Kundenservice wider Willen

Über ein Jahr Widerrufsrecht: Mit diesem Fehler kann es deinen Shop treffen

Veröffentlicht: 07.05.2024 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 07.05.2024
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Das Widerrufsrecht endet grundsätzlich 14 Tage nach der Lieferung. So weit so gut. Einige Shops sind sogar so kundenfreundlich und gehen auf einen Monat hoch. Im Maximum können es sogar einmal 90 Tage sein, wenn eine gesonderte Rücknahmegarantie angeboten wird. Aber ein Jahr ist wirklich zu viel des Guten. Ein ganzes Jahr Widerrufsrecht ist jedoch möglich, wenn man das Gesetz genau liest. Der Käufer eines Teslas wollte sich genau das zunutze machen.

Verlängertes Widerrufsrecht bei Fehlern in der Widerrufsbelehrung

Dass für alle online bestellten Waren ein grundsätzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen besteht, ist den meisten Menschen bekannt. Und ja, davon macht auch der Online-Autokauf keine Ausnahme. Auch der Autobauer Tesla bietet seine Wagen im Internet an und verwendet eine entsprechende Widerrufsbelehrung. Die war jedoch lückenhaft. Und das, so will es das Gesetz, kann einem Online-Shop ziemlichen Ärger einbringen.

Die Widerrufsfrist beginnt erst zu laufen, wenn über das Widerrufsrecht richtig unterrichtet wurde. Bei einer fehlerhaften oder unvollständigen Widerrufsbelehrung verlängert sich die Widerrufsfrist auf maximal 12 Monate nach Ablauf der eigentlichen Widerrufsfrist. Die Frist beträgt dann insgesamt 12 Monate und 14 Tage oder entsprechend der gewählten Widerrufsfrist im Shop auch länger. Erst danach erlischt das Widerrufsrecht. Wie genau diese Information zu erfolgen hat, um das Schreckensszenario auszulösen oder zu verhindern, hatte jetzt ein Gericht zu beantworten.

Eine ausgedehnte Probefahrt für Tesla-Käufer

Nachdem ein Käufer bei Tesla einen Wagen bestellt hatte, widerrief er den Vertrag, obwohl die 14-tägige Widerrufsfrist bereits verstrichen war. Er argumentierte, sein Widerruf sei trotzdem gültig, da die Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung gefehlt habe und dieser rechtliche Fehler dazu führe, dass die gesetzliche Frist von einem Jahr Anwendung finden müsse. Das Gericht stellte sich jedoch glücklicherweise auf die Seite des Online-Handels.

Eine unvollständige Widerrufsbelehrung, bei der die Telefonnummer des Unternehmens nicht angegeben ist, führt nicht zur Verlängerung der Widerrufsfrist auf ein Jahr. Vielmehr bleibt die reguläre Frist von 14 Tagen bestehen, urteilte das Landgericht Arnsberg (Urteil vom 22.02.2024, Az.: 4 O 273/23). Grund ist nach Auffassung des Gerichts, dass eine „ausreichende Information des Verbrauchers über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über das Muster-Widerrufsformular“ genüge. Auf die Telefonnummer komme es dabei nicht unbedingt an.

Praxistipp: So gewährt man nur die minimale Widerrufsfrist

Wie bereits erwähnt, muss man, um die Widerrufsfrist ordnungsgemäß in Gang zu setzen, vorschriftsmäßig über das Widerrufsrecht unterrichten. Ein Unternehmen kommt dieser Pflicht mit folgenden Punkten nach:

  1. Der Shop verfügt über eine vollständige und dem geltenden Recht entsprechende Widerrufsbelehrung.
  2. Diese Widerrufsbelehrung ist im Shop gut sichtbar, z. B. über eine eindeutig beschriftete Schaltfläche, die auf jeder Shop-Unterseite aufrufbar ist. Ein gesondertes Abhaken im Check-out ist übrigens nicht erforderlich, die reine Information reicht.
  3. Außerdem, und das ist in vielen Shops und auf Plattformen die Achillesferse, muss die Widerrufsbelehrung nach Vertragsschluss noch einmal in Textform übermittelt werden (z. B. mit der Bestell- und/oder Auftragsbestätigung).

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, beginnt die Widerrufsfrist mit der Lieferung und endet in der Regel 14 Tage später.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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