Störerhaftung

Droht eine Abmahnwelle für Anbieter offener WLANs?

Veröffentlicht: 04.09.2023 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 04.09.2023
Free-Wifi-Schild auf Tresen

Viele Geschäfts- oder Restaurantbetreiber bieten ihren Kunden WLAN an. Bis 2017 war das eine relativ riskante Sache: Als Anbieter eines Hotspots lief man Gefahr, sich teure Abmahnungen und Schadensersatzforderungen einzuhandeln, wenn ein Nutzer über diesen Zugang einen Urheberrechtsverstoß beging, etwa durch Filesharing. Dieser Situation schob der Gesetzgeber dann mit einer Änderung im Telemediengesetz (TMG) einen Riegel vor. 

Eine Gesetzesänderung könnte die Tore nun aber wieder öffnen: Im Zuge des Digital Services Acts wird zurzeit am neuen Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) gearbeitet. Die entscheidende Regelung findet sich hier allerdings nicht mehr, wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) herausgearbeitet hat. 

Revival nach Abschaffung der Störerhaftung 2017?

Knackpunkt ist die sogenannte Störerhaftung. 2016 hatte ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) für Rechtsunsicherheit gesorgt: Sollte ein Nutzer über ein offenes WLAN-Netz Urheberrechtsverstöße begangen haben, so bedeutete das für den WLAN-Anbieter das Risiko von Schadensersatzforderungen und kostenpflichtigen Abmahnungen. 

Formell geändert hat sich diese Situation durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes. Diensteanbieter können seitdem nicht mehr ohne Weiteres „wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden“, so § 8 Abs. 1 S. 2 TMG auszugsweise. Das Anbieten öffentlich zugänglicher WLANs wurde dadurch erheblich erleichtert, schließlich sank die Gefahr, dass man für die Taten irgendwelcher Internetnutzer herangezogen werden konnte. Zugleich erhielten Urheberrechtsinhaber aber die Möglichkeit, per gerichtlicher Anordnung eine Passwort- oder Verschlüsselungspflicht für den WLAN-Anbieter durchzudrücken bzw. den Dienst für die Nutzer gar ganz zu sperren. 

Gesetzesbegründung thematisiert Angst vor Abmahnungen – ohne Lösung?

Nun wird aber eben an neuen Vorschriften gewerkelt, und diese greifen zwar die Regelung zu Netzsperren auf, nicht aber jene zur Abschaffung der WLAN-Störerhaftung, worauf der VZBV in einer Stellungnahme aufmerksam macht. 

Hintergrund der Arbeiten ist folgender: Ende 2022 trat der Digital Services Act in der EU in Kraft, der insbesondere Anbietern digitaler Plattformen neue Sorgfaltspflichten auferlegt und beispielsweise verlangt, dass illegale Inhalte schnell gelöscht werden. Im Zuge dessen muss auch das deutsche Recht angepasst werden. Erfolgen soll das durch das Digitale Dienste Gesetz. Hier vorgesehen ist die Aufhebung derjenigen Regelung im TMG, mit welcher die Störerhaftung abgeschafft wurde – ohne dass dafür ein Ersatz im DDG geschaffen wird.

„Unverständlich“ nennt die Stellungnahme des VZBV diese Tatsache. „Obschon in der Gesetzesbegründung des DDG-E die Gründe für die seinerzeitige Änderung des TMG genannt werden, nämlich die Angst vor Abmahnungen, fehlt im Referentenentwurf in § 7 DDG-E die entscheidende Passage, die diese Angst ausgeräumt hat beziehungsweise ausräumen kann“, so die Stellungnahme weiter. Der weiterhin erforderliche Kompromiss zwischen der Förderung des Aufbaus öffentlicher WLANs und dem Schutz gewerblicher Schutzrechte werde aufgekündigt. Der Gesetzgeber müsse sicherstellen, dass keine erneute Abmahnwelle für Anbieter öffentlicher WLAN-Netze drohe, fordert der Verbraucherschutzverband. 

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