Gericht der Europäischen Union

EU-Kommission hat bei Schutz geografischer Angaben eigenen Ermessensspielraum

Veröffentlicht: 17.07.2023 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 17.07.2023
Schinken auf Marktstand

Ob Champagner, Allgäuer Bergkäse oder die Thüringer Rostbratwurst – diese Produkte sind nicht nur allseits bekannt, sondern auch in besonderer Weise geschützt. Denn geografische Angaben oder auch garantiert traditionelle Spezialitäten können bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln durch das EU-Recht geschützt werden. Dabei wird unterschieden zwischen „geschützter Ursprungsbezeichnung“, „garantiert traditionellen Spezialitäten” und den „geschützten geografischen Angaben”.

Bei der geschützten Ursprungsbezeichnung müssen dabei alle Produktionsschritte in dem betreffenden Gebiet erfolgen. Hingegen genügt es bei der geschützten geografischen Angabe, dass nur ein Produktionsschritt im Herkunftsgebiet durchlaufen wird. 

Erfüllt man die Kriterien, kann die Eintragung des Namens bei der jeweiligen Behörde beantragt werden. Das tat auch ein Interessenverband korsischer Metzger im Jahr 2015, um den Namen eines Schinkens eintragen zu lassen. Doch die Eintragung scheiterte vor der EU-Kommission, nachdem die französische Behörde sie schon genehmigt hatte. Wie das Gericht der Europäischen Union (EuG) nun mit einem Urteil entschied, war die EU-Kommission dazu berechtigt, ein eigenständiges Ermessen auszuüben.

Ablehnung wegen Verwechslungsgefahr

Der Interessenverband der korsischen Metzger beantragte bei den französischen Behörden die Eintragung des Namens „Jambon sec de l’Île de Beauté” als geschützte geografische Angabe für einen Schinken. Die französische Behörde genehmigte die Produktspezifikation und übermittelte diese wiederum der Europäischen Kommission zur Genehmigung.

Ein anderer Verband, der die geschützte Ursprungsbezeichnung „Jambon sec de Corse – Prisuttu“ seit 2014 innehat, klagte dagegen mit dem Argument, der Begriff „Île de Beauté" würde den Begriff „Corse" (Korsika) nachahmen oder auch darauf anspielen. Jedenfalls würde er zu einer Verwechslung führen, da „Île de Beauté“ „Insel der Schönheit“ bedeutet und als Beiname für die Insel Korsika verwendet wird. Die Klage wurde durch den Staatsrat abgewiesen.

Die EU-Kommission lehnte die Eintragung des Namens „Jambon sec de l’Île de Beauté” als geschützte geografische Angabe jedoch ab und stimmte der Möglichkeit einer Verwechslung zu, da französischen Verbraucher:innen mit „Île de Beauté“ eindeutig Korsika assoziieren. Der Name verletze damit den Schutz der bereits eingetragenen geschützten Ursprungsbezeichnung und sei nicht eintragungsfähig.

Gericht gewährt Kommission eigene Entscheidung

Dagegen klagten wiederum die korsischen Metzger, doch der EuG (Urteil vom 12.07.2023, Rs. T-34/22) hat die Klage nun abgewiesen und erklärt, dass die EU-Kommission ihre Befugnisse nicht überschritten hat, erläutert beck-aktuell. Vielmehr durfte die EU-Kommission prüfen, ob die Verwendung des neuen Namens den vorgesehenen Schutz gegen Anspielung verletze. Bei einer Eintragung des neuen Namens würde nämlich der Schutz des bereits eingetragenen Namens ins Leere laufen. 

Soll im Ergebnis heißen: Die EU-Kommission ist nicht zur Bewilligung der Eintragung eines Namens verpflichtet, wenn für sie Gründe dagegen sprechen. Die Kommission ist somit nicht an die vorherige Beurteilung der nationalen Behörde gebunden. Sie müsse sicherstellen, dass keine offensichtlichen Fehler vorliegen und sowohl das Unionsrecht als auch die Interessen anderen berücksichtigt werden. Auch stellte das EuG klar, dass die eigenständige Beurteilung der Eintragungsvoraussetzungen durch die Kommission nicht mit einer rechtskräftigen Entscheidung eines nationalen Gerichts infrage gestellt werden dürfe.

Sie wollen immer über die neuesten Entwicklungen im Online-Handel informiert sein? Mit unseren Newslettern erhalten Sie die wichtigsten Top-News und spannende Hintergründe direkt in Ihr E-Mail-Postfach – Jetzt abonnieren!

Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Julia Petronis

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.