Wir wurden gefragt

Dürfen Bewertungen weiter genutzt werden, wenn die Zusammensetzung verändert wurde?

Veröffentlicht: 04.03.2024 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 04.03.2024
Hand hält eine Smileykarte, hinter der sich ein trauriger Smiley zeigt

Manchmal ist es nur das Design, was optimiert wird. Andere Produkte werden hingegen aufgrund von veränderten rechtlichen Bedingungen oder aus Kostengründen so verändert, dass man eigentlich von einem neuen Produkt sprechen müsste. Das gute Feedback wollen viele Unternehmen dabei jedoch nicht einbüßen. Wir wurden kürzlich auf solche Bewertungen aufmerksam gemacht und gefragt, ob es rechtens sei, dass ein Shop diese alten (wohlwollenden) Bewertungen noch benutzt, wenn die neueren Bewertungen zu einer geänderten Zusammensetzung gar nicht mehr passen.

Produktrezensionen dürfen nicht manipuliert werden

Produktbewertungen spielen immer noch eine wichtige Rolle im Online-Handel, da sie potenziellen Kund:innen wertvolle Einblicke in die Qualität und Leistung eines Produkts bieten. Für die Shops sind möglichst positive Bewertungen daher ein wertvolles Marketinginstrument, das Vertrauen aufbaut und den Umsatz steigert. Demzufolge darf man sich als Unternehmen weder die Rosinen herauspicken noch gute Bewertungen erkaufen, ohne dies transparent zu machen. Muss ein Shop demzufolge auch auf das gute Feedback verzichten, dass er sich mühsam erarbeitet hat?

Hier reicht vermutlich schon das Rechtsempfinden, um die Frage zu beantworten. Positive Produktbewertungen weiterhin zu nutzen, obwohl sich die Zusammensetzung des Produkts wesentlich zum Schlechteren verändert hat, kann eine Irreführung sein. 

Bewertungen müssen zum jeweiligen Produkt passen

Eine wesentliche Änderung liegt vor, wenn die Produktmerkmale oder -eigenschaften so verändert wurden, dass die Bewertungen nicht mehr auf das neue Produkt übertragbar sind. Das können beispielsweise wesentliche Inhaltsstoffe oder andere Materialien sein. In diesem Fall wäre die Verwendung alter Bewertungen irreführend, weil die Bewertungen schlicht nicht mehr zum Produkt gehören.

Beispiele:

  • Ein Fertiggericht wird mit neuer Gewürzmischung vertrieben.
  • Ein Ohrenspray wird statt mit Glycerin nur noch mit Kochsalzlösung auf den Markt gebracht.

Natürlich gibt es auch Fälle, in denen lediglich eine unwesentliche Änderung vorliegt. In solchen Situationen kann ein Shop in der Regel weiterhin auf alte Bewertungen zurückgreifen, solange die Änderungen keine Auswirkungen auf die Hauptmerkmale oder die Leistung des Produkts haben. Zu nennen wären hier beispielsweise Änderungen am Design und der Produktverpackung, soweit diese kein typisches Merkmal des Produkts sind. Bei einer Gesichtscreme dürfte es beispielsweise keine Rolle spielen, wenn die Verpackung anders aussieht. Es ist jedoch kaufentscheidend, wenn wesentliche Inhaltsstoffe ausgetauscht werden und das Produkt nach dem „Relaunch“ komplett neue Eigenschaften hat.

Stammt ein Tee plötzlich nicht mehr aus nachhaltigem Anbau, kann das für eine Person bedeuten, das Produkt zu meiden. Für eine andere Person spielt das hingegen keine Rolle. Letztendlich kommt es also immer auch auf den Einzelfall an, was für den Artikel eine wesentliche Eigenschaft/Zutat darstellt. 

Gesundheitliche Folgen und enttäuschte Kundschaft

Viele Unternehmen spielen nicht mit offenen Karten, wenn sich die Zusammensetzung eines Produkts geändert hat. Für die Kundschaft kommt dann das böse Erwachen, wenn das Lieblings-Duschgel oder das jahrelang verwendete Waschmittel plötzlich Hautausschlag hervorrufen. Daher versteht es sich eigentlich von selbst, im Sinne der Transparenz, über die vorgenommenen Änderungen zu informieren. Ansonsten passiert dem Unternehmen, was diesem hier widerfahren ist: Es erhält zahlreiche negative Bewertungen, weil die Kundschaft enttäuscht ist und der gute Bewertungsdurchschnitt ist alsbald ohnehin ruiniert.

Beispiel aus einem Shop: Schlechte Bewertungen, weil sich die Rezeptur geändert hat

Fazit und Praxistipp

Es kommt darauf an. Wurde das Produkt wesentlich verändert, dürfen die alten Bewertungen nicht mehr im werblichen Zusammenhang mit dem neuen Produkt verwendet werden und demzufolge nicht mehr in die Gesamtnote einfließen. Macht ein Unternehmen die Änderungen nicht transparent und vermarktet das veränderte Produkt ohne Hinweis einfach wie gewohnt weiter, könnte die enttäuschte Kundschaft den Schnitt bei den Bewertungen ohnehin selbst nach unten regulieren.

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Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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