OLG Nürnberg

Kein Rechtsmissbrauch bei einmalig geforderter überhöhter Vertragsstrafe

Veröffentlicht: 09.08.2023 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 09.08.2023
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Eine Abmahnung zu erhalten ist mit Sicherheit ärgerlich, sind damit vor allem auch oftmals hohe Kosten verbunden. Manch einer wittert bei der ihm zugesandten Abmahnung schnell einen Rechtsmissbrauch. Doch nicht jede Abmahnung, die auf den ersten Blick so wirkt, ist letztlich auch rechtsmissbräuchlich. Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg musste sich kürzlich in einem Verfahren mit der Frage beschäftigen, welcher Maßstab an eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung zu legen ist. Eine einmalig geforderte überhöhte Vertragsstrafe reicht demnach jedenfalls nicht aus. 

Verfolgung von sachfremden Zwecken

Grundsätzlich spricht man von einem Rechtsmissbrauch, wenn der Abmahnende sachfremde Zwecke verfolgt und es ihm gerade nicht um das Herstellen eines fairen Zustandes im Wettbewerb geht. Wann so ein sachfremder Zweck vorliegt, lässt sich aber nicht so eindeutig festlegen, deshalb müssen für die Beurteilung Indizien herangezogen werden. Dazu gehören etwa ein überhöhter Gegenstandswert, ein unbeachtlicher Rechtsverstoß oder aber ein fehlendes Wettbewerbsverhältnis. 

Vor allem die Höhe des Gegenstandswertes lässt viele an der Rechtmäßigkeit einer Abmahnung zweifeln. Das Gesetz spricht in § 8c Absatz 2 Nummer 4 UWG von einer missbräuchlichen Geltendmachung, wenn offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen vereinbart oder gefordert werden. Wie das OLG Nürnberg (Urteil vom 18.07.2023, Az. 3 U 1092/23) nun feststellte, ist eine einmalig geforderte überhöhte Vertragsstrafe jedoch noch kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch. 

Jede Woche ein neuer Verstoß

Dem vorliegenden Fall lag eine wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung zugrunde. Die abmahnende Partei hatte eine überhöhte Vertragsstrafe vom abgemahnten Mitbewerber gefordert, da dieser gegen die abgegebene Unterlassungserklärung verstoßen hatte. Als Gegenstandswert der Abmahnung wurden 80.000 Euro zugrunde gelegt. Der Abgemahnte empfand die Höhe als rechtsmissbräuchlich und wollte die Vertragsstrafe nicht zahlen.

Ebenfalls streitig war die Forderung der Zahlung der Vertragsstrafe im Falle von sogenannten Dauerhandlungen. Damit gemeint waren Verstöße, beispielsweise im Internet, bei denen jede angefangene Woche der Zuwiderhandlung als einzelner Verstoß gilt – und damit immer wieder neue Kosten verursacht. Das widerspricht zwar dem Grundsatz, dass eine einheitliche Handlung bei ein und demselben Vergehen angenommen wird. Andererseits muss bei der Festlegung der Angemessenheit der Vertragsstrafe auch die Art und das Ausmaß der Zuwiderhandlung maßgeblich sein. Entscheidend ist daher auch die Dauer der Verletzungshandlung, die eine erhöhte Vertragsstrafe rechtfertigen kann. 

Bemessung der Strafhöhe nach billigem Ermessen

Dem OLG Nürnberg reichten die Indizien, die einen Rechtsmissbrauch begründen würden, im vorliegenden Fall nicht aus. Das Gericht gab ebenfalls zu bedenken, dass bei einer Vertragsstrafenvereinbarung der den Vertrag aufsetzenden Partei die Strafhöhe nach ihrem billigen Ermessen überlassen bleiben sollte (§ 315 Absatz 1 BGB). Ob die Aufspaltung einer Dauerhandlung in einzelne Zuwiderhandlungen pro Woche als rechtsmissbräuchlich angesehen werden kann, ließ das Gericht offen. Jedenfalls sei eine einzige offensichtlich überhöhte Vertragsstrafe kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch im Sinne des Wettbewerbsrechts.

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