Die ersten Schritte im Online-Handel

Verkaufen als Nebenjob: Der Teilzeit-Online-Händler

Veröffentlicht: 24.01.2024 | Geschrieben von: Corinna Flemming | Letzte Aktualisierung: 24.01.2024
Mann packt Paket ein

Endlich sein eigener Boss sein und nicht mehr in die Taschen anderer wirtschaften, davon träumen viele. Doch wie erreicht man dieses ambitionierte Ziel? Der Weg dahin ist lang und mit vielen, vor allem bürokratischen, Steinen gepflastert. Dass sich der Schritt in das „Haifischbecken“ des Online-Handels dennoch lohnt, zeigen unzählige Beispiele junger Start-ups, die es zu großem Erfolg geschafft haben. Was aber, wenn man eine tolle Idee hat, den sicheren Hafen einer Festanstellung aber noch nicht verlassen will? Ein guter Kompromiss stellt der „Beruf“ des Teilzeit-Online-Händlers dar.

Zugegeben, die Bezeichnung Teilzeit-Online-Händler ist eine Eigenkreation. Niemand, der nebenbei Sachen über das Internet verkauft, würde sich wohl selber so bezeichnen. Und dennoch gibt es sie in Hülle und Fülle. Das zeigen die vielen Einträge, hauptsächlich auf dem Kreativ- und DIY-Marktplatz Etsy. Hier werden ausschließlich selbstgemachte Kreationen angeboten. Verkäufer, die hier angesiedelt sind, wollen aber nicht unbedingt alle das große Geld machen. Manche erhoffen sich auch langfristig nur einen kleinen Nebenverdienst oder betreiben bereits einen stationären Laden und wollen nun die Verkäufe über das Internet ankurbeln. Und dann gibt es wieder diejenigen, die ihr Hobby gerne mit anderen teilen möchten und so den Weg zum Online-Handel gefunden haben. Die Motivationen, neben dem eigentlichen Beruf noch selbstständig zu agieren, sind vielfältig.

Raus aus dem Angestelltenverhältnis

Für David Jahnke war die Motivation von Anfang an klar: Endlich sein eigener Boss sein! Dafür hat er im November 2015 den Online-Shop Smart Concrete ins Leben gerufen und seine Produkte sowohl über Etsy als auch über seine eigene Webseite verkauft. Schon die Suche nach einem passenden Produkt war dem Ziel unterstellt, endlich dem Angestelltenverhältnis Lebewohl zu sagen. Der 37-Jährige ist damals ganz gezielt auf die Suche nach einem gewinnbringenden Artikel gegangen. „Es gibt viele, die Do-it-yourself-Gegenstände haben wollen, aber ohne diese wirklich selber anfertigen zu müssen“, sagt der Wahlberliner. „Da es auch bei YouTube unheimlich viele DIY-Videos gibt, habe ich diesen Markt als interessant angesehen.“ Deshalb hat er sich für den Verkauf minimalistischer Haushalts- und Dekoartikel wie Kaffeemaschinen, Lampenschirme und Uhrenständer aus Beton entschieden. Diesen Werkstoff hat David ganz bewusst ausgewählt, weil er der ganzen Plastikgesellschaft gerne eine Alternative bieten wollte. „Beton wird hauptsächlich für das Bauen von Häusern verwendet, da fand ich es spannend, diesen Werkstoff auch für feinere Alltagsgegenstände einzusetzen.“ 

Der 37-Jährige hat seinen Vollzeitjob in der Verwaltung eines Berliner Unternehmens dafür allerdings nicht aufgegeben. An seinem Online-Shop bastelte er immer dann, wenn er Lust und Zeit hatte. „Ich kann mir die Zeit frei einteilen, das ist ja das Schöne. Es kommt natürlich immer auch auf die Auftragslage an, aber es ist ja nach wie vor noch ein Hobby und soll auch Spaß machen. So handhabe ich es auch“, sagt er. 

Teilzeit-Online-Händler: Was gibt es zu beachten?

Bevor man als Online-Händler allerdings das erste eigene Produkt verkaufen kann, gibt es eine Menge zu beachten. Auch David Jahnke meisterte viele Hürden auf dem Weg zu Smart Concrete. „Was muss ich beachten? Was melde ich wo, wann und wie an? Diese ganzen allgemeinen behördlichen und bürokratischen Regelungen waren in der Anfangszeit eine große Herausforderung.“ Allen Interessenten, die das Eröffnen eines eigenen Online-Shops erwägen, rät er deswegen, sich vorher ganz genau Gedanken zu machen, was es alles zu beachten gibt, wie man das eigene Produkt am besten verkaufen kann und ob man sich dafür entsprechende Marktplätze suchen möchte. Ein ganz wichtiger Punkt für ihn war das Einverständnis seines Arbeitgebers. „Wenn man ein Nebengewerbe betreiben möchte, ist es ganz entscheidend, sich das OK vom Arbeitgeber zu holen. Es darf keine Konkurrenz sein, sonst kann er das dem Antragsteller ganz schnell verbieten.“ 

Aber auch Themen wie Gewerbeschein, Finanzamt, Impressum, Widerrufsbelehrung, Verpackungslizenz und Fotobearbeitung müssen geklärt werden. Hinsichtlich steuerlicher Fragen müssen sich kleine Verkäufer an die Kleinunternehmerregelung halten. Diese besagt, vereinfacht erklärt, dass der Umsatz eines Händlers im vorangegangenen Jahr einen Betrag von 22.000 Euro nicht überschreiten darf, um von der Umsatz- und Gewerbesteuerpflicht befreit zu werden. Lediglich eine jährliche Einkommenssteuererklärung muss dann abgegeben werden. Auch müssen sich Händler, solange sie klein genug sind und einen anderen Job als Hauptberuf ausführen, keine Gedanken um die Sozialversicherung machen und spezielle Versicherungen, wie Haftpflicht oder Sachversicherung abschließen.  

