Telekom: EU-Kommission nimmt Vectoring-Pläne ins Visier

Veröffentlicht: 11.05.2016 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 11.05.2016

Durch das sogenannte Vectoring soll in Deutschland schnell und günstig eine höhere Internetgeschwindigkeit erzielt werden. Doch die Pläne der Telekom stoßen bei der EU-Kommission auf Gegenwind. Vor allem die exklusiven Erschließungsrechte stehen nun auf dem Prüfstand.

Durchschnittenes LAN-Kabel

(Bildquelle Prüfung: Lisa S. via Shutterstock)

Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinterher, wenn es um die Geschwindigkeit des Internets geht. Das soll sich im Zuge der Digitalen Agenda ändern. Doch anstatt auf Nachhaltigkeit setzt die Telekom auf Bequemlichkeit: Das schnellere Internet soll mittels Vectoring-Technik realisiert werden. Die Bundesnetzagentur hatte den Ausbau mittels Vectoring gestattet und zudem Exklusivrechte für die Telekom am Schalterkasten vorgesehen, wie die FAZ berichtet.

Gerade diese Exklusivrechte sind der EU-Kommission ein Dorn im Auge. Deshalb prüft die Kommission nun den Vorschlag der Bundesnetzagentur. Es gehe darum, wirkungsvolle Sicherheiten einzubauen, um den Wettbewerb zu wahren und Anreize für Investitionen in zukunftsorientierte Netzwerke zu schaffen, so EU-Digitalkommissar Günther Oettinger (CDU) laut FAZ.

Telekom sieht Menschen in ländlichen Regionen als Leidtragende

Die Prüfung der EU-Kommission sei für die Telekom „nicht völlig überraschend“, sagte Telekom-Sprecher Andreas Middel gegenüber Golem.de. „Es ist natürlich das Recht der EU-Kommission, umfassend zu prüfen“, so Middel weiter. „Wir halten allerdings die Entscheidung der Bundesnetzagentur zum Vectoring im Nahbereich für ausgewogen und gehen davon aus, dass sie auch in Brüssel Bestand hat.“ Durch die Prüfung der Kommission verzögern sich die Pläne der Telekom nun bis zu drei Monate. Damit seien Middel zufolge „vor allem die Menschen in den ländlichen Regionen in Deutschland Leidtragende der Kommissionsentscheidung“.

Anders sehen das die Konkurrenten der Telekom, die durch die Vergabe der Exklusivrechte erhebliche Wettbewerbsnachteile erfahren. „Brüssel sieht sowohl eine generelle Gefahr für den Wettbewerb in Deutschland als auch für die nun hierzulande notwendigen Investitionen in Gigabit-Netze (FTTB/FTTH)“, kommentiert Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM). Die EU-Kommission habe zwar kein echtes Vetorecht, aber der Verband hoffe auf eine Konsenslösung.

Vectoring-Technik könnte schnell nicht mehr reichen

Es gibt aber noch einen weiteren Streitpunkt bei der Vectoring-Technik: Sie könnte so schnell wie sie sich umsetzen lässt auch schon wieder veraltet sein. Denn durch die Technik werden die alten Kupferleitungen quasi in den Turbo-Modus gebracht. Eine Zusatzsoftware unterdrückt Störsignale und ermöglicht Bandbreiten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde. Die Telekom will so schnell und günstig die Internetanbindung von rund sechs Millionen Haushalten für eine Milliarde Euro verbessern. Als Gegenleistung soll sie das exklusive Erschließungsrecht erhalten.

Technisch gesehen handelt es sich dabei aber kaum um eine langfristige Lösung, um das Internet in Deutschland wettbewerbsfähig zu machen. Glasfaserleitungen, wie sie in den USA unter anderem schon von Google direkt an Privathaushalte verlegt werden, erreichen weit höhere Geschwindigkeiten. In einigen Jahren könnten Glasfasernetze für eine hohe Internetgeschwindigkeit unumgänglich sein, sagen Beobachter.

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