Themenreihe Logistik

Paket verschwunden oder beschädigt: Lohnt sich eine Versandversicherung für Online-Shops?

Veröffentlicht: 22.03.2024 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 22.03.2024
Zusteller trägt beschädigtes Paket

Dieser Artikel ist Teil unserer Logistik-Themenreihe. In verschiedenen Beiträgen stellen wir zentrale Schwerpunkte wie Hürden innerhalb der Lieferketten, moderne Arbeitszeitmodelle in der Branche, Potenziale künstlicher Intelligenz, rechtliche Absicherung beim Versand oder die Optimierungen von Verpackungen in den Fokus.

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Sobald das Paket mit der bestellten Ware das Lager des Online-Shops verlässt und sich auf den Weg zur Kundschaft macht, geben Händler:innen die Kontrolle über einen wichtigen Teil des Bestellprozesses an den jeweiligen Paketdienst ab. Und wenngleich Millionen der täglich ausgelieferten Pakete reibungslos ihr Ziel erreichen, geht bekanntermaßen eben auch mal etwas schief: Sendungen sind verschollen, werden bei anderen Personen abgegeben oder kommen beschädigt an.

Wer haftet wann? Und wer und kann oder sollte sich eigentlich wie gegen Schäden rund um den Versand absichern? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das Thema Versand- und Transportversicherung im E-Commerce. 

Wann haften Online-Händler:innen für Probleme beim Versand?

Gehen Pakete auf dem Transportweg verloren oder werden beschädigt, ist die Frage: Wer haftet? Grundlegend besteht ein Unterschied, ob Händler:innen eine Bestellung direkt an Verbraucher:innen oder aber an die B2B-Kundschaft versenden. Geht die Ware also beispielsweise an ein Unternehmen, so sind Transportschäden ab deren Übergabe an das Speditions- oder Frachunternehmen in der Regel das Problem des jeweiligen B2B-Kunden.

Versenden Händler:innen allerdings an Verbraucher:innen, tragen sie das Transportrisiko: Wird die Sendung also beispielsweise auf dem Weg zu einer Kundin beschädigt, kann diese Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Händler geltend machen. Das Transportrisiko trägt der Händler auch dann noch, wenn eine Sendung in der Nachbarschaft abgegeben wird – jedenfalls dann, wenn die Empfängerin keine entsprechende Vereinbarung getroffen oder Abstellgenehmigung erteilt hat.

Versandhaftung und Transportversicherung – wo sind die Unterschiede?

Einerseits erwarten Kund:innen, dass der Online-Shop ihnen die bestellte Ware zusendet – und aufgrund dieses Kaufvertrags haftet der Online-Händler im Fall der Fälle für Transportschäden. Im Verhältnis zwischen Händler:in und Lieferdienst haftet nach dem Handelsrecht wiederum in der Regel das Transportunternehmen.

Viele Paketdienste übernehmen üblicherweise eine Versandhaftung. Das bedeutet, die Logistiker, wie DHL, Hermes, GLS, UPS oder DPD haften ab Erhalt der Sendung bis zu deren Auslieferung für den Fall, dass diese beschädigt wird oder verloren geht. Die Haftung gilt allerdings nur für einen gewissen Warenwert, der sich je nach Dienstleister bei etwa 500 Euro bzw. 750 Euro bewegt, und unter bestimmten Bedingungen.

Die Transportversicherung, auch Versandversicherung genannt, soll jene Transportrisiken für Händler:innen absichern, für die die Lieferdienste nicht haften. Sie bieten also einen größeren Leistungsumfang als die Versandhaftung. Je nach Anbieter, Tarif und Bedingungen können sowohl die Versicherungssumme als auch die zu versichernden Güter variieren.

Wann lohnt sich eine Versandversicherung?

Transportversicherungen werden in der Regel pro Paket abgeschlossen. Für Händler:innen kommt eine Versandversicherung für eine Sendung dann infrage, wenn sie das Transportrisiko tragen (also bei B2C-Sendungen) und der Warenwert die gängige Absicherungshöhe der Versandhaftung des Paketdienstleisters übersteigt. Sinnvoll kann der Versicherungsschutz also sein, wenn hochwertige, zerbrechliche, leicht zu verlierende oder einzigartige Waren verschickt werden. 

