Urteil des EuGH

Deutsche Champignons aus den Niederlanden?

Veröffentlicht: 16.09.2019 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 16.09.2019
Champignons auf Holz

Obst und Gemüse müssen etikettiert werden, wenn sie verkauft werden sollen. Notwendig ist dabei unter anderem die Angabe des Ursprungslandes der Lebensmittel. Gar nicht so kompliziert, sollte man meinen: Der Ursprung liegt dort, wo das jeweilige Stück geerntet wurde – so sieht es das Zollrecht der EU. Was aber, wenn Obst und Gemüse in einem Land herangezogen und erst kurz vor der Ernte in ein anderes verbracht werden? Hierzu musste vor kurzem der EuGH entscheiden (Urteil v. 04.09.2019, Az. C-686/17). 

In dem Fall ging es um einen Produzenten von Pilzen. Der mehrere Schritte umfassende Anbau der Champignons erfolgte zu wesentlichen Teilen in den Niederlanden. Dieser Prozess nimmt dabei mindestens einen Monat in Anspruch. Die erste Ernte erfolgte in Deutschland, circa ein bis fünf Tage nachdem die Pilzkulturen dorthin gebracht wurden. Als Herkunft wurde anschließend Deutschland auf den Etiketten angebracht. 

Ursprung? Gewachsen in den Niederlanden, geerntet in Deutschland

Die Wettbewerbszentrale klagte dann auf Unterlassung: Die wesentlichen Produktions- und Wachstumsschritte fänden nicht hierzulande statt, Verbraucher würden somit durch die Angabe des Ursprungs in Deutschland in die Irre geführt werden. Das Argument: Denkt man an den Ursprung eines Lebensmittels, hat man dabei nicht nur die Ernte, sondern eben den gesamten Produktionsablauf im Sinn.

Nachdem die Klage vom Landgericht abgewiesen worden und die Berufung beim Oberlandesgericht erfolglos war, landete der Fall im Zuge der Revision schließlich beim BGH. Dieser wiederum wandte sich an den EuGH, da es um die Auslegung europarechtlicher Vorschriften ging. Dabei wollten die Bundesrichter unter anderem wissen, ob in einem Fall wie diesem gegebenenfalls weitere, klarstellende Hinweise bei der Bezeichnung des Ursprungs nötig seien. Auch um das Verhältnis zwischen den verschiedenen EU-rechtlichen Vorgaben geht es – hiermit will der BGH Klärung in der Frage erlangen, ob es denn überhaupt zu einer Irreführung von Verbrauchern kommen kann, wenn die Angaben so aber doch vom Agrarrecht vorgeschrieben sind. 

Rechtlich keine Irreführung durch Ursprungsangabe

Der EuGH liefert dann zunächst eine sehr klare Antwort. Im Hinblick auf die Angabe des Ursprungs sei das Zollrecht, wie angenommen, entscheidend. Demnach komme es einzig auf das Ernteland an. Ob die Champignons vor der Ernte erst in das Land transportiert werden würden, wesentliche Produktionsschritte aber in anderen Mitgliedstaaten erfolgten, sei angesichts der Regelungen unerheblich. Außerdem könne es durch eine Vorgabe, die in ihrer Weise zwingend durch das Agrarrecht so vorgegeben sei, nicht zu einer Irreführung von Verbrauchern kommen. 

Schließlich dürften außerdem weitere Hinweise, mit denen einer potentiellen Irreführung entgegengewirkt werden sollen, nicht vorgeschrieben werden. Sprich: Eine Klarstellung über Hintergründe des Ursprungs ist nicht nötig. 

Festhalten lässt sich damit, dass es aus rechtlicher Sicht nicht zur Irreführung von Verbrauchern kommt. Ob das tatsächlich auch so ist, steht auf einem anderen Blatt. Ob es hier nun noch zu rechtlichen Anpassungen kommt und bei der Angabe des Ursprungs künftig auf jene Schritte der Produktion abgestellt wird, die eben besonders wesentlich für das Produkt sind, ist Sache des EU-Gesetzgebers. Für einige andere Lebensmittel bestehen solche Regelungen bereits, die zusätzliche Anforderungen an die Bestimmung des Ursprungs aufstellen.

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