AGB und mehr

Vertragsklausel unwirksam: Was bedeutet das eigentlich?

Veröffentlicht: 31.08.2023 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 31.08.2023
Person unterzeichnet Vertrag

Flammen tun sich auf, eine Hand streckt sich aus und reicht eine Pergamentrolle und einen Federkiel. So in etwa zeigt sich häufig der „Pakt mit dem Teufel“ – und signalisiert: Was einmal vertraglich vereinbart ist, so übel es noch sein mag, hat auf Ewigkeit Bestand. Oder zumindest für die vertraglich vereinbarte Dauer. 

Das Prinzip der Privatautonomie, nach welchem jeder seine privaten Rechtsgeschäfte und -verhältnisse so gestalten darf, wie er eben möchte, ist ein hohes Gut, aber gilt eben auch nicht grenzenlos. So sorgen beispielsweise die AGB-Kontrolle oder die Sittenwidrigkeit dafür, dass bestimmte Vereinbarungen eben doch nicht wirksam ausgemacht werden können. Das dient dem Schutz vor unangemessener Benachteiligung. Außerhalb der bestehenden Grenzen sind Vertragspartner allerdings vor dieser nicht unbedingt gefeit – selbstredend können vertragliche Vereinbarungen auch Pflichten begründen. 

Beispiele für unwirksame Klauseln gibt es viele 

Zur Unwirksamkeit einer Klausel können diverse Gründe führen. Im Rahmen des AGB-Rechts gibt es beispielsweise konkrete Klauselverbote, die auch dann berücksichtigt werden müssen, wenn das Abweichen von gesetzlichen Vorgaben grundsätzlich möglich ist. 

Ein Beispiel ist der allumfassende Haftungsausschluss, der, verlockend für den Anbieter, immer mal wieder in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auftaucht. Haftungsausschlüsse sind in vielen Fällen eine gute Idee, aber nur beschränkt umsetzbar. Das gilt selbst für AGB, die zwischen reinen Privatpersonen geschlossen werden. Riskant kann Nichtwissen über die (Un)Wirksamkeit der Klauseln hier für beide Seiten sein – für den Verwender der AGB, weil sich mit einer unwirksamen Klausel prinzipiell erhebliche Haftungsrisiken ergeben können, für den anderen Part, weil dieser womöglich unnötigerweise von einer falschen Rechtslage ausgeht und potenzielle Ansprüche gar nicht erst geltend macht. Zur Unwirksamkeit können bei AGB aber nicht nur gesetzliche, inhaltliche Verbote führen, sondern zum Beispiel auch eine fehlerhafte Einbeziehung der Klauseln, eine unklare und unverständliche Formulierung oder schlicht überraschende Klauseln, die sich beispielsweise an einer Stelle im Klauselwerk verstecken, bei der man mit der Regelung einfach nicht rechnet. 

Und auch außerhalb der allgemeinen Geschäftsbedingungen, bei individuell vereinbarten Vertragsbestimmungen, bestehen Grenzen – etwa in Form des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden, kurz: den guten Sitten. Letztlich kann jede Form von Vereinbarung so auf ihre Vereinbarkeit mit der Rechtsordnung geprüft werden. Beurteilt werden muss dabei natürlich der konkrete Einzelfall. Grobe Beispiele sind aber Knebelverträge oder auch Wucher – also die Situation, dass es ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung gibt. 

Kritische Klausel: Und jetzt?

Für Betroffene, ob Profi oder Laie, kann es mitunter schwer erkennbar sein, welche Konsequenz eine vereinbarte Klausel nach sich zieht. Manchmal ist es letzten Endes vielleicht – bis zu einer verbindlichen gerichtlichen Klärung – schlichtweg nicht eindeutig feststellbar. Dann geht es um die Beurteilung der bestehenden Risiken und das Treffen einer informierten unternehmerischen Entscheidung. 

Diese Risiken wiederum werden gar nicht so selten falsch beurteilt. Abseits der Vorstellung „unterschrieben ist unterschrieben“, wird beispielsweise manchmal pauschal die Unwirksamkeit des gesamten Vertrags wegen der Unwirksamkeit einer einzelnen Klausel angenommen. Hin und wieder versuchen sich AGB-Verwender auch mit bestimmten Formen der sogenannten salvatorischen Klausel zu retten und legen etwa fest: Sollte sich herausstellen, dass ich es mit meiner Klausel vielleicht übertrieben habe, so soll einfach die Auslegung gelten, die sich gerade noch so mit der Gesetzeslage vereinbaren lässt und den ursprünglich verfolgten Zielen – meinen Zielen – am nächsten kommt. Für den, der die AGB vorgibt, ist das ein trügerisches Gefühl der Sicherheit. 

Grundsätzlich kann hier festgehalten werden: Ist eine Klausel hinfällig, bleibt der restliche Vertrag grundsätzlich dennoch wirksam, es sei denn, das Festhalten am Vertrag würde eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen. 

„Was wäre denn gerade so noch erlaubt?“

Auch die verlockende „geltungserhaltende Reduktion“, also die Regelung, dass an die Stelle der unwirksamen AGB-Klausel eine dieser möglichst nahekommende Regelung gesetzt wird, ist in aller Regel nicht von Erfolg gekrönt – da ebenfalls unwirksam. Das Gesetz steht sich hier selbst am nächsten und regelt, dass die Lücke, sofern möglich, mit den gesetzlichen Vorgaben gefüllt wird. Geht es aber zum Beispiel um einen der eher seltenen Fälle der Sittenwidrigkeit, ist das entsprechende Rechtsgeschäft von Anfang an nichtig. 

Die konkrete Konsequenz der Unwirksamkeit einer Klausel ist damit ein wichtiger Fakt, wenn es darum geht, einen Vertrag einzugehen. So könnte sich im jeweiligen Regelwerk, dem man sich verpflichten will, durchaus eine unangemessen benachteiligende Regelung finden und der Vertrag dennoch eingegangen werden – weil diese Regelung, die etwa laut den Vorgaben der AGB-Kontrolle unwirksam ist, durch eine solche ersetzt werden wird, mit der man gut leben kann und auch sonst keine Nachteile entstehen, die man nicht hinnehmen will. 

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