Packtische, Logistikroboter und sinnige Warenlagerung

So wird die Arbeit im Logistiklager ergonomisch gestaltet

Veröffentlicht: 05.02.2021 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 06.07.2022
Logistik-Mitarbeiter mit Exoskelett

Die Arbeit in einem Logistiklager ist stressig und körperlich anstrengend: Laufwege zu den Waren, häufiges Bücken, Heben und Packen sowie ein hoher Zeit- und Leistungsdruck erhöhen die physische Belastung der Mitarbeiter. Um die Arbeit so angenehm wie möglich zu gestalten und die Gesundheit der Mitarbeiter im Logistiklager zu schonen, gibt es zahlreiche ergonomische Lösungen auf dem Markt, auf die sich ein Blick lohnt.

Die Bedeutung von ergonomischen Lösungen am Arbeitsplatz in der Logistik nimmt auch deshalb immer weiter zu, weil die Arbeitskräfte tendenziell immer älter werden: „Arbeitsplätze in der Intralogistik sind aufgrund der Kombination von körperlicher Belastung, dynamischer Bewegung und meist niedrigerem Lohn wenig attraktiv“, schreibt etwa die IWL AG. Das erschwere es Unternehmen, junge Arbeitnehmer zu finden. Sie seien damit auf ihre langjährigen und meistens älteren Mitarbeiter angewiesen. Auch bei Logistik Knowhow heißt es, dass die Industrie auf den Einsatz älterer Arbeitnehmer angewiesen sei, „weil es zu wenig Nachwuchs gibt“. 

„Ergonomie“ beschreibt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) als „Theorie, die Prinzipien, Daten und Methoden auf die Gestaltung von Arbeitssystemen anwendet mit dem Ziel, das Wohlbefinden der Menschen und die Leistung des Gesamtsystems zu optimieren“. Es geht also sowohl darum, die körperlich fordernde Arbeit so schonend wie möglich zu gestalten, als auch die Arbeit durch die Entlastung zu optimieren. 

Gesetzliche Vorgaben

Arbeitgeber sollten aber nicht nur der Optimierung wegen für ergonomisches Arbeiten sorgen: Auch im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist vorgeschrieben, dass Unternehmen für die Arbeitssicherheit und den Schutz der Gesundheit ihrer Angestellten zu sorgen haben. So heißt es im Gesetz:

ArbSchG Abs. 2, 

§ 3 Grundpflichten des Arbeitgebers

  1. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.

    [...]

§ 4 Allgemeine Grundsätze

Der Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen:

  1. Die Arbeit ist so zu gestalten, daß eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird;

    [...]

(Hervorhebungen durch die Redaktion)

Ergonomie im Lager: Erste Schritte

Ergonomie im Lager kann bereits durch eine sinnige Verteilung der Waren erreicht werden: Generell gliedert sich ein Regal in Bück- Greif-, Sicht- und die Reckzone. Eine sinnvolle Zuweisung der Produkte auf diese Regalzonen vermeidet beispielsweise, dass sperrige oder schwere Waren ungünstig gehoben werden müssen. Besonders häufig bestellte – und damit eben auch zu pickende – Produkte sollten demnach in der Greifzone gelagert werden, damit die Picker sie nicht immer von unten oder zu weit oben aus dem Regal heraussuchen müssen.

Ohnehin ist vor allem die Monotonie der Bewegungsabläufe ein großes gesundheitliches Risiko. Wer sich den ganzen Tag nur nach Ware bückt, hat es schnell im Rücken. Wer lange Laufwege absolviert, klagt vielleicht irgendwann über schmerzende Gelenke. Und wer den ganzen Tag nur im Sitzen arbeitet, klagt früher oder später ebenfalls über Beschwerden. Hier kann eine bessere Aufgabenverteilung ebenfalls erste Abhilfe schaffen, wie es bei Logistik Knowhow heißt: Absolviert ein Mitarbeiter beispielsweise einen Drei-Kilometer-Laufweg, könnte er dann auf einen Arbeitsplatz zugeteilt werden, an dem eine sitzende Tätigkeit durchgeführt werden muss. So können die Mitarbeiter durch die verschiedenen Stationen rotieren und die physische Belastung gleichmäßiger verteilt werden.

Packtische: Ergonomische Lösungen für die Logistik

Die Stationen im Lager, an denen die Pakete gepackt werden, verdienen besondere Aufmerksamkeit. Denn beim Packen stehen die Mitarbeiter über längere Zeit an einem Platz. Gerade in Lagern, in denen keine einstufige bzw. auftragsorientierte Kommissionierung durchgeführt wird, also das Picken und Packen von einer Person erledigt wird, kann die Arbeit am Packtisch über längere Zeit eine große Belastung darstellen.

Um den Arbeitsplatz ergonomisch und sicher zu gestalten, sollten Unternehmen ein besonderes Augenmerk auf den Packtisch legen. Hier gibt es Möglichkeiten, selbst Arbeitsplätze zu gestalten oder Profi-Lösungen zu nutzen, die auf bestimmte Arbeitsabläufe optimiert sind. Folgende Fragen sind in jedem Fall zentral:

  • Wie viel Platz steht zur Verfügung?
  • Was und wie viel soll verpackt werden?
  • Wie soll es verpackt werden?
  • Wie viele Mitarbeiter sollen Pakete packen?
  • Gibt es Schichtbetrieb im Lager?
  • Wie sehen die vor- und nachgelagerten Prozesse aus?

