Drum prüfe, wer sich ewig bindet …

Widerrufsrecht und Co.: Alles, was Unternehmen zu Abos wissen müssen

Veröffentlicht: 10.01.2024 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 10.01.2024
Vertrag elektronisch unterzeichnen

Wer an Abos denkt, hat meistens zuerst Zeitschriften im Kopf. Dabei gibt es mittlerweile zahlreiche kreative Ideen, Kund:innen langfristig an sich zu binden. Seien es Socken, Kontaktlinsen oder Kochboxen. Diese Verträge haben zwar aus unternehmerischer Sicht jede Menge Vorteile, denn sie sind darauf ausgelegt, die Kundschaft ohne viel Aufwand möglichst lange an sich zu binden. Für Verbraucheri:nnen können sie jedoch zur Falle werden, denn man verpflichtet sich zu regelmäßigen Zahlungen und damit kommt der Verbraucherschutz ins Spiel. 

Kündigungsmodalitäten oder ein abweichendes Widerrufsrecht sind nur zwei Punkte, die ein Abonnement von einem herkömmlichen Einzelkauf unterscheiden. Wir schauen uns diesen besonderen Vertragstyp von der Bewerbung bis zu seiner Beendigung einmal rechtlich an.

Wann spricht man überhaupt von einem Abo?

Bei Abo-Verträgen bezieht die Kundschaft regelmäßig Produkte oder nimmt ein Leistungsangebot für eine vereinbarte (Mindest-)Vertragslaufzeit in Anspruch. Alle Abos haben demnach gemeinsam, dass sie auf wiederkehrende, sich über einen längeren Zeitraum wiederholende Leistungen gerichtet sind, hierfür jedoch nur einmal eine Bestellung ausgelöst werden muss. Jurist:innen nennen diesen Vertragstypus daher im Fachjargon Dauerschuldverhältnis. 

Typische Beispiele sind auch Arbeits- oder Dienstverträge, denn man schließt einen Arbeitsvertrag nicht jeden Monat neu ab, sondern eben bestenfalls nur einmalig. Weitere Beispiele sind Mitgliedschaften, etwa in einem Online-Fitnessstudio, bei einem Partnerportal oder einem Streaming-Dienst oder die klassischen Zeitschriften-Abos. Dabei ist vor allem letzteres für den klassischen Online-Handel relevant, denn hierbei steht keine Dienstleistung im Vordergrund, sondern die regelmäßige Lieferung einer Ware. 

Welche Vor- und Nachteile bieten Abos für den Online-Handel?

Amazon macht es schon seit Jahren vor: Für Verbrauchsprodukte bietet der Online-Gigant seit Langem die Möglichkeit eines Spar-Abos, bei dem Windeln, Glühbirnen oder Shampoo in selbst festzulegenden Intervallen und teilweise mit einem Preisvorteil bestellt werden können. Auch für andere Unternehmen kann diese Option ein Plus sein, denn Produkte verlassen so regelmäßig das Lager und die Kasse füllt sich quasi automatisch.

Der Abo-Commerce bietet Händler:innen somit viele Vorteile, unter anderem planbare und stabile Umsätze. Ein Plus eines Abos ist es, dass die Kund:innen über eine Einzelbestellung hinaus so möglichst lange oder zumindest über einen längeren Zeitraum an das Unternehmen gebunden werden.

Und damit kommen wir zu einem kleinen Nachteil, denn das bedeutet aus rechtlicher Sicht anfangs etwas mehr Aufwand für den Shop, der über den Online-Standardkauf hinausgehen will. Bei Abo-Modellen legt der Gesetzgeber nämlich noch eine Schippe an Informationspflichten drauf und verschärft die rechtlichen Anforderungen für Unternehmen, weil die schwarzen Schafe die Kundschaft in der Vergangenheit einfach zu oft geknebelt haben.

Und wie kommt man wieder raus?

Grundsätzlich haben Personen, die zu privaten Zwecken online bestellen, nicht nur bei Abschluss von ganz normalen Kaufverträgen, sondern auch bei online abgeschlossenen Dienstleistungen (z. B. bei Coachings oder Seminaren) oder eben auch bei Abo-Modellen ein Widerrufsrecht, dessen Frist je nach Vertrag mit Abschluss des Vertrages oder der Lieferung beginnt. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Kundschaft entsprechend über das ihr zustehende Widerrufsrecht korrekt, also im Shop und nach dem Vertragsschluss, informiert wird.

Für alle, die bereits für den regulären Warenverkauf eine Widerrufsbelehrung verwenden, muss diese bei der Einführung von Abo-Modellen erweitert werden. Die entsprechende Ergänzung könnte beispielsweise so lauten: „Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage ab dem Tag, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die erste Ware in Besitz genommen haben bzw. hat, sofern im Rahmen einer Bestellung Waren zur regelmäßigen Lieferung über einen festgelegten Zeitraum hinweg geliefert werden.“ 

Wichtig für die Praxis ist also, dass die Widerrufsfrist bei der regelmäßigen Lieferung im Rahmen eines Abos beginnt, sobald die erste Ladung Batterien oder der erste Satz Gitarrensaiten eingetroffen ist. Das ist auch praxisgerecht, denn andernfalls müssten Unternehmen unter Umständen sehr lange mit einem Widerruf rechen, was nicht zumutbar ist. Schnell verderbliche Waren sind auch hier, wie im normalen Kaufrecht, vom Widerrufsrecht ausgeschlossen. Die Kochbox kann also nicht retourniert werden.

