Kritik an Werbekampagne

Kanzlei provoziert mit Schw***-Vergleich in Werbung

Veröffentlicht: 24.06.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 25.06.2020
gelbes Maßband auf blauem Hintergrund

Die Kanzlei Goldenstein & Partner ist unter anderem dadurch bekannt, im Dieselskandal gegen das Unternehmen VW wegen sittenwidriger Schädigung erfolgreich geklagt zu haben. Verständlicherweise brüstet sich die Kanzlei mit diesem Erfolg und ließ dabei folgendes Werbeplakat in einer Stückzahl von 300 an 30 verschiedenen Standorten aufstellen. Gewählt wurden dabei etwa Toiletten an Raststätten in der Region Hannover und Mecklenburg-Vorpommern.

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Zu sehen ist ein tätowierter Mann in Unterwäsche, der sich ein Lineal vor den Schritt hält. „WIR HABEN DEN GRÖSSTEN” steht plakativ in Großbuchstaben auf der Werbung; unten drunter wird das Ganze dann noch konkretisiert: “Erfolg in der Geschichte des Dieselskandals errungen”. Eine unverhohlene Anspielung auf die Länge des männliches Gliedes also.

Die einen mögen es witzig finden, die anderen nur den Kopf schütteln: Für die Rechtsanwaltskammer (RAK) Brandenburg steht laut LTO zumindest die Notwendigkeit einer Überprüfung im Raum. 

„Massiv“ bzw. „hochgradig geschmacklos“?

Im Raum steht dabei ein Verstoß gegen die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Demnach dürfen Rechtsanwälte nur Werbung schalten, „soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist.“ Sowohl Berufsrechtler als auch die Rechtsanwaltskammer sehen das Plakat unter diesem Gesichtspunkt kritisch. Wegweisend bei dieser Beurteilung könnte ein Urteil aus dem Jahr 2014 sein. Damals stellte der BGH fest, dass eine Werbung berufsrechtswidrig ist, wenn sie darauf abziele, durch eine reißerische und sexualisierende Aufmachung vom eigentlichen Thema abzulenken. Damals ging es um Tassen, auf denen ein Anwalt Werbung für eine Vertretung im Falle von häuslicher Gewalt machte. Die Tassen trugen Motive von häuslicher Gewalt, körperlicher Züchtigung und einem Suizidversuch.

Die Werbung von Goldenstein & Partner ist zumindest für manchen Berufsrechtler eindeutig rechtswidrig: Als „massiv geschmacklos“ befindet das Plakat der Rechtsanwalt Markus Hartung. Dabei stellt er gegenüber der LTO die Frage: „Wie kann man heute noch mit so etwas werben?“

Die zuständige Rechtsanwaltskammer sieht das Ganze sogar als „hochgradig geschmacklos“ an. 

Das sagt Goldenstein & Partner zur Kritik

Die werbende Kanzlei sieht das alles verständlicherweise weniger kritisch. „In einer aufgeklärten und mündigen Gesellschaft ist zudem nicht davon auszugehen, dass bei Toilettenbesuchern die Werbung Gefühle wie Schock, Erregung oder Empörung auslösen wird, sondern ihnen allerhöchstens einen kurzen Lacher abringt und ihnen damit sogar noch der Tag versüßt wird“, wird sie zitiert.

Maßstäbe der freien Wirtschaft nicht anwendbar

Der Ein oder Andere denkt sich jetzt: Ja, was soll's? Unternehmen wie True Fruits schlagen schließlich auch mit sexistischen Äußerungen über die invididuellen Stränge der Betrachter. Das Unternehmen Benetton ist sogar für Schockwerbung bekannt. Allerdings sind die Maßstäbe, an denen sich Rechtsanwälte messen müssen, andere. Da es sich bei Anwälten um Organe der Rechtspflege handelt, müssen sie generell zurückhaltender in Sachen Werbung sein. 

Wir zeigen in unserem Artikel „12 juristische Todsünden im Marketing“, worauf Unternehmen in der Werbung achten sollten.

Kommentare  

#2 Bert Schanner 2020-06-25 16:54
Ob geschmacklos oder nicht ist doch völlig Egal!
Die Frage stellt sich doch völlig anders:
Über 22 Milliarden USD hat VW in der USA bezahlt. In Deutschland haben diese Anwälte wieviel herausgeholt? "Kurz vor dem Ablauf der verlängerten Annahmefrist hat sich der VW-Konzern im Dieselskandal mit rund 235.000 Kunden auf einen Vergleich geeinigt. Volkswagen zahlt ihnen insgesamt rund 750 Millionen Euro, teilte das Unternehmen am Donnerstag in Wolfsburg mit. Weitere 17.000 Fälle werden noch geprüft."
Wenn, dann dürfte doch wohl eher VW mit dem herausgeholten Ergebnis werben.
Oder aber die USA.
Denn die haben zwar den größten I...... als Präsident, krichen dafür der deutschen Industrie nicht in den A....!
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#1 Küllenberg 2020-06-25 10:28
Wenn sich Rechtsanwälte, denen man einen gewissen IQ unterstellen darf, sich kommunikativ so primitiv darstellen, würden sie aus meinem Suchraster sofort herausfallen. Diese dummen, banalen und einfältigen Werbesprüche hat man mal in den 70er Jahren kurzfristig verwendet. Beispiele wie "HINGERICHTET - sind ihre Augen sicher auf unsere günstigen Preise". Diese Art der primitiven Werbung passt zu Personen, die sich dort selbst einreihen oder zeigt, wie sie ihre Kunden einstufen. In beiden Fällen ein nogo. Würde gerne mal ein Plädoyer dieser Anwälte hören. Wahrscheinlich stände dann dort: ERSTICKT wäre man fast an so einem Plädoyer.
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