Wir wurden gefragt

Dürfen Arbeitnehmende die KI einfach für sich arbeiten lassen?

Veröffentlicht: 05.01.2024 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 05.01.2024
Schatten einer Frau an einem Notebook vor dem Logo von ChatGPT

Die Chefin will von ihrem Assistenten einen Brief geschrieben haben. Kein Problem. Dank ChatGPT ist der Brief so schnell fertig wie noch nie. Die Anwältin verlangt von ihrer Referendarin eine Klageerwiderung. Auch hier kann die KI behilflich sein. Aber: Dürfen Arbeitnehmer:innen überhaupt einfach so ihre Aufgaben von ChatGPT und Co. erledigen lassen?

Man muss seine Arbeit schon selbst erledigen

Gleich vorweg: Regelt das arbeitgebende Unternehmen den Umgang mit KI, indem es den Einsatz verbietet, einschränkt oder aber schlicht erlaubt, stellt sich diese Frage gar nicht erst. Was ist jetzt aber, wenn das Unternehmen nichts dazu sagt? Grundsätzlich geht das Gesetz davon aus, dass Arbeitnehmer:innen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten höchstpersönlich erfüllen müssen (§ 613 Satz 1 BGB). Sie dürfen also keine andere Person mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragen. Nun ist es aber so, dass jedenfalls nach unserem Rechtsverständnis eine KI keine Person ist. ChatGPT und Co. sind daher eher Hilfsmittel – und Hilfsmittel dürfen verwendet werden und verstoßen nicht gegen den Grundsatz der „Höchstpersönlichkeit“.

Also dürfen Arbeitnehmer:innen KI einfach verwenden. Fall geklärt, oder?

Das Problem mit 1:1 übernommenen KI-Ergebnissen

So einfach ist es nicht: Wird der KI einfach ein Befehl gegeben und das Ergebnis 1:1 übernommen, ist die Höchstpersönlichkeit eben doch nicht gegeben. Setzen Beschäftigte die KI aber wirklich nur als Hilfsmittel ein, ist an dem Einsatz erst mal nichts auszusetzen. Werden die Texte noch überarbeitet, oder die KI lediglich als Grundlage, sei es als Quelle der Inspiration oder Hilfe zur Strukturierung für das Arbeitsergebnis, verwendet, kann man Arbeitnehmer:innen nicht ernsthaft eine Pflichtverletzung vorwerfen.

Muss die Führungskraft vom Einsatz wissen?

Allerdings ergibt sich aus dem Einsatz gleich die nächste Frage: Dürfen Arbeitnehmer:innen die KI „heimlich“ verwenden oder müssen sie ihre Führungskräfte aktiv über die Verwendung informieren? So eine Informationspflicht kann sich tatsächlich aus den Nebenpflichten des Arbeitsverhältnisses ergeben. Das gilt selbst dann, wenn das arbeitgebende Unternehmen rein gar nichts über den Einsatz von KI am Arbeitsplatz geregelt hat. Der Punkt ist der, dass der Einsatz von KI beispielsweise aus datenschutzrechtlicher Sicht problematisch werden kann, wenn Arbeitnehmer:innen beispielsweise Daten der Kundschaft der KI als Informationsgrundlage geben. 

Auch aus urheberrechtlicher Sicht ist der Einsatz nicht gerade unproblematisch: Ein von der KI erzeugtes Ergebnis ist in der Regel nicht urheberrechtlich geschützt, da es an der individuellen Schöpfungskraft fehlt. Unternehmen müssten damit leben, wenn ihre KI-erzeugten Produkte einfach von anderen übernommen werden. Etwas anderes kann natürlich gelten, wenn die KI lediglich als Hilfsmittel verwendet wurde und die Beschäftigten genug individuelle Leistung haben einfließen lassen. Umso wichtiger ist es natürlich, dass Unternehmen darüber informiert werden, in welchem Umfang ihre Beschäftigten KI einsetzen, um eine Risikoabschätzung treffen oder Regularien für den Umgang festlegen zu können.

Fazit: KI darf verwendet werden, aber ...

Grundsätzlich dürfen Beschäftigte KI für die Erledigung ihrer Arbeit einsetzen, auch wenn die Verwendung vom arbeitgebenden Unternehmen nicht geregelt wurde. Allerdings darf die KI lediglich als Hilfsmittel eingesetzt werden. Eine 1-zu-1-Übernahme von KI-generierten Ergebnissen erfüllt die Voraussetzungen an eine höchstpersönlich erbrachte Arbeitsleistung nicht mehr. Außerdem trifft die Beschäftigten eine Informationspflicht: Setzen sie KI ein, müssen sie das Unternehmen darüber informieren, damit dieses die urheberrechtlichen und datenschutzrechtlichen Risiken einschätzen kann. 

Für Unternehmen ist es generell ratsam, den Umgang mit KI zu regeln. 

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Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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