Wie das Widerrufsrecht zu interpretieren ist, wenn dem eigentlichen Abonnement eine kostenlose Testphase vorangeht, hatte 2023 der EuGH entschieden (wir berichteten): Wurde die neue Kundschaft bei Abschluss des Abonnements nicht klar, verständlich und ausdrücklich darüber informiert, dass dieses Abonnement nach einem Gratis-Testzeitraum kostenpflichtig wird, muss ein neuerliches Widerrufsrecht gewährt werden, so der EuGH (Urteil vom 05.10.2023, Rechtssache C‑565/22).

AGB: Was muss in die Klauseln?

Wenn man mit dem Widerrufsrecht nicht (mehr) aus dem Vertrag herauskommt, bleibt nur noch eine Möglichkeit: Die Kündigung. Hier sieht es in der Praxis meist alles andere als fair aus und beim Lesen der meisten Vertragsbedingungen bekommt man den Eindruck, man habe seine Seele verkauft. 

Da es bei einem Vertrag mit einer Laufzeit anders als beim regulären Einzelkauf weitere Dinge zu beachten gibt, müssen entweder die jeweiligen Artikelbeschreibungen direkt bei der Bewerbung oder spätestens zentral die AGB mit den wichtigen Informationen zum Vertrag bestückt werden. Zu denken wäre da an folgende Punkte:

  • (Mindest-)Laufzeit des Abos
  • ggf. Hinweise über die Verlängerung des Abos
  • wählbare Lieferintervalle
  • Zahlungsintervalle und Rechnungsstellung
  • ggf. Hinweise zu Versandkosten, wenn für das Abo etwas anderes als für den Warenkauf gilt
  • Kündigungsbedingungen (z. B. Frist, Form, Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhungen)

Wie bei allen AGB-Klauseln kann auch hier der Fehler im Detail stecken. Daher noch einmal der Hinweis auf die seit dem 1. März 2022 geltenden, neuen Regelungen für die Vertragsverlängerung von Dauerschuldverhältnissen: Die automatische Verlängerung solcher Verträge ist nun nur noch auf unbestimmte Zeit möglich und die andere Partei muss die Möglichkeit haben, den automatisch verlängerten Vertrag mit einer Frist von höchstens einem Monat kündigen zu können. Zudem galt auch hier schon immer das Gebot der Fairness und Abos dürfen kein Pakt mit dem Teufel sein.

Abgesehen von den Gefahren einer Abmahnung wegen fehlender oder irreführender Hinweise sollte auch Ärger mit der potenziellen Kundschaft vermieden werden. Jede Frage, die im Shop offen bleibt, könnte daher auch zum Kaufabbruch führen. Daher sollten die Klauseln und Hinweistexte idealerweise mit juristischer Unterstützung formuliert werden. Übrigens: Klauseln werden, obwohl sie das Gegenüber im Shop akzeptiert hat, nicht automatisch wirksam.

Besonderheiten beim Check-out

Weil es kurz vor Abgabe des Auftrages aufs Ganze geht und sich die potenziellen Abonnent:innen zu einer wiederkehrenden Zahlung verpflichten, sind hier noch einmal besondere Pflichten vom Gesetzgeber vorgesehen. Für Abos muss das Unternehmen unmittelbar, bevor die Bestellung abgegeben werden kann, klar und verständlich in hervorgehobener Weise folgende Informationen zur Verfügung stellen:

  • Den Gesamtpreis: Dieser umfasst die pro Abrechnungszeitraum anfallenden Gesamtkosten und, wenn für einen solchen Vertrag Festbeträge in Rechnung gestellt werden, ebenfalls die monatlichen Gesamtkosten. Wenn die Gesamtkosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, ist die Art der Preisberechnung anzugeben.
  • Die Laufzeit des Vertrags oder die Bedingungen der Kündigung, wenn das Abo unbefristet ist oder sich automatisch verlängert.
  • Ggf. die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht.

Kommt ein Unternehmen insbesondere diesen Pflichten nicht nach, kann man ihm unterstellen, es auf eine Abofalle angelegt zu haben. Für die Kundschaft ist es dann nämlich nicht klar erkennbar, dass sie einen kostenpflichtigen Laufzeitvertrag abschließt. Dann wurde im Zweifel überhaupt kein rechtsgültiger Vertrag geschlossen.

Neu seit 2022: Kündigungsbutton

Weil es Endkund:innen oft schwer gemacht wird, Laufzeitverträge wieder zu kündigen, wollte es ihnen der Gesetzgeber einfacher machen. Seit dem 1. Juli 2022 gibt es daher für alle Unternehmen, die sogenannte Dauerschuldverhältnisse wie Abos anbieten, die Pflicht, einen Kündigungsbutton zur Verfügung zu stellen. Dieser besagte Kündigungsbutton muss auf der Webseite eingebaut werden, und das idealerweise ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich. Wird diese Schaltfläche betätigt, sollen Verbraucher:innen auf eine Bestätigungsseite gelangen. Hier muss ihnen ermöglicht werden, bestimmte Angaben zur Kündigung zu machen. Viele Unternehmen, die diese Pflicht versäumt haben, wurden daher abgemahnt. Diese Pflicht wird dennoch in der Praxis, besonders im Bereich Mobilfunk oder Streaming, leider immer noch geflissentlich ignoriert.  

Nicht zu vergessen ist auch das Sonderkündigungsrecht, beispielsweise bei Änderungen der Rahmenbedingungen. Der Klassiker sind Preiserhöhungen, die jährlich bei Stromanbietern für eine Kündigungswelle sorgen, wenn die Abnehmer:innen über den Anstieg informiert werden.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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