Auch bei einem hohen Versandvolumen kann sich die Versandversicherung rechnen, da sich mit steigenden Paketmengen auch das Risiko von Transportschäden und Verlusten erhöht – wie in der Peak-Saison. In den jeweiligen Versicherungsbedingungen sollten Händler:innen aber auf Selbstbeteiligungen achten und dahingehend den Kostenaufwand abwägen. 

Für den internationalen Versand kann die Absicherung von Gütern ebenfalls infrage kommen. Auch bei internationalen Paketdienste kann es zwar eine Mindesthaftung geben, doch die Auseinandersetzungen mit Schadensfällen im Ausland können durchaus kräftezehrend sein. Dabei ist zu beachten, dass eine Höherversicherung nicht für jedes Land abgeschlossen werden kann.  

Was leisten Versandversicherungen?

Die Versandhaftung der Paketdienste greift in der Regel nur dann, wenn den Dienstleister auch die Schuld an der Beschädigung oder dem Verlust der Sendung trifft. Im Handelsrecht ist geregelt: Wenn der Schaden oder Verlust auch bei größter Sorgfalt nicht vermieden werden konnte, muss der Frachtführer dafür nicht einstehen. Zusätzlich erfolgen die Transportleistungen sämtlicher Transportunternehmen auf Grundlage ihrer jeweils aktuellen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, diese können auch Sondervereinbarungen für Schadensfälle enthalten. 

Die Versandversicherungen decken zwar in der Regel Schäden nicht, wenn das Transportunternehmen noch in der Haftung ist, greifen aber beispielsweise dann, wenn den Dienstleister am Schadensereignis kein Verschulden trifft, also auch bei höherer Gewalt. Versicherungsschutz bieten sie zumeist für Diebstähle.

In der Regel erstatten Versandversicherungen im Falle von Verlust oder Beschädigung einer Sendung den Einkaufswert bzw. die Wiederbeschaffungskosten der darin enthaltenen Ware sowie die Versandkosten. Bei einer Beschädigung oder einem Teilverlust wird zumeist die tatsächlich entstandene Wertminderung ersetzt. 

Wer bietet Versandversicherungen an?

Über die Transportversicherung von DHL können wertvollere Waren bis zu einem Wert von 2.500 Euro bzw. 25.000 Euro abgesichert werden. Auch DPD bietet ein ähnliches Zusatzangebot: Mit der Höherversicherung sind Warenwerte bis zu 13.000 Euro pro Paket versichert. Bei UPS gibt es einen zusätzlichen Versicherungsschutz im Wert von maximal 1.000 Euro. GLS bietet Sonderkonditionen auf Anfrage.

Neben den Paketdiensten gibt es eine Vielzahl an Dienstleistern, beispielsweise Sendlcoud, Parcelbroker oder Secursus, die umfangreiche Absicherungen und Services bereithalten. Auch Transportversicherungen von großen Versicherungsunternehmen, häufig in diesem Fall als Warentransportversicherung ausgewiesen, decken den Versand von Gütern über Kurier-, Express- und Paketdienste ab, beispielsweise Allianz, Helvetia oder Kravag. Die Versicherungskonditionen, wie Schadenssummen, Abdeckung, Geltungsbereich oder versicherbare Güter, variieren dabei stark. 

Wann greifen Versandversicherungen nicht? 

Nicht in allen Fällen bieten die Versandversicherungen Schutz. Haben Händler:innen es selbst zu verschulden, dass ihre Ware bzw. das Paket beschädigt wurde, gibt es oftmals keinen Schadensersatz. Das kann der Fall sein, wenn die Bestellung in einer unzureichenden Versandverpackung verschickt wurde – also beispielsweise zerbrechliche Ware nicht genügend abgepolstert wurde. Es können zudem Schäden ausgeschlossen sein, die auf die natürliche Beschaffenheit der Ware zurückgehen – etwa, wenn diese verderblich sind. 

