Online-Handel in die Schweiz: Zoll, Marktplätze, ein eigener Schweizer Online-Shop sowie rechtliche Rahmenbedingungen

Veröffentlicht: 06.08.2018 | Geschrieben von: Julia Ptock | Letzte Aktualisierung: 22.04.2022

Der internationale Handel nimmt immer mehr an Fahrt auf. Wenn deutsche Händler ins Ausland verkaufen wollen, fällt der Blick so gut wie immer auf die beiden Länder Österreich und Schweiz. Während der Verkauf nach Österreich kaum ein Problem darstellt, hat der Handel in die Schweiz aufgrund der Nichtzugehörigkeit des Alpenlandes zur EU so seine Tücken.

Schweizer Flagge
© SimeonVD – shutterstock.com

Die Schweiz gilt als äußert wohlhabendes Land. Das Bruttoinlandsprodukt lag 2017 bei 678,6 Milliarden US-Dollar, pro Einwohner liegt es bei über 80.000 US-Dollar. Und das Geld will ausgegeben werden. Tatsächlich kaufen die Schweizer viel im Ausland ein. Deutsche Händler sollten sich das zu Nutze machen, doch der Handel in die Schweiz ist tückisch, da das Alpenland kein Mitglied der EU ist und so das Thema Zölle immer wieder eine Rolle spielt.

Versand und Retouren beim Handel in die Schweiz

Weil die Schweiz ein Nachbarland ist und mitten in Europa und der EU liegt, kommt es immer wieder vor, dass die besonderen Versandbedingungen und die umfassenden Zollbestimmungen vergessen werden. Diese können jedoch viel Zeit, Nerven und vor allem Geld kosten. Schweizer Online-Shopper erwarten von deutschen Händlern den gleichen Service, wie sie ihn von einheimischen Shops kennen. Konkret heißt das, so Matthias Bucheli, Leiter des Competence Center Digital Commerce bei der Schweizerischen Post, dass sich Schweizer Käuferinnen und Käufer „beim Online-Kauf Gratisversand und kostenlose Rücksendungsmöglichkeiten“ wünschen. Dr. Jan Bomholt von MeinEinkauf.ch bringt noch einen weiteren Aspekt in die Diskussion ein. Seiner Ansicht nach ist das wichtigste Thema für Schweizer Online-Käufer „neben einem schnellen Versand die Lieferung ohne Nachzahlung an der Haustür.“ Nachzahlungen an der Haustür – in der Schweiz ist diese böse Überraschung leider keine Seltenheit. Steuern, Zoll sowie mögliche Bearbeitungsgebühren für die Verzollung können, so die Erfahrung von Bomholt, dazu führen, dass die „Nebenkosten“ einer Bestellung mit einem Warenwert von 60 Euro durchaus einmal 50 Prozent betragen können.

Beim Thema Zoll gilt es zu beachten, dass die Schweiz weltweit die einzige Handelsnation ist, die den Gewichtszoll anwendet. Das heißt, dass die Waren nicht nach Wert, sondern nach Gewicht verzollt werden müssen. Die Tarife werden in „Franken pro 100 kg“ erhoben. Dr. Jan Bomholt gibt zu bedenken, dass die „meisten E-Commerce Pakete aber eher ‚leicht‘ sind“ und deswegen die Zollabgaben – außer bei Lebensmitteln und teuren Textilien – weniger ins Gewicht fallen als die Bearbeitungsgebühren und der Aufwand, der mit der Deklaration an sich verbunden ist.

Ein Online-Shop für den Schweizer Markt

Wer sich der Herausforderung des Handels in die Schweiz stellt, sollte sich zudem überlegen, ob er nicht direkt einen eigenen Shop für Eidgenossen zur Verfügung stellt. Dieser sollte jedoch mehr sein, als ein einfacher Webseiten-Klon. Bei der Lokalisierung für den Schweizer Markt sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass es

  • eine länderspezifische URL (.ch) gibt,
  • eine lokale Telefonnummer und Adresse angegeben werden,
  • Preisangaben in der Landeswährung (Schweizer Franken) gemacht werden
  • und Inhalte an lokale Gepflogenheiten, Feiertage und Traditionen angepasst sind.

Da die Schweiz ein Land mit mehreren Sprachen ist (Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch) und auch das Schweizerdeutsch sehr vom Standarddeutsch abweicht, sollte gerade über eine umfassende sprachliche Anpassung nachgedacht werden. In Sachen Payment unterscheiden sich die Vorlieben der Schweiz kaum von denen der Deutschen. Laut einer Umfrage der Schweizerischen Post aus dem Jahr 2017 unter 10.000 Personen gaben 85 Prozent an, dass sie ihren Online-Einkauf am liebsten über Rechnung bezahlen. Auf Platz zwei mit 79 Prozent folgt die Kreditkarte. Überraschend ist allerdings, dass PayPal mit nur 35 Prozent auf Platz vier, hinter der PostFinance – Debitkarte (40 Prozent), landet.

