Geschäftsmodell

Wer verdient eigentlich an Abmahnungen?

Veröffentlicht: 07.06.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 07.06.2023
Dollarschein an Angelhaken

Unerwartete Abmahn-Post lässt bei den meisten Empfängern erst einmal den Puls in die Höhe schnellen. Man habe sich wettbewerbswidrig verhalten, heißt es in Schreiben, die meist von einer Kanzlei versendet werden. Ein typischer Abmahnfall, den fast jeder Online-Shop mittlerweile kennen dürfte. Was aber kaum einer weiß ist, wer eigentlich an und mit Abmahnungen verdient.

Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen

Soweit die Abmahnung berechtigt ist und den formellen Anforderungen entspricht, kann der oder die Abmahnende vom Gegenüber Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Und hier ist der Irrtum, dem viele unterliegen. Sie gehen davon aus, die teils horrenden Kosten fließen in die Kasse des Abmahners oder der Absenderin. Dem ist aber gar nicht so, denn „die erforderlichen Aufwendungen“ meint nichts anderes als die Kosten für den Rechtsbeistand. Ergo verdient zunächst einmal nur dieser an der Abmahnung. Nach dem Sinn und Zweck des Wettbewerbsrechts geht es nur um die Unterlassung des Verstoßes und nicht um eine Bereicherung. Welche Geschäftsmodelle hinter verschlossenen Türen vereinbart werden, wissen nur die Parteien selbst …

Nichtsdestoweniger können außerdem Kosten für Testkäufe verlangt werden. Auch ein Schadensersatz, so er denn nachweisbar ist, kann verlangt werden. Im Marken- oder Urheberrecht ist er in Form von Lizenzgebühren sogar häufig.

 

Eine Gebühr für eine Abmahnung dürfen im Übrigen auch Vereine und Verbände in Abzug bringen, die pauschal erhoben werden. Auch die abmahnenden Verbände und Vereine dürfen sich aber hieran nicht bereichern. Voraussetzung dessen ist daher, dass die Anfertigung und Übersendung des Abmahnschreibens Aufwendungen in Höhe des Gesamtkostenbetrages produziert, weshalb sich die Abmahnverbände immer wieder ein Nachrechnen gefallen lassen müssen.

Kein Anspruch, kein Geld

Die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen und die daraus folgenden Rechtsverfolgungskosten sind jedoch unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich waren, überhaupt kein Unterlassungsanspruch besteht (weil bereits der Verstoß gar nicht vorhanden ist) oder formelle Fehler in der Abmahnung vorhanden waren. Im Fall der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen, wie es bei den Google Fonts-Schreiben nahe liegt, können Betroffene sogar Ersatz der für die eigene Verteidigung erforderlichen Aufwendungen fordern, weil man beispielsweise eine Kanzlei aufsuchen musste.

Und noch ein Grund soll nicht unerwähnt bleiben: Der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen ist außerdem ausgeschlossen bei im Online-Handel begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten, was eigentlich einen Großteil der Abmahnungen ausmacht(e). Die Anwält:innen haben aber neue Winkelzüge gefunden und finden genügend andere Verstöße, beispielsweise irreführende Werbeaussagen, bei denen sich hinsichtlich der Kosten nichts geändert hat.

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