Ausblick

Konjunktur, KI, Klima, Kultur – Das sollten Unternehmen 2024 im Blick behalten

Veröffentlicht: 13.12.2023 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 13.12.2023
Silberner Schriftzug 2024 umringt von Lichterkette

Auch das neue Jahr wird mit frischen Herausforderungen daherkommen. Einige Trends und Entwicklungen lassen sich zum Ende dieses Jahres zumindest bereits abschätzen. Neben einigen rechtlichen Neuerungen werden 2024 auch die Konjunkturentwicklung, die Inflation und damit die Liquidität für Betriebe eine wesentliche Rolle spielen. Aber auch Themen wie den Arbeitsmarkt, insbesondere den Fachkräftebedarf, neue Technologien – allen voran KI, Nachhaltigkeit sowie der neue Standard zur Flexibilität im Arbeitsalltag sollten Firmen künftig im Fokus behalten. Ein Überblick.

Gedämpfte Stimmung in der Wirtschaft

Wirtschaftlich rosig wird es wohl auch 2024 zunächst nicht. Die Inflation beeinflusst im kommenden Jahr nach wie vor die Konjunkturaussichten. So geht der Sachverständigenrat der Deutschen Wirtschaft davon aus, dass die Teuerungsrate nur allmählich zurückgeht, was sich wiederum letztlich auf die privaten Konsumausgaben niederschlagen wird. Daher erwartet das Gremium aus Wirtschaftsweisen für 2024 ein Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent, die Inflationsrate soll voraussichtlich bei 3,0 Prozent liegen – nach 6 Prozent im Jahr 2023.

In der Industrie- und Bauwirtschaft ist die Stimmung mit Blick auf das nächste Jahr merkbar schlecht: „Der Anteil der Betriebe, die für das Jahr 2024 von einer höheren Produktion als im Jahr 2023 ausgehen, beträgt 23 Prozent, der Anteil der Pessimisten dagegen 35 Prozent. Das entspricht dem Erwartungsbild vom Herbst 2022, das stark von den Energiepreisschocks, hoher Inflation und der Befürchtung einer Energiemangellage bestimmt war“, erläutert Michael Grömling zur Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln). Auch geht das IW davon aus, dass sich im nächsten Jahr keine Region hierzulande wirtschaftlich im Aufwind befindet. Im Dienstleistungssektor sei die aktuelle Lagebewertung hingegen nahezu ausgeglichen. 

Eine Umfrage des Freelancer-Vermittlungsdienstes Fiverr Ende November unter 1.000 Führungskräften ergab beispielsweise, dass deutsche Unternehmer:innen blicken insgesamt optimistisch auf das neue Jahr blicken: Mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Befragten erwarten Wachstum im nächsten Jahr – davon rechnen 60 Prozent mit einem Plus von 6 bis 10 Prozent. Ein Sechstel (17 Prozent) der Befragten erwartet rückläufige Geschäfte.  

Wieder mehr Unternehmensinsolvenzen

Im rezessiven Umfeld wird voraussichtlich die seit Jahren bestehende Investitionsschwäche auch im kommenden Jahr nicht überwunden – dabei erwartet mehr als ein Viertel der Firmen steigende Ausgaben für Investitionen, heißt es weiter aus dem IW Köln. Diese Einschätzung teilt man auch bei der LBBW, Landesbank Baden-Württemberg. „Um den notwendigen Innovationsprozess anzustoßen, braucht es vor allem eines: ein verbessertes Investitionsklima“, schreibt das Kreditinstitut in seinem Jahresausblick. Demnach würde neben dem wirtschaftlichen auch das politische und regulatorische Klima Investitionen derzeit maßgeblich hemmen. Die Banken agierten aber zuletzt selbst zurückhaltender bei der Vergabe von Krediten. „In wirtschaftlich schwächeren Phasen müssen die Unternehmen auch mehr zur Kreditabsicherung beitragen“, erläuterte Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen, dazu noch im Oktober.