Gerade die Paketgröße und das Verpackungsgewicht sowie die dauerhafte Nutzung bringen günstige Packtisch-Modelle schnell an ihre Grenzen. Günstigere Modelle haben oft Traglasten von nur etwa 250 Kilogramm. Das klingt zunächst viel, aber die Platten biegen sich nach einem Jahr im Betrieb häufig durch. Auch in der Gestaltung des Arbeitsplatzes sind die günstigeren Modelle in vielen Fällen eingeschränkter und lassen sich nicht an alle Bedürfnisse anpassen.

Ein guter Packtisch sollte höhenverstellbar und stabil sein sowie über eine ordentliche Traglast verfügen. Daneben kommt es auch auf das richtige Zubehör an: Der stabilste Tisch bringt nämlich wenig, wenn der Mitarbeiter sich dann jedes Mal nach der Verpackung bücken und das Klebeband vom anderen Ende der Tischplatte greifen muss. Sogenannte Packplatz-Systeme verfügen über Regale, in denen die unterschiedlichen Kartonagen und weiteres Füllmaterial gelagert werden können. Ein Loch in der Tischplatte für Papiermüll hilft auch, die Arbeitsbewegungen zu optimieren. Hier sollten die Arbeitgeber auch das Feedback ihrer Mitarbeiter einholen, um den idealen Aufbau des Arbeitsplatzes zu gestalten. 

Preislich variieren die Systeme je nach Ausstattung, ein selbstgebauter Tisch kann die Kosten deutlich drücken. Ob es am Ende tatsächlich ein vollumfängliches Profi-System oder ein Tisch Marke Eigenbau mit entsprechenden Erweiterungen sein soll, muss jedes Unternehmen für sich selbst entscheiden. Grundlegend sollte der Tisch höhenverstellbar und auf die Bedürfnisse der Angestellten eingerichtet sein. Und auch, wenn die Anschaffung zunächst kostspielig aussieht: Unergonomische Arbeitsplätze demotivieren die Mitarbeiter und können mittel- und langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen, die für Ausfälle und damit noch höhere Kosten sorgen können.

Lagerroboter: Die Zukunft der Logistik?

Mittlerweile halten auch Roboter immer weiter Einzug in Logistiklager. Sie sollen die Arbeit dort erleichtern und effizienter gestalten – vor allem bei immer gleichen Bewegungsabläufen. Wie Mecalux schreibt, muss hier zwischen Industrierobotern und sogenannten Cobots unterschieden werden:

Industrieroboter sind Maschinen, die industrielle Prozesse präzise ausführen können. „Sie ersetzen weitgehend Handarbeit bei schweren und sich wiederholenden Aufgaben und arbeiten automatisch“, heißt es bei Mecalux. Im Lager werden sie häufig als Regalbediengeräte oder automatische Förderer eingesetzt. 

Cobots (kollaborative Roboter) haben dagegen häufig eine kompaktere und überschaubare Struktur. Sie sollen den menschlichen Mitarbeiter bei der Entwicklung verschiedener Aufgaben in ihrem Arbeitsumfeld unterstützen. Exoskelette, die Menschen beim Heben und Tragen von schwereren Lasten unterstützen, zählen ebenfalls zu den Cobots.

„Klassische“ Anwendungsbereiche für Roboter in der Logistik sind die Entnahme und Lagerung von Waren, der Warentransport zwischen verschiedenen Bereichen und die Unterstützung bei der Kommissionierung. So gibt es beispielsweise Robotermodelle, die Regale bewegen und so die Ware zu den Pickern bringen, damit diese nicht lange Laufwege zurücklegen müssen. E-Commerce-Unternehmen sind an Innovationen in diesem Bereich durchaus interessiert: Vor einigen Jahren hat beispielsweise Amazon einen Wettbewerb in Leipzig abgehalten, um neue Entwicklungen für Picking-Roboter zu fördern und auszuzeichnen. Roboter bieten aber auch die Möglichkeit, die Lagerung von Waren gänzlich neu zu gestalten und so die Regalsysteme anzupassen, um die Arbeit der Roboter zu unterstützen, wie beispielsweise das Warenhaus-System AutoStore demonstriert: 

Durch die Automatisierung und Roboterisierung von Arbeitsabläufen im Lager lassen sich körperlich besonders fordernde Aufgaben an die mechanischen Helfer abgeben und so die menschlichen Mitarbeiter entlasten. Gerade die Entwicklung und Weiterentwicklung von Cobots ist vielversprechend und bietet auch kleineren Lagern die Möglichkeit, Roboter für bestimmte Aufgaben einzusetzen – und so die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen. 

Ergonomie gehört in jedes Lager

Ob nun ein großes oder kleines Budget zur Verfügung steht: Mit den richtigen Maßnahmen lässt sich die Arbeit der Mitarbeiter im Logistiklager angenehmer und schonender gestalten, um ihre Gesundheit zu schützen und die Abläufe effizienter zu gestalten. Angefangen bei der richtigen Einlagerung der Waren bis hin zu modernen Roboter-Systemen, die vollautomatisch Arbeitsabläufe durchführen: Ergonomie gehört in jedes Logistiklager.

Über den Autor

Michael Pohlgeers
Michael Pohlgeers Experte für: Marktplätze

Micha gehört zu den „alten Hasen“ in der Redaktion und ist seit 2013 Teil der E-Commerce-Welt. Als stellvertretender Chefredakteur hat er die Themenauswahl mit auf dem Tisch, schreibt aber auch selbst mit Vorliebe zu zahlreichen neuen Entwicklungen in der Branche. Zudem gehört er zu den Stammgästen in unseren Multimedia-Formaten, dem OHN Podcast und unseren YouTube-Videos.

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