Der schmale Grat

Grundpreis umgehen? Mit dieser Taktik klappt es NICHT!

Veröffentlicht: 15.04.2024 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 15.04.2024
Frau sitz verzweifelt in einem Labyrinth

Der Grundpreis, oder besser gesagt dessen Fehlen, ist seit mehr als einer Dekade einer der am meisten abgemahnten Gründe und wird es auch noch in Zukunft bleiben. Da ist es keine schlechte Idee, wenn man dahingehend alle Register zieht und ihn auf clevere Weise umgehen kann. Wie es NICHT klappt, zeigt ein neues Urteil.

Verbraucher:innen und Grundpreise müssen draußen bleiben

Verbraucher:innen dürfen nicht in reinen B2B-Shops kaufen. Also ist die logische Konsequenz, dass man dort weder Widerrufsbelehrung noch sonstige verbraucherschützende Informationspflichten wie den unsäglichen Grundpreis finden muss, oder? Da wäre es doch klug, die ganzen (lästigen) Pflichten zu umgehen, indem man seinen Shop kurzerhand zum B2B-Shop erklärt?

Leider ist das nicht des Rätsels Lösung, wie ein Online-Händler erfahren musste. Sein Unternehmen ist in der Süßwarenbranche tätig und richtet sich unter anderem an gewerbliche Kundschaft, wie Supermärkte und Discounter oder den Großhandel. Seine Produkte bietet er auch bei Amazon an, wobei die fraglichen Lebensmittel ausschließlich von Gewerbetreibenden mit einem Business-Account gekauft werden können. Selbst wenn das Produkt für einen Verbraucher aus irgendeinem Grund sichtbar gewesen wäre, wäre es für einen Verbraucher nicht möglich gewesen, dies zu erwerben.

Nicht überall, wo B2B draufsteht, ist auch B2B drin

Dem abmahnenden Verband und schließlich auch dem Gericht war das egal: Laut dem Landgericht Darmstadt sind reine Verbraucherinformationen wie der Grundpreis auch in einem B2B-Shop nötig, auch wenn der sich gar nicht an private Kundschaft richtet (Entscheidung vom 19.02.2024, Aktenzeichen: 18 O 18/23). Es reiche, wenn das Angebot von jedermann „auch ohne Anmeldung über ein […] Business Konto“ aufgerufen werden kann, auch wenn der Händler hier mit Verbrauchern gar keine Verträge schließen wollte. In solchen Fällen werden zumindest auch privat kaufende Personen angesprochen, wenn sie nicht eindeutig und unmissverständlich eine Beschränkung sehen können.

„Insbesondere führt die Angabe einer Mindestbestellmenge von ,6’ nicht dazu, dass der durchschnittliche Privatkunde, der auf das Angebot der Beklagten stößt, davon ausgeht, dass sich dieses Angebot ausschließlich an Wiederverkäufer richtet“, wird weiter erläutert. Dass es gar keine Möglichkeit der Grundpreisangabe für diese Form des Angebots bei Amazon gegeben hat, ließ das Gericht nicht gelten. Grundsätzlich darf eine Plattform, bei der nicht sichergestellt ist, dass ein Angebot den Grundpreis enthält, nicht verwendet werden, so der altbekannte Hinweis, der sich wie ein roter Faden durch die Rechtsprechung zieht.

Die Lösung, um Pflichten wie die Angabe des Grundpreises zu umgehen, ist als wirklich nur der reine B2B-Shop, den Verbraucher:innen gar nicht erst betreten können. Auf Plattformen kann man dieses Erfordernis nicht hinreichend umsetzen.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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