Mit Blick auf die Liquidität der Unternehmen wird im zu erwartenden wirtschaftlichen Umfeld des Weiteren ein Anstieg der Insolvenzen prognostiziert. So sei „für 2023 ein kräftiger Anstieg der Insolvenzfälle um fast ein Fünftel zu erwarten, der sich 2024 fortsetzen dürfte“, schreibt Klaus-Heiner Röhl vom IW Köln. Unternehmensschließungen seien zwar auch Teil des Strukturwandels, in dem Ressourcen in schrumpfenden Zweigen freigesetzt und in Wachstumsbereiche überführt werden. Das gilt etwa für knappe Fachkräfte. „Wichtig wären hierfür aber mehr innovative Gründungen“, so Röhl. Auch derInformationsdienstleister Crif rechnet mit einem Anstieg der Firmenpleiten im kommenden Jahr auf bis zu 20.000. Es könne jedoch „nicht von einer Insolvenzwelle gesprochen werden“, sondern es sei ein Rückgang zur Normalität. In den vergangenen Jahren hatten unter anderem die Coronahilfen sowie die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zu weniger Pleiten beigetragen.

Arbeitsmarkt: Weniger Beschäftigungsaufbau, aber Fachkräftemangel

Das aktuelle wirtschaftliche Klima wirkt sich auch negativ auf den deutschen Arbeitsmarkt aus. So habe der über einen längeren Zeitraum erfolgte Aufbau von Beschäftigung nun vorerst sein Ende gefunden, so das IW Köln weiter in der Konjunkturumfrage vom Herbst. „Nur noch 20 Prozent der Unternehmen rechnen mit einem Beschäftigungsaufbau, während 35 Prozent mit einer rückläufigen Anzahl an Mitarbeitern im Jahr 2024 planen. Immerhin 45 Prozent halten ihre Belegschaft konstant“, teilt das Forschungsinstitut mit. 

Trotz Rezession und wirtschaftlicher Unsicherheiten kann der Fachkräftemangel als ein beständiges Merkmal des deutschen Arbeitsmarktes gesehen werden. So sehen sich immer noch ein Großteil der Firmen mit dem Problem konfrontiert, nicht genügend Bewerbungen auf ihre Stellenausschreibungen zu erhalten, meldete das Ifo-Institut Ende November mit Verweis auf eine Umfrage unter Personalverantwortlichen im vierten Quartal 2023. 54 Prozent der Firmen, die derzeit auf Personalsuche sind, berichten von einem Bewerbermangel, bei einem Drittel sei dies zumindest teilweise der Fall, nur etwa ein Achtel verneinte, dass es an Fachleuten mangele. 

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch in eineAnalyse des Jobportals Indeed. Demnach stagniert die Arbeitskräftenachfrage, es gibt weniger offene Stellen – etwa im HR-Bereich. Vor allem das könne als Indikator für weniger Einstellungsbedarf bei den hiesigen Unternehmen zählen. Insgesamt werden weniger Arbeitskräfte nachgefragt, als noch 2021 und 2022, trotzdem es gibt noch über ein Drittel mehr Stellenanzeigen als vor Beginn der Pandemie. „Und man darf nicht vergessen, dass bereits vor Beginn der Covid-19-Pandemie in vielen Bereichen ein Fachkräftemangel beobachtet werden konnte“, heißt es in der Trend-Analyse. Die Nachfrage nach qualifizierten Leuten hat sich auf „hohem Niveau stabilisiert“ oder mit anderen Worten: Der Fachkräftemangel ist gekommen, um zu bleiben.

