Abmahnmissbrauch

Darf der Ido Verband (noch) Vertragsstrafen fordern?

Veröffentlicht: 12.04.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 13.04.2023
Geschäftsmann sitzt am Tisch mit Rechnungen

Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs sorgte Ende 2020 für diverse Änderungen im Bereich wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen. Seit dem 1. Dezember 2020 müssen Verbände in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sein. Bisher nicht dabei: Der Ido Interessenverband. Darf der Verband trotzdem weiterhin Vertragsstrafen aus älteren Abmahnungen verlangen, auch wenn es zudem immer wieder Vorwürfe des Rechtsmissbrauchs gibt?

Altfälle werden weiter verfolgt

Der Ido Verband findet sich bisher nicht auf der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände. Praktische Folge: Er darf derzeit keine wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen aussprechen. Und das ist, soweit uns bekannt, auch nicht der Fall. Worüber uns Händler jedoch laufend berichten, sind die Schreiben des Verbandes, in denen sie zur Zahlung einer Vertragsstrafe aufgefordert werden. Wie passt das zusammen und ist es legal?

Grundsätzlich gilt: Wer einmal eine Unterlassungserklärung unterzeichnet hat, ist ein Leben lang an deren Inhalt gebunden. Wird die Unterlassungserklärung unterzeichnet und der zur Unterlassung Verpflichtete hält sich an die Vorgaben der Unterlassungserklärung, hat er nichts zu befürchten. Wiederholt er allerdings den abgemahnten Fehler, droht die Zahlung einer, mitunter sehr hohen, Vertragsstrafe. Und das ist Alltag für Online-Händler.

Und das Ganze gilt auch unverändert, auch wenn sich später herausstellt, dass die Abmahnung unberechtigt, sie beispielsweise rechtsmissbräuchlich, war. Unterlassungserklärungen, die gegenüber dem Ido Verband unterschrieben wurden, sind also nicht automatisch hinfällig, sondern bestehen zunächst weiter fort.

Unterlassungsvertrag muss gekündigt werden

Der Verdacht lag zwar seit jeher nahe, dass es dem Ido Verband nicht um einen fairen Wettbewerb geht, sondern um die Erzielung von Einnahmen. Viele Jahre wurde das jedoch nicht gerichtlich bestätigt. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Unterlassungserklärung war also für die einzelnen Betroffenen noch gar nicht sicher, ob/dass die Abmahnung rechtsmissbräuchlich war. 

Betroffene Händler haben jedoch die Möglichkeit der Kündigung der Unterlassungserklärung, wenn sie für ihren Fall ebenfalls einen Rechtsmissbrauch vermuten. Das wiederum muss jedoch für den konkreten Fall, und darauf wird es der Ido Verband auch ankommen lassen, ebenfalls gerichtlich festgestellt werden. Im deutschen Recht kann man sich also nicht auf andere Urteile berufen, die bereits ergangen sind. Zwar haben viele Gerichte in Einzelfällen zulasten des Verbandes entschieden, der BGH konnte zuletzt jedoch keinen Missbrauch für den konkreten Fall sehen. Damit steht zumindest fest: Versuch macht klug, kostet aber Geld.

Die Kosten für die Kündigung des Unterlassungsvertrages (z. B. Rechtsanwaltskosten) können nicht beim Abmahner verlangt werden, sofern diesem kein Schädigungsvorsatz nachgewiesen werden kann. Jedes Vertragsstrafeschreiben muss also für sich genommen wieder vom Anwalt geprüft und das weitere Vorgehen besprochen werden.

Wer die Vertragsstrafe bereits gezahlt hat: Selbst wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der Abmahner rechtsmissbräuchlich gehandelt hat, gibt es keinen automatischen Anspruch auf Rückzahlung einer bereits geleisteten Vertragsstrafe (vgl. OLG Köln, Urteil vom 09.12.2022, Az.: 6 U 46/22).

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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