aber nicht, dass die Kundschaft generell keine mangelhaften Produkte zurücksenden muss. Generell ist die Kundschaft selbst dafür verantwortlich, die Ware im Falle eines Mangels zurückzuschicken. Dies beruht auf einem Urteil des BGH (Urteil vom 13. April 2011, Az.: VIII ZR 220/10), in dem festgestellt wurde, dass der Ort der Nacherfüllung der Geschäftssitz des Schuldners, also des Verkäufers, ist. Daher liegt es in der Verantwortung des Käufers, die Ware für die Rücksendung zurückzuschicken.

Dem gegenüber steht aber der Grundsatz des Verbraucherschutzes: Dieser besagt, dass die Kundschaft nicht von der Ausübung ihrer Rechte abgeschreckt werden darf. Gerade bei sperriger oder schwerer Ware könnte es die Kundschaft abschrecken, einen Mangel geltend zu machen, wenn sie den Rückversand stets selbst bewerkstelligen müsste. Das sieht auch der EuGH (Urteil vom 23.05.2019, Az. C-52/18) so und entschied, dass bei sperriger Ware die Verkäuferschaft das mangelhafte Produkt selbst abholen muss. 

Fazit: Versandhaus muss Schrank abholen

Was aber bedeutet das für unseren Fall? Die Kundin ist ganz offensichtlich nicht dazu imstande, die Kommode zurückzugeben. Hinzu kommt noch, dass die ursprüngliche Verpackung beschädigt wurde. Gehen wir davon aus, dass die Kommode so schwer ist, dass sie auch von einer fitteren Kundschaft nicht ohne Weiteres transportiert werden könnte, wird man zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine Abholung durch den Online-Shop organisiert werden muss. Das Anliegen der Kundin ist also berechtigt. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Sandra May

Kommentare  

#1 Martin 2023-08-02 14:35
Interessant wäre allerdings aber erstmal, ob der Käufer generell Rücksendekosten tragen muss, wenn der Verkäufer falsche Ware geliefert hat?
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Antwort der Redaktion

Hallo Martin,
bei einem Sachmangel muss generell der Verkäufer die Rücksendekosten tragen.

Beste Grüße
die Redaktion
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