Öffentliches Fachgespräch zum Thema „Kartellrecht und Plattformen“

Veröffentlicht: 14.04.2016 | Geschrieben von: Luisa Meister | Letzte Aktualisierung: 14.04.2016

Am 13.April 2016 fand eine öffentliche Sitzung zum Thema „Kartellrecht und Plattformen“ in Berlin statt. Die geladenen Sachverständigen wurden bei dem Fachgespräch zu einer Bewertung hinsichtlich der Frage gebeten, ob die Instrumentarien des nationalen und europäischen Kartell-, Wettbewerbs- und Fusionskontrollrechts ausreichend sind, um den Wettbewerb bei Plattformanbietern sicherzustellen. Dies bejahten die Experten grundsätzlich und analysierten dabei unter anderem die Vor- und Nachteile von Plattformen und deren Netzwerkeffekte auf den Wettbewerb.

Wettbewerb

(Bildquelle Wettbewerb: alphaspirit via Shutterstock)

Nach Ansicht Ansgar Baums, Leiter der Berliner Geschäftsstelle des Unternehmens Hewlett Packard (HP), gebe es derzeit eine zu einseitige Betrachtung des Begriffs Digitale Plattformen auf wenige große Player, die verstärkt die Grundprinzipien des gegenwärtigen Wettbewerbsrechts anzweifle. So könnte im Hinblick auf das Kriterium der „Datenmacht“ eine zu starke regulatorische Maßnahme gegenüber Plattformen zu erheblichen Verunsicherungen im Wettbewerb führen und Markteintrittsbarrieren schaffen. Baums begrüßte daher im Hinblick auf künftige Regulierungsansätze durch die Politik eine behutsame und flexible Vorgehensweise.

Plattformen intensivieren Wettbewerb

Aus Sicht von Professor Justus Haucap, Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie, führen Plattformen zu einer Intensivierung des Wettbewerbs, da für Verbraucher bessere Vergleichsmöglichkeiten und neue Absatzwege für Händler und Anbieter geschaffen werden. Dennoch warnte er aus wettbewerbsökonomischer Sicht vor einer Monopolisierung einzelner Plattformen. Sowohl Exklusivitätsklauseln als auch kartellrechtliche Marktabgrenzungen müssten demnach künftig überprüft und weiterentwickelt werden.

Hinsichtlich des Themas Datenschutz sieht Haucap ein Politikversagen bei der Regulierung. So bestehe bei der Anpassung an den technischen Fortschritt und im Bereich Digitalisierung ein großer Handlungsbedarf. Für die Durchsetzung des Datenschutzrechts wären jedoch die Datenschutzbehörden und nicht das Bundeskartellamt verantwortlich.

Daten als neues Zahlungsmittel

Im Hinblick auf das soziale Netzwerk Facebook begrüßte Dr. Miika Blinn, Referent beim Team Digitales und Medien in der Verbraucherzentrale Bundesverband, das aktuelle Verfahren seitens des Bundeskartellamtes. Er verwies auf die wachsende Bedeutung von Daten als „Zahlungsmittel der Nutzer“. Da viele Verbraucher keine adäquate Alternative zu Facebook sehen, sei es wichtig, das Handeln des Unternehmens kartellrechtlich zu bewerten und gesetzeswidrige Datenschutzpraktiken zu unterbinden.

Auch Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, äußerte sich zum aktuellen Kartellverfahren. Im Falle des Nachweises einer marktbeherrschenden Stellung von Facebook, werde vonseiten der europäischen Kartellbehörden auf die Durchsetzung der nationalen und europäischen Datenschutzrechte gedrungen. Es sei jedoch angesichts der dynamischen und komplexen Märkte schwierig, gesetzliche Regulierungen zu definieren.

Vertriebswege sollen auch für kleine Händler offen bleiben

Im weiteren Verlauf der Sitzung verwies Mundt auf die Problematik von Vertriebsbeschränkungen durch namhafte Hersteller, beispielsweise Adidas oder Asics, die gerade in der Vergangenheit kleinen Händlern auf Plattformen den Markteintritt verwehrt haben. Das Bundeskartellamt werde sich daher künftig dafür einsetzen, ausgleichende Modelle für einen fairen Wettbewerb zu schaffen, sodass Vertriebswege auch für kleine Händler offen bleiben.

Zum Thema Vertriebsbeschränkungen in Online-Shops und auf Verkaufsplattformen hatte bereits am 17. Februar 2016 ein Treffen zwischen dem Bundeskartellamt und dem Händlerbund stattgefunden. Dabei wurde seitens des Händlerbundes auf indirekte Vertriebsbeschränkungen hingewiesen, die Hersteller des Öfteren nutzen, um den Verkauf über Plattformen einzuschränken. Mehr Informationen finden Sie hier.

Fazit

Die wirtschaftliche Bedeutung des Wettbewerbs auf und zwischen Online-Plattformen nimmt angesichts der fortschreitenden Digitalisierung weiter zu. Damit sich die europäischen Unternehmen auch global weiter behaupten können, ist seitens des Gesetzgebers eine behutsame Fortentwicklung und Anpassung des nationalen und europäischen Kartell-, Wettbewerbs- und Fusionskontrollrechts an die digitalen Entwicklungen erforderlich.

Um diesem Ziel gerecht zu werden, wird die EU-Kommission bereits Mitte des Jahres 2016 einen Bericht zu der im letzten Jahr im E-Commerce-Sektor durchgeführten Sektorenuntersuchung veröffentlichen, die Hindernisse und Verstöße beim grenzüberschreitenden Handel mit Waren und Dienstleistungen aufzeigen soll. Auch unser Dachverband E-Commerce-Europe veröffentlichte bereits am 06.04.2016 ein Positionspapier an den EU-Gesetzgeber zum Thema „Online-Plattformen“.

Es bleibt also weiterhin spannend, wenn es um die großen Player auf dem Markt geht.

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.