Dreist oder berechtigt?

Kundin will T-Shirts nach Rücktritt vom Kaufvertrag behalten

Veröffentlicht: 29.02.2024 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 29.02.2024
Ein blaues und ein schwarzes T-Shirt, die zusammen gefaltet auf einem Holzuntergrund liegen.
In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

 

Diesmal wurde uns folgender Fall geschildert: Eine Verbraucherin bestellte in einem Online-Shop drei T-Shirts. Deren Materialzusammensetzung war in der Produktbeschreibung mit „100 Prozent Baumwolle“ ausgewiesen. Nach dem Tragen und Waschen stellte sie fest, dass die Kleidungsstücke aus Polyester bestehen. Sie schrieb darauf hin an den Shop und stellt diesen vor die Wahl: Entweder Nacherfüllung oder Rückerstattung des Kaufpreises. Der Shop-Inhaber wählt die Option der Rückerstattung und forderte die Kundin nun dazu auf, die T-Shirts zurückzusenden. Die Kundin weigert sich aber und will einfach nur das Geld zurück haben. Ihrer Ansicht nach würde das Unternehmen die Shirts eh nur wegwerfen. Immerhin sind sie getragen und gewaschen. Da könne sie die Ware auch gleich behalten. Ist dieses Verhalten berechtigt?

Grundsatz: Das „Rück“ in Rücktritt steht für „alles zurück“

Weicht ein Produkt von der versprochenen Beschaffenheit ab, so spricht man von einem Sachmangel. Liegt ein solcher Sachmangel vor, gilt in aller Regel der Vorrang der Nacherfüllung. Das bedeutet, dass den Verkäufer:innen erst einmal die Möglichkeit gegeben werden muss, den Fehler wiedergutzumachen. In diesem Rahmen dürfen Käufer:innen zwischen der Nachbesserung (beispielsweise einer Reparatur), oder aber einer Neulieferung wählen.

Allerdings kann die Kundschaft den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären, wenn die Nacherfüllung entweder fehlschlägt oder aber von dem Verkäufer oder der Verkäuferin verweigert wird. 

Kommt es zum Rücktritt, wird der Kaufvertrag rückabgewickelt. Dabei wird der Kaufpreis zurückerstattet und die bereits erhaltene Ware wieder abgegeben. In der Regel wird der Kaufpreis dabei Zug-um-Zug erstattet, was heißt: erst die Rücksendung, dann die Rückzahlung.

Fazit: T-Shirts müssen zurückgesendet werden

Was also bedeutet das für unseren Fall? Das Bewusstsein für die Vernichtung von Retouren ist durchaus löblich; die Unterstellung, dass der Händler die Shirts in jedem Fall vernichten wird, ist für sich genommen allerdings schon ganz schön voreilig. Die Wahl des Händlers kann jedenfalls als die Verweigerung der Nacherfüllung angesehen werden. Entsprechend darf die Kundin vom Kaufvertrag zurücktreten. Bevor sie das Geld zurückerhält, muss sie allerdings die Ware zurücksenden. Ihre Forderung ist daher – im Sinne dieses Formates – dreist. 

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Sandra May

Kommentare  

#1 Oliver 2024-03-01 12:24
wichtig für den Händler ist natürlich noch die Frage wer rechtmäßig die Rücksendekosten zu tragen hat!

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Antwort der Redaktion

Hallo Oliver,

das stimmt natürlich: Bei einem Sachmangel muss der Händler allerdings alle zusätzlichen Kosten, also auch die für den Rückversand, tragen.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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