Oft wird man außerdem dazu verleitet, zu vergessen, dass die Schweizer keinen Euro haben. Die Schweiz ist damit kein Sonderfall, denn es gibt nach wie vor genug Staaten, auch innerhalb der EU, die keinen Euro verwenden. Die Abrechnung in einer Fremdwährung gehört sicherlich mit zu den größten Hürden für deutsche Online-Händler. Dabei ist es ein absolutes Muss, die Preise im schweizerischen Shop in Schweizer Franken anzugeben. Übrigens: Während in Deutschland die Preisangabe dem Muster Zahl Währung (z.B. 10,00 €) folgt, funktioniert das in der Schweiz andersherum: CHF 10,00. Dabei sollten Händler unbedingt die Transaktionskosten unter Berücksichtigung der Währungsumrechnung genau im Blick behalten und, wenn möglich, minimieren.

Welche Marktplätze sind relevant?

Wer sich nicht mit einer eigenen Website auf den Schweizer Markt trauen will, kann ihn auch erst mal via Online-Marktplatz antesten. Besonders spannend: Während Amazon und Ebay sich in den meisten europäischen Ländern die Vorherrschaft erarbeitet haben, liegen die beiden Marktplätze in der Schweiz nicht auf den vordersten Plätzen. Stattdessen wird der Marktplatz-Wettbewerb in dem Land von Ricardo.ch angeführt: 84 Prozent der Schweizer erklärten in einer Umfrage der Schweizerischen Post, auf der Plattform einzukaufen. Amazon wird hingegen „nur“ von 77 Prozent genutzt.

Doch die Marktplätze sind wählerisch, wenn es darum geht, wenn sie auf ihre Plattform lassen. Ricaro.ch verlangt von ausländischen Händler beispielsweise einige Unterlagen:

  • Kopie eines amtlichen Ausweises (Personalausweis, ID, Pass)
  • Kopie des Handelsregisterauszugs oder Gewerbescheins, soweit vorhanden
  • Informationen zu den Produkten, die der Händler verkaufen möchte (falls kein Online-Shop vorhanden)
  • Bei Verkauf von Markenprodukten, originalen Gemälden, Gold etc.: Nachweise, dass es sich um Originalware handelt (z. B. Rechnungen, Lieferscheine etc.)

Zudem sollen ausländische Händler angeben, ob sie bereits einen Laden, Shop oder Online-Shop betreiben oder bereits auf anderen Seiten wie etwa Ebay aktiv sind.

Rechtstexte in „Schwizerdütsch“?

Um es ganz klar zu sagen: Aus rechtlicher Sicht sind deutsche Online-Händler für viele Kunden in der Schweiz attraktiver als die dortige Konkurrenz. Der Grund? Das in Deutschland bestehende Widerrufsrecht, welches Schweizer in der Heimat nicht haben. Nachdem sich der Schweizer Nationalrat im September 2014 mit knapper Mehrheit gegen die Einführung eines Widerrufsrechtes ausgesprochen hat, haben Schweizer Kunden einen Grund mehr, im europäischen Ausland einzukaufen. Ein klarer Wettbewerbsvorteil also.

Die meisten Online-Händler verfallen in Panik, wenn sie an die Folgen denken, die Bestellungen aus dem Ausland nach sich ziehen. Sie können jedoch beruhigt sein, denn nicht immer muss alles (rechtlich) kompliziert sein: Betreibt man seinen Online-Shop unter einer deutschen Domain und in deutscher Sprache, sind keine gesonderten Rechtstexte in den Schweizer Amtssprachen und nach Schweizer Recht erforderlich, wenn sich der Shop lediglich zusätzlich an Schweizer Kunden richtet.

Bei der Vertragssprache sollten Händler lediglich eine Regelung aufnehmen, nach welcher die „Vertragssprache: Deutsch“ festgehalten wird. Übersetzungen sind natürlich denkbar und aus Servicegesichtspunkten möglich. Jedoch sollten Händler hier sehr sorgfältig vorgehen. Mit verschiedenen Sprachversionen können leicht Widersprüche oder Fehler entstehen, die den Händlern bei einem Rechtsstreit zum Verhängnis werden. Auch bei Artikelbeschreibungen gilt das Vorgenannte. Da auch die Artikelbeschreibung Vertragsbestandteil wird, dürfen keine Widersprüche zwischen den verschiedenen Sprachfassungen entstehen.


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