Fernunterrichtsschutzgesetz

Wann sind Coaching-Verträge nichtig?

Veröffentlicht: 24.11.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 24.11.2023
Geschäftsfrau, die über Laptop einen Videoanruf zum Geschäftspartner führt

Coachings werden im Netz in Hülle und Fülle angeboten. Sie richten sich an Privatpersonen, aber auch an Unternehmer:innen. Häufig liest man, dass Interessierte auf eher unseriöse Angebote hereinfallen und sich dann nur schwer lösen können. Das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 01.03.2023, Aktenzeichen: 3 U 85/22) hat nun einen Weg aufgezeigt.

Unternehmensberatung für Frauen

Im Zentrum des Urteils steht ein Konflikt zwischen einem Coach und einer Unternehmerin: Der Coach bot über das Internet Online-Unternehmensberatung speziell für Frauen an. Eine Unternehmerin entschied sich für einen Vertrag über zwölf Monate mit einer monatlichen Vergütung von 2.200,- EUR netto. Das umfangreiche Leistungspaket beinhaltete unter anderem:

  • Wöchentliche Live Calls (insgesamt 7)
  • 1:1 Calls nach Bedarf
  • WhatsApp-Support
  • Zugang zum Mitgliederbereich
  • Klare Positionierung
  • Professionalität im Verkauf und nach außen
  • Optimierung und Skalierung des Verkaufsprozesses
  • Mitarbeiterrekrutierung und Führung

Im Verlauf entschied sich die Unternehmerin dazu, den Vertrag nicht weiter fortzusetzen. Als Reaktion darauf verklagte der Coach sie auf Zahlung der vereinbarten Vergütung. Das Gericht hat jedoch die Klage abgewiesen

Fehlende Zulassung macht Vertrag unwirksam

Der entscheidende Grund für die Abweisung der Klage lag darin, dass der Coach keine Zulassung gemäß dem Fernunterrichtsschutzgesetz besaß. Eine solche Zulassung ist erforderlich, wenn die Überwachung des Lernerfolgs vorgenommen wird. Dieser Punkt war Gegenstand der Auseinandersetzung zwischen dem Coach und der beklagten Unternehmerin. Die schriftlichen Unterlagen enthielten keine Hinweise darauf, dass eine solche Überwachung beispielsweise durch Prüfungsaufgaben erfolgte. Dennoch konnte die Beklagte ein aufgezeichnetes Videotelefonat vorlegen, in dem der klagende Coach erwähnte, dass Sprechstunden, ein WhatsApp-Support für Rückfragen und Zugang zur Akademie vorhanden seien. In der Akademie gäbe es Prüfungen und Checklisten.

Diese Elemente reichten nach Auffassung des Gerichts aus, um die Überprüfung von Lerninhalten zu bestätigen. Es war nicht entscheidend, dass der Coach eine individuelle Kontrolle durchführte. „Der Einwand, es gebe nur Dokumente und Checklisten, aber keine individuellen Prüfungsaufgaben, ist unerheblich, weil individuelle Prüfungsaufgaben nicht Voraussetzung für eine Überwachung des Lernerfolgs sind. Vielmehr reicht die - hier angebotene - Möglichkeit zur Rücksprache aus“, so das Gericht.

Der Kläger konnte sich auch nicht darauf berufen, dass es sich um einen B2B-Vertrag handelte. Das Fernunterrichtsschutzgesetz bezieht sich nicht ausschließlich auf Verbraucher:innen, sondern ist gleichermaßen auf B2B-Geschäftsbeziehungen anwendbar.

Infolgedessen benötigte der Coach eine Zulassung. Ohne diese Zulassung durfte er seine Dienstleistungen nicht anbieten, was wiederum die Ungültigkeit des Vertrags zur Folge hat. Dadurch ist die Unternehmerin nicht nur aus dem Vertrag entlassen, sondern kann auch bereits gezahlte Beträge zurückfordern.

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#1 Torsten 2023-12-04 13:59
Sehr interessant. Das würde aber doch auch bedeuten, dass vermutlich 99 % der Coaching-Angebo te illegal sind? Ich habe täglich solche Angebote und habe auch selbst schon den Weg einschlagen wollen (den ich aber dann verworfen habe).
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