Der Smart Concrete-Betreiber kann sich sehr gut vorstellen, irgendwann in die Selbstständigkeit zu gehen. Dafür nimmt er auch eine längere Wartezeit in Anspruch, denn für seinen großen Traum, sein eigener Boss zu sein, würde sich David Jahnke niemals finanzielle Unterstützung holen. „Ich kann mir nicht vorstellen, Investoren zu suchen. Genau deswegen möchte ich ja selbstständig werden, um eben mein eigener Chef zu sein“, so der Online-Händler. Einzig ein gleichgestellter Partner mit ähnlicher Einstellung käme für ihn infrage. Wann genau er sein Ziel der Selbstständigkeit erreichen wird, kann der Wahlberliner noch nicht sagen. „Das hängt ganz von der Entwicklung von Smart Concrete ab. Im Moment ist es noch ein Hobby und es kommt nicht genug Umsatz rein, um Krankenversicherung, Material, Urlaubstage und einen angemessenen Gewinn finanzieren zu können. Ich habe eine persönliche Umsatzgrenze, die erreicht werden muss. Ob ich das schaffe, weiß ich nicht, aber ich würde es mir wünschen“, fasst er zusammen. 

Mit David Jahnke sprachen wir zum ersten Mal im Jahr 2017 über sein Geschäft. Jetzt – und gut neun Jahre nach dessen Gründung – gibt es den Online-Shop Smart Concrete zwar nicht mehr, David hat seinen Traum von der Selbstständigkeit aber dennoch wahr gemacht und sich inzwischen als Berater für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen ein erfolgreiches Business aufgebaut.

Wie man den Wunsch zur Selbstständigkeit wahr macht

Zwei junge Frauen, die sich den Wunsch der Selbstständigkeit ebenfalls bereits erfüllt haben, sind Franziska und Katharina, die zusammen das Bikini-Label INASKA Swimwear gegründet haben. „Franziska hat schon lange für ihren eigenen Bedarf beim Beachvolleyball einen geeigneten Bikini gesucht und ist einfach nicht fündig geworden. So ist die Idee geboren“, beschreibt Katharina die Anfänge von INASKA, dessen Markenname sich übrigens aus den Namen der beiden Gründerinnen zusammensetzt. Der Online-Shop aus Frankfurt verkauft modische Bikinis, die sich besonders durch die Stabilität bei sämtlichen Strand- und Wassersportarten auszeichnen. Während der Planung für ihren eigenen Shop waren beide noch in festen Arbeitsverhältnissen eingespannt. „Wir sind beide Marketeers und kommen eigentlich aus der Konsumgüterindustrie.“ Schon von Beginn an war die Idee für INASKA mehr als nur ein Hobby nebenbei, sondern sollte sich schnell zu einer konkreten Selbstständigkeit entwickeln.

„Nicht in die Selbstständigkeit zu wechseln, war keine Option mehr“

Franziska und Katharina haben sich noch während ihrer Beschäftigung bei ihrem alten Arbeitgeber mit dem Projekt einer eigenen Bikini-Marke auseinandergesetzt. Planung, Recherche, der Businessplan, die Finanzierungsmöglichkeiten und das Sourcing wurden von den beiden damals Vollbeschäftigten während ihrer Freizeit intensiv betrieben. Für die Finanzierung hatte man eigene Ersparnisse und einen KfW-Kredit. „Der Wille war von Anfang an da und irgendwann war der Businessplan dann so ausgereift, dass es eigentlich keine Option mehr war, ihn nicht in die Tat umzusetzen“, erklärt Katharina den entscheidenden Schritt in die Selbstständigkeit. Doch dieser Schritt war nicht immer einfach und es gab einige Stolpersteine zu überwinden. „Der Einkauf beziehungsweise die Produktion kostete einiges an Nerven. Besonders, wenn etwas schiefgeht, kann man erst einmal nicht schnell reagieren. Hier haben wir anfangs einiges an Lehrgeld zahlen müssen, aber so etwas bleibt nicht aus“, geben die Gründerinnen zu. Dennoch haben die beiden den Sprung ins kalte Wasser nie bereut. „Das Geschäft hat sich hervorragend entwickelt“, resümieren die beiden Frankfurterinnen. Ihr Business läuft nach wie vor erfolgreich.

Online-Händler, die sich ebenfalls mit dem Gedanken an eine Selbstständigkeit beschäftigen, geben die beiden folgenden Tipp mit auf den Weg: „Man sollte definitiv auf alles gefasst sein und den eigenen Puffer, sowohl monetär als auch zeitlich, am besten noch einmal um das zwei- bis dreifache erhöhen. Gründer müssen außerdem ein wenig Geduld mitbringen. Es läuft nicht sofort ab Tag eins, das bedeutet aber nicht, dass es das Produkt nicht schaffen wird. Es müssen nur erst einmal genug Menschen davon wissen.“

Der Beitrag ist ursprünglich im Onlinehändler Magazin im Oktober 2017 erschienen und wurde für die Online-Veröffentlichung aktualisiert.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

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Über die Autorin

Corinna Flemming
Corinna Flemming Expertin für: Internationales

Nach verschiedenen Stationen im Redaktionsumfeld wurde schließlich das Thema E-Commerce im Mai 2017 zum Job von Corinna. Seit sie Mitglied bei den OnlinehändlerNews ist, kann sie ihre Liebe zur englischen Sprache jeden Tag in ihre Arbeit einbringen und hat sich dementsprechend auf den Bereich Internationales spezialisiert.

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