Fragwürdiges Bündnis: Spiegel und Amazon foppen Händler

Veröffentlicht: 20.10.2014 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 08.01.2015

Die Spiegel Bestsellerlisten bilden die aktuellen Entwicklungen und Trends auf dem deutschen Buchmarkt ab. Sie zeigen, welche neuen Titel gerade „in“ sind und welche Ausgaben sich bei den lesefreudigen Verbraucher auch langfristig durchsetzen. Doch der Spiegel, der sich bei der Erstellung der entsprechenden Listen auf die Daten hunderter Händler stützt, zeigt sich anscheinend wenig dankbar und verlinkt den Erzfeind vieler Buchanbieter: Amazon.

Amazon Logo auf Leder

(Bildquelle Amazon Logo: Chris Gray via Flickr, Bildausschnitt, bestimmte Rechte vorbehalten)

Spiegel Bestsellerlisten als Inspiration

Dass der Spiegel und Amazon „gemeinsame Sache“ machen, ist eigentlich nichts Neues. Der Spiegel lässt wöchentlich die Verkaufsdaten von 500 Buchhändlern sammeln, um aus diesen Informationen dann die unternehmenseigenen Bestsellerlisten zu formen. Diese sind nicht nur eine Abbildung der derzeitigen Vorlieben lesewütiger Kunden, sondern geben zugleich auch Inspiration, welche Titel man unbedingt im Blick haben sollte. In einigen Buchhandlungen finden sich sogar ganze Regalreihen, die nur dazu dienen, den Kunden die neuesten Highlight-Bücher zu präsentieren und somit Kaufanreize zu schaffen.

Amazon und Spiegel – beide Seiten profitieren von den Bestsellerlisten

Nicht nur auf stationärer Ebene, auch in der Welt des Internets sind die Spiegel Bestsellerlisten ein wichtiges Marketing-Instrument. Doch leider haben die Händler, die allwöchentlich ihre Daten für den Spiegel hergeben, recht wenig davon. Schließlich werden nicht sie vom Spiegel verlinkt, sondern ihr Großkonkurrent Amazon. Dass diese Kooperation der beiden Unternehmen schon länger besteht, macht die Sache nicht besser und gab der Autorin Julia Franck den Anlass, in einem NDR-Kommentar diese „janusköpfige Allianz“ zu hinterfragen.

Es sei „erstaunlich“, dass sich gerade ein vermeintlich unabhängiges Nachrichtenportal im Zuge der hauseigenen Bestsellerlisten so konsequent dem „heranwachsenden E-Book-Monopolisten Amazon“ verschreibt und auf diese Weise allen anderen Buchhändlern den Rücken zukehrt. „Sonderbar janusköpfig wirkt die Allianz, bedenkt man, dass der Spiegel wie alle anderen Medien die moralisch echauffierten Schriftsteller mit ihrem Amazon-Protest vorführt und Berichte unter einem Titel wie "Preiskampf auf dem Buchmarkt - deutschsprachige Autoren greifen Amazon an" einstellt“, schreibt Franck weiter.

Augenscheinlich sei die Verbindung zwischen dem Spiegel und Amazon im Zuge der Bestsellerlisten eine Art Affiliate-Programm, bei dem beide Seiten profitiert – die eine gewinnt Kunden, die andere dürfte finanzielle Vorteile genießen.

Autorin Julia Franck erdenkt Chancen gegen Amazon

Was sich gegen die Vorherrschaft von Amazon tun lässt? – Auch dieser Frage widmet sich Franck. Um gegen einen so mächtigen Konkurrenten wie Amazon ankommen zu können, sei ein geschlossener Boykott vonnöten. Denn nur, wenn alle Verlage sich von Amazon distanzieren würden, müssten sie sich nicht mehr an jene strikten Konditionen binden und könnten die Interessen des eigenen Unternehmens und vor allem der eigenen Leserschaft stärker verfolgen.

„Solange Amazon sämtliche Bedürfnisse und Bequemlichkeiten von uns Lesehungrigen schon bedient, ehe wir wussten, dass es sie gibt, wird das Unternehmen wachsen und die Verlage mitsamt dem Deutschen Buchmarkt in die Knie zwingen.“ Man müsse auf der einen Seite von Amazon lernen, auf der anderen Seite jedoch auch vieles besser machen.

Kommentare  

#1 Heimes 2014-10-20 08:17
Es ist nicht Amazon, der den Buchhandel kaputt macht, es sind die Verlage und Buchhändler selber, die sich kaputt machen. Es gibt viele Möglichkeiten seitens der Verlage gegen Amazon vorzugehen. Man muß es nur wollen. Und das ist das Problem. Die Verlage wollen nicht.
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