Kampf gegen Kinderpornografie

Anwaltschaft kritisiert geplante Chatkontrolle

Veröffentlicht: 14.09.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 14.09.2023
Handtippen von Frauen auf Handy

Zu den Kernwerten unserer Demokratie gehört neben dem Recht auf freie Meinungsäußerung auch die Unschuldsvermutung. Diese Kernwerte sieht der Anwaltverein durch die geplante Chatkontrolle der EU in Gefahr.

Kontrolle privater Chats

Bereits in zwei Wochen sollen die EU-Staaten die umstrittene Chatkontrolle beschließen. Dies geht aus einem internen Protokoll hervor, welches Netzpolitik.org vorliegt. Bereits seit anderthalb Jahren wird über den Gesetzesentwurf verhandelt. Das Thema ist kritisch: Schließlich geht es um den Schutz von Kindern auf der einen Seite und um den Eingriff in die Privatsphäre auf der anderen Seite. 

Das geplante Gesetz soll Unternehmen, die Internetdienste anbieten, dazu verpflichten, die Inhalte von Nutzer:innen zu durchsuchen. Sie sollen dabei gezielt nach strafbarer Kinderpornografie und anderen kritischen Verhalten, wie etwa Grooming, suchen und entsprechende Meldungen an ein EU-Zentrum weiterleiten. Die Durchsuchung der privaten Kommunikation soll anlasslos geschehen. 

Kampf zum Schutz der Kinder um jeden Preis?

Kritik an dem Gesetz gibt es von allen Seiten. Nun hat sich auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) einem offenen Brief an die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten angeschlossen. „Das Recht auf Privatsphäre, die freie Meinungsäußerung und die Unschuldsvermutung sind wesentliche Kernwerte der Europäischen Union. Sie alle werden durch den Entwurf in seiner jetzigen Form gefährden“, wird Rechtsanwalt Dr. David Albrecht, Mitglied im Ausschuss Gefahrenabwehrrecht des DAV dazu von der LTO zitiert

Offenbar ist man auch auf EU-Ebene nicht so überzeugt von der Korrektheit des Gesetzes. So äußerte selbst der Wissenschaftliche Dienst im Europaparlament Kritik. Die geplanten Maßnahmen seien wenig wirksam. Zwar würden die Meldungen zu Vorfällen nach oben gehen, allerdings dürfte die Genauigkeit der Treffer abnehmen. Gleichzeitig sei eine Überlastung der Ermittlungsbehörden zu fürchten. 

„Nur selten legen Expertisen des Europäischen Parlaments ein so vernichtendes Urteil zu Gesetzesvorhaben der EU-Kommission vor“, wird FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner an anderer Stelle von der LTO zitiert. Die Bundesregierung selbst sieht das Vorhaben auch kritisch. In einer Stellungnahme heißt es: „Aus Sicht der Bundesregierung sind wesentliche Änderungen im Verordnungsentwurf erforderlich, damit diese aus deutscher Sicht zustimmungsfähig wird.“

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Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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