Damit die Versicherung greift, muss der Wert des Paketinhalts korrekt angegeben sein. Überschreitet der Wert des Sendungsinhalts die Versicherungsgrenze, deckt die Versicherung nur den deklarierten Wert oder zahlt gegebenenfalls gar nicht. 

Welche Waren lassen sich nicht versichern?

Nicht alle beförderten Gegenstände sind mit jeder Transportversicherungen bis zur Höchstsumme versichert, auch werden von Versichern einige Güter gänzlich ausgeschlossen. Das betrifft in der Regel die sogenannten Valoren, also Schmuck, Bargeld, Schecks, Wertpapiere oder Edelmetalle oder auch Gefahrgut, etwa Akkus oder Batterien. Es gibt auf dem Markt deshalb auch spezielle Transportversicherungen, um diese Art wertvolle Frachten abzusichern.

Wie erhalten Händler:innen Schadensersatz?

Die genaue Erstattungspolitik von Paketdiensten variiert je nach dem spezifischen Dienstleister und den vereinbarten Bedingungen. Bei DHL müssen Schadensanzeigen innerhalb der gesetzlichen Frist von sieben Tagen (§ 438 HBG) nach der Auslieferung erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass Verbraucher:innen nicht verpflichtet sind, die Lieferung sofort auf etwaige Schäden hin zu überprüfen und sofort dem Online-Shop zu melden. Viele Paketdienste bieten daher Tracking-Informationen an und informieren zum Sendungsstatus.

Sobald der Shop-Betreiber Kenntnis über Transportschäden oder den Verlust hat, sollte also umgehend der Versanddienstleister kontaktiert werden. Im Falle, dass die Versandhaftung der Paketdienstleister in Anspruch genommen wird, können Händler:innen den Schaden durch Erteilen eines Nachforschungsauftrages geltend machen. 

Versandversicherungen können – je nachdem, was in den Bedingungen festgelegt ist – auch dazu beitragen, dass Konflikte und Rückerstattungsanträge schneller abgewickelt werden. Teilweise kommen sie auch für bereits für entstehende Schäden auf. Während also die Haftungsfrage noch geklärt wird, kann eine Händlerin so womöglich schon ihren unzufriedenen Kunden entschädigen. Doch auch hier variiert die Bearbeitungszeit der jeweiligen Versicherungsunternehmen mitunter stark – und kann von einem Tag bis hin zu mehreren Wochen reichen.

Für Händler:innen empfiehlt es sich im Schadensfall, stets eine genaue Dokumentation für den Versand – einschließlich detaillierterer Rechnungen, Packlisten und Tracking-Informationen – bereitzuhalten.  

Sollten Händler:innen im Shop einen versicherten Versand anbieten? Eine rundum sichere Zustellung – das klingt ja fast wie ein gutes Verkaufsargument! Doch Vorsicht: Die Haftung für Verlust oder Beschädigungen bei Sendungen an Verbraucher:innen obliegt – wie eingangs geschildert – den Händler:innen. Dabei handelt es sich um eine Vorschrift des Verbraucherschutzes. Bewerben Online-Shops einen versicherten Versand im Shop, riskieren sie eine Abmahnung wegen des Werbens mit Selbstverständlichkeiten. Werden Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen genutzt, mit denen das Transportrisiko auf Verbraucher:innen übertragen wird, ist dies ebenfalls unzulässig.

 

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Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Hanna Behn
Hanna Behn Expertin für: Usability

Hanna fand Anfang 2019 ins Team der OnlinehändlerNews. Sie war mehrere Jahre journalistisch im Bereich Versicherungen unterwegs, dann entdeckte sie als Redakteurin für Ratgeber- und Produkttexte die E-Commerce-Branche für sich. Als Design-Liebhaberin und Germanistin hat sie nutzerfreundlich gestaltete Online-Shops mit gutem Content besonders gern.

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