Gutachten des BMWi-Beirats

Polit-Berater kritisieren „archaische Zustände“ bei Deutschlands Digitalisierung

Veröffentlicht: 13.04.2021 | Geschrieben von: Markus Gärtner | Letzte Aktualisierung: 13.04.2021
Mann schreibt vor Papierstapel

Faxe vom Gesundheitsamt, Chaos bei Homeoffice und Homeschooling, Probleme mit der Corona-Warn-App oder auch nur einem stabilen Internet – spätestens in der Coronakrise wurde vielen Menschen klar, wo Deutschland digital steht: Nicht ganz so weit fortgeschritten, wie es sollte und müsste. Das untermauert jetzt auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit markigen Worten, wie die Expertengruppe mitteilt.

Digitalisierung in Corona-Zeiten: „Deutschlands staatliches Organisationsversagen“

In der Analyse haben die Sachverständigen die digitalen Entwicklungen in verschiedenen Bereichen Deutschlands während der Coronapandemie unter die Lupe genommen, darunter Homeoffice und digitale Kommunikation, bargeldlose Zahlung, Gesundheitssystem, Schulen, Unis und öffentliche Verwaltung. Das Fazit: „Die Corona-Pandemie hat erhebliche Rückstände Deutschlands bei der digitalen Transformation offengelegt. Um gestärkt aus der Krise hervorzugehen und vom krisenbedingten Digitalisierungsschub langfristig zu profitieren, sollte Deutschland staatliches Organisationsversagen in Schulen und öffentlicher Verwaltung beheben, die digitale Transformation forcieren und den Datenschutz stärker in eine allgemeine digitale Ordnungspolitik einbetten.“

Öffentliche Verwaltung: „Strukturen, Prozesse und Denkweisen, die teilweise archaisch anmuten“

Die Gründe für das Versagen scheinen vor allem an der behördlichen Behäbigkeit des Staates zu liegen: „komplexe Verfahrensabläufe, unklare Zuständigkeiten und fehlende politische oder unternehmerische Führung“, so die Kritik. „Vieles von dem, was während der Corona-Pandemie in kurzer Zeit umgesetzt wurde, hätte auch schon lange vor der Krise unternommen werden können“, heißt es. Es reiche nicht aus, nur finanzielle Ressourcen bereitzustellen und digitale Technologien zu implementieren – Arbeitsprozesse müssten angepasst und neue Fähigkeiten erlernt werden. Vor allem im Schul- und Gesundheitswesen sei die nötige Digitalisierung so gut wie gar nicht gelungen, sagt Professor Klaus Schmidt (LMU München), Vorsitzender des Beirats. In der öffentlichen Verwaltung leiste Deutschland sich „Strukturen, Prozesse und Denkweisen, die teilweise archaisch anmuten“, heißt es in dem Gutachten.

Das sind die Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats

Insgesamt schlägt das Beratergremium mehrere konkrete Maßnahmen vor, um die Digitalisierung weiter voranzutreiben – oder überhaupt erst richtig zu starten:

Bildungssystem

  • Vereinfachte Verwaltungsabläufe und effektivere Zuständigkeitsverteilungen in einem Staatsvertrag festlegen
  • Länderübergreifende Rahmenregelungen und Standards treffen, etwa zur einheitlichen Rechtsauslegung bei der Bereitstellung digitaler Kommunikationsplattformen

Öffentliche Verwaltung

  • Managementansätze (Teamarbeit, agiles Management) schneller integrieren, um die Verwaltung flexibler zu machen
  • Einsatz sogenannter Real-Labore, in denen Unternehmen unter erleichterten Regulierungssystemen testweise arbeiten können

Die Politik sollte außerdem den Ausbau der digitalen Kommunikationsinfrastruktur in Deutschland sowie die digitale Transformation im Mittelstand mit geeigneten Fördermaßnahmen (zum Beispiel Digital-Voucher, Weiterbildung) weiter vorantreiben.

Das komplette Gutachten „Digitalisierung in Deutschland – Lehren aus der Corona-Krise“ kann man kostenlos runterladen. (pdf, 48 Seiten)

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