Kommentar

Prospekte sterben aus – Top für die Umwelt, aber wenig inklusiv

Veröffentlicht: 14.07.2023 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 14.07.2023
Verschiedene Print-Prospekte

Während Kataloge und Prospekte früher quasi zum Standard-Dekor in vielen Haushalten gehörten, sind die gedruckten Werbemittel mittlerweile zu einem raren Gut geworden. Viele große Unternehmen wie Otto, Ikea, Obi oder Sheego haben ihre Kataloge ganz oder zumindest teilweise zu Grabe getragen. 

Als jüngste Print-Abspringer wären etwa die Supermarktkette Rewe mit ihren wöchentlichen Papierprospekten oder die Deutsche Post mit ihrem Service „Einkaufaktuell“ zu nennen. Beide Projekte wurden oder werden eingestampft.

Ein Hoch auf die Nachhaltigkeit

Getrieben wird der Trend nicht nur von einem steigenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit und immer neuen digitalen Möglichkeiten, sondern auch von einer hohen Inflation sowie massiv gestiegenen Preisen für Papier und Energie. Was bleibt, sind Verweise auf digitale Alternativen, Apps und Co.

Doch auch beim Thema Print zeigt sich, dass Freud und Leid oft eng beieinanderliegen. Rewe will nach eigenen Angaben mit dem Prospekt-Aus jedes Jahr rund 73.000 Tonnen Papier und 70.000 Tonnen CO₂-Emissionen einsparen. Mit Blick auf den Umweltschutz sind das sehr gute Nachrichten. 

Auch für junge und/oder digital agierende Menschen ist die Abkehr von Print sicherlich eine natürliche, folgerichtige Entscheidung. Wer braucht schon gedruckte Werbung, wenn Internet und Apps alle relevanten Informationen schnell und unkompliziert zur Verfügung stellen?! Mit dem Smartphone sind sie zudem jederzeit und überall griffbereit.

Des einen Freud …

Im krassen Gegensatz dazu stehen hingegen die älteren Generationen oder weniger digitale Zielgruppen, für die der Rückzug aus dem Print-Bereich eine größere Hürde darstellen dürfte. Ein Beispiel aus der Praxis: Ich kenne Menschen mittleren Alters, altbackene „Boomer“, wie die Jugend heutzutage vielleicht sagen würde, zu deren wöchentlichen – und unumstößlichen – Ritualen es bisher zählte, sich gegenseitig die ausgelesenen Prospekte mitzubringen und dann gemeinsame Einkaufslisten zu erstellen beziehungsweise Shopping-Tipps auszutauschen. 

Was nach technologischer Steinzeit klingt, sollte nicht vorschnell belächelt werden – es geht hauptsächlich (aber nicht ausschließlich) um alternde Menschen, zum Teil kaufkräftig und durchaus zielgruppenrelevant, aber eben auf digitaler Ebene nicht unbedingt fit. Und genau diese Menschen sind es, die durch rein digitale Firmenstrategien ausgeschlossen werden und sich abgehängt fühlen könnten.

Unternehmen brauchen Konzepte

Was bedeutet der digitale Wandel nun für Unternehmen: Zum einen die Chance, kostengünstiger zu agieren. Zum anderen aber auch, dass sie neue Strategien brauchen, um sich älteren oder digital weniger affinen Zielgruppen wieder anzunähern. Vielleicht klappt das mit abgespeckten Print-Varianten, kleineren Handreichungen vielleicht. In anderen Fällen könnten womöglich Kanäle wie Radio oder Plakatwerbung ein Ansatz sein.

Patentrezepte gibt es auch hier mal wieder nicht. Je nach Budget und Marketing-Strategie stehen kleineren und größeren Händlern natürlich verschiedene Wege zur Verfügung, die allerdings auch entsprechend nach Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Zielgruppenrelevanz abgewogen werden müssen. Fest steht: Durch den Fokus auf rein digitale Werbung drohen insbesondere Ältere, ausgeschlossen zu werden. Hier sollte mit Umsicht und Bedacht vorgegangen werden, um sie als Kundinnen und Kunden nicht zu verlieren.

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