BGH: Reduzierte Einführungsangebote müssen transparent gestaltet werden

Veröffentlicht: 06.03.2013 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 10.07.2013

Viele Händler - offline wie online - nutzen Rabatt- und Sonderaktionen, um neue Kunden zu gewinnen oder die bereits gewonnene Kundschaft zu binden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem nunmehr im Volltext vorliegenden Urteil vom 17.03.2011 (Az: I ZR 81/09) die Anforderungen an die Werbung mit reduzierten Einführungspreisen weiter konkretisiert. Nachfolgend geben wir einen Überblick über den Inhalt der auch für den Onlinehandel wichtigen Entscheidung.

Im Sachverhalt, welcher der Entscheidung zugrunde lag, warb ein Teppichhändler in einem Prospekt für die Teppichkollektion „Original Kanchipur“, welche er als „Weltneuheit“ in seinem Ladengeschäft anbot. Im Werbeprospekt waren einzelne Teppiche dieser Kollektion abgebildet, wobei den angegebenen Einführungspreisen jeweils sehr viel höhere, durchgestrichene Preise gegenübergestellt waren. Die sich aus den gegenübergestellten Preisen ergebenden Reduzierungen betrugen bis zu 75 %. Eine Erklärung, was die höheren, durchgestrichenen Preise bedeuteten bzw. ab wann diese gelten sollten, fand sich hingegen nicht im Prospekt.

Ein Mitbewerber mahnte diese Werbeaktion ab.

Mit Erfolg, denn der BGH entschied, dass eine Werbung mit hervorgehobenen Einführungspreisen, denen durchgestrichene (höhere) Normalpreise gegenübergestellt werden, irreführend und unlauter sei, wenn sich aus ihr nicht eindeutig ergebe, was die „Normalpreise“ zu bedeuten haben und ab welchem Zeitpunkt sie verlangt werden.

Ausgangspunkt der Entscheidung des BGH ist § 4 Nr. 4 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), welcher für sog. Verkaufsförderungsmaßnahmen folgendes regelt:

„...§ 4 Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen
Unlauter handelt insbesondere, wer (....)
bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt;...“

Damit ein Preisnachlass bei der Einführung eines Produktes hinreichend klar und eindeutig im Sinne des UWG gestaltet ist, müssen nach der Entscheidung des BGH vor allem die beiden folgenden Punkte berücksichtigt werden:

1.     Erklärung der Bedeutung des durchgestrichenen Preises
Der Händler darf die Kunden nicht im Unklaren lassen, was der höhere, durchgestrichene Preis bedeutet. Der BGH führte im Urteil zu dieser Frage aus:

„Die beanstandete Werbung ... ist bereits deshalb .... unlauter, weil sich aus ihr nicht eindeutig ergibt, welchen anderen - durchgestrichenen - Preisen die dort beworbenen Preise gegenübergestellt werden.

Die Adressaten der Werbung können allenfalls vermuten, dass es sich bei jenen Preisen um die Preise handelt, die der Beklagte nach dem Ende der Verkaufsaktion für die Ware verlangen wird. Es erscheint aber auch nicht als fernliegend oder gar ausgeschlossen, dass es sich etwa um die Preise handeln könnte, die für die beworbenen Teppiche auf anderen Märkten erzielt werden, auf denen die Markteinführung der vom Beklagten beworbenen Teppichkollektion bereits gelungen ist. Weiterhin erscheint es als denkbar, dass es sich etwa um Preise handeln könnte, die für Ware vergleichbarer Qualität bereits auf dem deutschen Markt erzielt werden....“ 

Der Händler muss daher konkret mitteilen, was der „außer Kraft gesetzte“ Preis bedeutet. Das erklärungslose Durchstreichen des Preises ist zu unbestimmt und lässt dem Kunden zu viel Raum für Interpretation.