Arbeitskultur: Flexibilität als Standard

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, könnten flexiblere Ansätze helfen: Die LBBW spricht sich beispielsweise für ein Generationenmodell aus: „Denn Potenzial gäbe es künftig bei denen, die jetzt noch im Beruf stehen oder erst kürzlich ausgeschieden sind. Dazu zählen die Generation X (geboren 1965 bis 1979), die Babyboomer und die Nachkriegsgeneration. Sie machen mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung aus. Würden sie mindestens bis zur Regelaltersgrenze arbeiten und gegebenenfalls freiwillig auch darüber hinaus, könnte das der Generation Y (1980 bis 1995) und Generation Z (ab 1996) mehr Flexibilität verschaffen und sie so möglicherweise stärker in die Arbeitswelt integrieren.“ Die Zahl der Befürworter:innen für das Modell der Vier-Tage-Woche wachse. „Gemeinsam haben beide Gruppen das Bedürfnis nach einer besseren Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf.“ Wenn sich Jung und Alt einen Job teilen, hätten alle etwas davon, so die Idee. Ob das funktioniert, muss sich zeigen. Weniger Arbeitszeit könnte den Fachkräftemangel sogar verschärfen, meint Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts. Aber: 44 Prozent der hiesigen Unternehmen planen laut einer Fiverr-Umfrage im nächsten Jahr bereits die Einführung der 4-Tage-Woche. 

Flexibilität ist auch beim Arbeitsort weiterhin erwünscht, Homeoffice hat sich in vielen Betrieben längst als Standard etabliert. Die Relevanz dieser Entwicklung zeigt sich sogar bei den Steuererleichterungen des Bundes: Arbeitnehmer:innen werden in der diesjährigen Erklärung mit einem erhöhten Pauschbetrag und der höheren Homeoffice-Pauschale stärker entlastet, für 2024 wird die Pauschale sogar nochmals erhöht. Doch auch wenn man zu Hause sitzt: Virtuelle Meetings oder Firmenchats bringen viele Unterbrechungen im Arbeitsalltag mit sich. Das Portal Deel empfiehlt aus diesem Grund einen „Flugmodus“ – eine garantierte Möglichkeit, für eine bestimmte Zeit fokussiert arbeiten zu können. 

Darüber hinaus bleibt es geboten, Vielfalt und Inklusion als feste Werte der Unternehmenskultur zu integrieren und zu leben. Beispielsweise tritt ab dem 1. Januar auch das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes in Kraft, mit dem Ziel, mehr Menschen mit Behinderungen in reguläre Arbeit zu bringen.

Nicht mehr ohne KI

Nach dem Erfolgszug des generativen KI-Systems ChatGPT in diesem Jahr bekam das Thema Künstliche Intelligenz enormen Aufwind, der Einsatz der Technologien wird auch künftig zunehmen. Bis 2026 werden voraussichtlich 80 Prozent der Firmen bereits mit generativen KI-Schnittstellen und Modellen arbeiten, meint das Marktforschungsinstitut Gartner. Durch vortrainierte Modelle, Cloud Computing und Open Source sind KI-Technologien für Beschäftigte weltweit zugänglich, wodurch sich die Bereitstellung von Informationen innerhalb von Unternehmen verbessert. „Um aus der dauerhaften Nutzung von KI einen geschäftlichen Nutzen zu ziehen, ist jedoch ein disziplinierter Ansatz für eine breite Einführung erforderlich, bei dem auch die Risiken berücksichtigt werden“, mahnt Chris Howard, Forschungsleiter bei Gartner. Die Notwendigkeit eines KI-Vertrauens-, Risiko- und Sicherheitsmanagements steigt. Auch KI-gestützte Software-Entwicklung, intelligente Apps, die Optimierung von Arbeitskraft und Mittel, um Sicherheitsrisiken zu identifizieren und Vermögenswerte zu schützen, werden relevanter.

Dass es in diesem Bereich weiter vorangeht, ist ebenso an den regulatorischen Bemühungen erkennbar: So hat sich das Europaparlament jüngst auf den sogenannten AI Act geeinigt

KI wird zudem den Arbeitsalltag vor neue Herausforderungen stellen – insbesondere im Mittelstand. Es braucht Schulungsmaßnahmen für KI-Kompetenzen. Gleichsam muss der Kulturwandel begleitet werden, der Mitarbeitende motiviert, sich auch auf die Unterstützung der neuen Technologie einlassen, stellt etwa die Tech-Beratung Ommaxx heraus.