Das bedeutet:

  • Handelt es sich bei dem durchgestrichenen Preis um den Preis, der nach Ablauf der Einführungsaktion als regulärer Kaufpreis verlangt werden soll, ist dies klar und deutlich mitzuteilen.
  • Handelt es sich um einen Preis, der für die gleiche oder vergleichbare Waren auf einem anderen Markt bereits zum Zeitpunkt der Einführung verlangt wird, ist dies mitzuteilen.
  • Die Bezugnahme auf eine „Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers“ (UVP) ist dann zulässig, wenn eine solche tatsächlich besteht. Auch hier muss deutlich mitgeteilt werden, dass die UVP als Vergleich herangezogen wird.
2.     Information über die Limitierung des Einführungsangebots in zeitlicher oder anderer Hinsicht
Sonderangebote sollen - ob bei der Einführung eines neuen Produktes oder aus Anlass der Geschäftsaufgabe - nicht dauerhaft laufen.

Hier unterscheidet der BGH zwischen Einführungs- und Räumungsangeboten:

Bei Rabattaktionen wegen Geschäftsaufgabe bzw. Räumungsverkäufen ist es nicht erforderlich, die Sonderaktion in zeitlicher Hinsicht zu begrenzen. Der BGH führt hierzu aus:

Der Bundesgerichtshof hat ... in drei Entscheidungen, in denen es um die Beurteilung von Räumungsverkäufen ging, jeweils ausgesprochen, dass § 4 Nr. 4 UWG keine Verpflichtung begründet, eine Verkaufsförderungsmaßnahme zeitlich zu begrenzen; vielmehr hat der Unternehmer danach lediglich auf eine bestehende zeitliche Begrenzung hinzuweisen ... Dem liegt unter anderem die Erwägung zugrunde, dass Räumungsverkäufe, soweit sie zeitlich unbefristet sind, bis zum (mehr oder weniger vollständigen) Abverkauf der Ware durchgeführt werden und damit nach der Natur der Sache durch die Erschöpfung der noch vorhandenen Warenvorräte auch zeitlich begrenzt sind...“

Bei den Einführungsangeboten ist eine zeitliche Begrenzung und/ oder anderweitige Limitierung der Rabatte in aller Regel aber sehr wohl möglich. Daher muss der Händler in diesen Fällen seinen Kunden offenlegen, wann die Sonderaktion zur Produkteinführung wieder enden wird.

Das bedeutet:

  • Legt der Händler der Einführungsaktion einen bestimmten Zeitraum zugrunde, ist dieser konkret zu benennen, ggf. mit Anfangs- und Endzeitpunkt.
  • Soll ein bestimmter Vorrat an Artikeln zur Einführung vergünstigt abverkauft werden, ist dieser zu benennen und der Abverkauf transparent zu gestalten. Im Onlineshop lässt sich eine Anzeige der Vorrätigkeit ohne weiteres einbinden. Auch bei den meisten Plattformen ist eine solche Anzeige vorhanden.
  • Wird mit der Einführungsaktion ein bestimmtes Ziel verfolgt (z.B. erfolgreiche Markteinführung des neuen Produktes), ist klar und deutlich darüber zu informieren, wann der Händler dieses Ziel als erreicht beurteilt (z.B. eingeführte Produkt wird 100mal verkauft) und es sollte dann auch die Entwicklung bis zur Zielerreichung transparent gestaltet werden.

Fazit: Bei der Werbung mit Preisgegenüberstellungen zur Einführung neuer Produkte sollte die Bedeutung des durchgestrichenen Preises sowie die zeitliche und/ oder anderweitige Limitierung der Sonderaktion so konkret und transparent wie möglich mitgeteilt werden.

Weitere nützliche Informationen zum gesamten Themenbereich finden Sie in unserem Hinweisblatt mit dem Titel „Sonderangebote und Werbung mit reduzierten Preisen“ im Downloadbereich auf unserer Homepage.

 

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