Mehr Verantwortung für Nachhaltigkeit und Klimaschutz

Nur mittelmäßig schneiden aktuell die Bemühungen Deutschlands beim Klimaschutz hab, wie der Klimaschutz-Index 2024 von Germanwatch und NewClimate Institute zeigt. Es gibt zwar eine leichte Verbesserung, doch: „Die Gründe für die eher mäßige Bewertung der nationalen Klimapolitik Deutschlands liegen vor allem in einer klimapolitisch zu schwachen Verkehrspolitik, der Abschwächung des Klimaschutzgesetzes sowie einem am Ende verwässerten Gebäudeenergiegesetz. Dies sind alles Ergebnisse der oft gegensätzlichen klimapolitischen Ambitionen innerhalb der Ampelkoalition“, kommentiert Jan Burck von Germanwatch, Co-Autor und Entwickler des Klimaschutz-Index. „Positiv schlagen hingegen die neuen politischen Maßnahmen der Bundesregierung zur Beschleunigung des Erneuerbaren-Ausbaus zu Buche.“ 

Für Unternehmen hat das Business-Netzwerk LinkedIn verschiedene Entwicklungen zusammengefasst. So gebe es dank künstlicher Intelligenz vielversprechende Ansätze zur Energiewende. Weniger sinnvoll ist aus Sicht von Expert:innen, dass der CO₂-Fußabdruck weiter vornehmlich als individuelles Thema behandelt wird – Hauptverursacher für einen hohen Ausstoß sei die Industrie, Unternehmen generell kommt mehr Verantwortung zu. Dafür müssen Aufsichtsräte mit Kompetenzen zu Ökologie und Nachhaltigkeit ausgestattet werden, heißt es weiter bei LinkedIn – helfen könnten Schulungsangebote.

Das Thema Nachhaltigkeit wird von der Kür ohnehin immer mehr zur Pflicht. „In naher Zukunft dürften sich immer mehr CEOs dazu entschließen, sich intensiv mit den strategischen und finanziellen Auswirkungen von Nachhaltigkeit zu befassen. Der Grund ist ein neuer Berichtsstandard der Europäischen Union: die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die sogenannte Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)“, mahnt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC. Ab dem 1. Januar 2024 gilt die Berichtspflicht zu Nachhaltigkeit für die Veröffentlichung von Geschäftsberichten, die die Berichtsperiode 2023 betreffen, für jene Firmen, die schon jetzt der CSR-Richtlinie unterliegen. Ab dem 1. Januar 2025 ist sie für Unternehmen wirksam, die zwei der folgenden Kriterien erfüllen: eine Bilanzsumme von mindestens 20 Millionen Euro, Nettoumsatzerlöse von mindestens 40 Millionen, mindestens 250 Beschäftigte. Auch kleine und mittlere Unternehmen ab zehn Mitarbeitenden werden zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet, sofern eine Kapitalmarktorientierung vorliegt – ab dem 1. Januar 2026. Dies lässt sich laut PwC als Chance verstehen: „Die Richtlinie und die zugrundeliegenden Standards (ESRS) zielen darauf ab, Veränderungen im Geschäftsverhalten anzustoßen. Sie verpflichten Führungskräfte, Nachhaltigkeitsthemen wie Klimawandel, Verlust der Biodiversität und Menschenrechte zu analysieren, gesetzte Ziele transparent zu machen und die Zielerreichung zu messen“.  

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Über die Autorin

Hanna Behn
Hanna Behn Expertin für: Usability

Hanna fand Anfang 2019 ins Team der OnlinehändlerNews. Sie war mehrere Jahre journalistisch im Bereich Versicherungen unterwegs, dann entdeckte sie als Redakteurin für Ratgeber- und Produkttexte die E-Commerce-Branche für sich. Als Design-Liebhaberin und Germanistin hat sie nutzerfreundlich gestaltete Online-Shops mit gutem Content besonders gern.

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