Gastbeitrag von Sendcloud-CEO Rob van den Heuvel

Black Friday 2023: Warum der Hype möglicherweise nicht wie erwartet „liefert“

Veröffentlicht: 20.11.2023 | Geschrieben von: Gastautor | Letzte Aktualisierung: 20.11.2023
Schwarze Geschenkpäckchen auf schwarzem Grund

Black Friday und der darauf folgende Cyber Monday stehen wieder vor der Tür und bringen sowohl für Verbraucher:innen als auch für Einzelhändler:innen eine Mischung aus Aufregung und Besorgnis mit sich. Während die Käufer:innen eifrig nach den besten Schnäppchen suchen, bereiten sich die Shops auf die Herausforderung vor, in den kommenden Wochen Tausende zusätzlicher Lieferungen zu bewältigen. 

Obwohl Black Friday und Cyber Monday in Bezug auf den Umsatz ein Traum für den E-Commerce sind, bleibt abzuwarten, ob der Hype tatsächlich wie erwartet „liefert“. Traditionell verzeichnen Onlineshops gegen Ende des Jahres einen massiven Anstieg an #WISMO-Anfragen („Where is my Order?“). Ende 2022 stellte Sendcloud sogar europaweit ein um 42 Prozent höheres Risiko für verlorene Pakete fest als im dritten Quartal desselben Jahres. Praktisch alle E-Commerce-Expert:innen hab mindestens eine Geschichte über eine fehlgeschlagene Lieferung am Black Friday auf Lager. 

Auf das Beste hoffen und für das Schlimmste gewappnet sein

Die Wahrheit ist: Zwei Drittel der deutschen Verbraucher:innen (66 Prozent) bestellen nicht erneut, wenn ein Paket nicht ankommt, und ein knappes Viertel (22 Prozent) verliert die Geduld mit einem Online-Shop, wenn es zu Verzögerungen kommt. Für einen erfolgreichen Black Friday ist es unerlässlich, dass Shops ihre Versandversprechen einhalten, um die Kund:innen zu halten. 

Vorwarnung ist hier Vorsorge. Denn wenn Shops wissen, wie viele Bestellungen zu erwarten sind, können sie ihre Logistikprozesse entsprechend planen. Zum Vergleich: In Europa wurden im letzten Quartal des Jahres rund 23 Prozent mehr Pakete verschickt. Für einen Online-Shop mit 1.000 Paketen pro Tag bedeutet das leicht 230 Pakete mehr – pro Tag. An Spitzentagen wie dem Cyber Monday können es sogar über 3.000 Sendungen sein – denn nach Schnäppchentagen ist in der Regel eine Verdreifachung des Paketvolumens zu beobachten (+297 Prozent). 

Diese Zahlen zu kennen ist grundsätzlich von Vorteil, aber noch besser wäre es, wenn Unternehmen ihre individuellen Erwartungen kennen würden. Die relevanten Fragen lauten daher

  • Wie viele Bestellungen bearbeitet das Unternehmen pro Tag?
  • Welche Tage sind am geschäftigsten
  • Was sind die Bestseller, aber auch die „Langsamverkäufer“?
  • Und wie lang ist die durchschnittliche Lieferzeit?

Eine genaue Prognose der Lieferleistung, eventuell sogar nach Regionen und Terminen, ermöglicht es den Unternehmen, alle wichtigen Verkaufstermine im Laufe des Jahres problemlos zu bewältigen. 

 

Der kleine Umweg mit Multi-Carrier-Versand

Schließlich ermöglicht eine gute Prognose, sich auf Veränderungen der gewohnten Versandmethoden vorzubereiten. Wenn beispielsweise ein großer Zusteller streikt, wie es die Royal Mail 2022 tat, ist ein Backup-Plan unerlässlich. Vor einigen Jahren musste der niederländische Zusteller PostNL sogar seine Vereinbarungen mit Webshops angleichen, weil er das hohe Paketaufkommen nicht mehr bewältigen konnte. Die belgische Post, Bpost, reagiert auf die mit der Peak Season einhergehenden Mehrkosten gar mit erhöhten Preisen für die Webshops – eine nicht unumstrittene Entscheidung. Solche Vorfälle liegen außerhalb der Kontrolle von Händler:innen, dennoch ist es möglich, Vorsorge zu treffen. Hilfreich ist insbesondere die Verteilung des Versandaufkommens auf mehrere Zusteller. Wenn ein Zusteller überlastet ist, kann ein anderer einspringen, sodass der Versand auch auf lokaler Ebene reibungslos weiterläuft. 

Eine Multi-Carrier-Strategie macht Unternehmen nicht nur widerstandsfähiger in Spitzenzeiten, sondern ist auch eine clevere Möglichkeit, die Zustellleistung insgesamt zu verbessern. Jeder Zustellbetrieb hat seine eigenen Stärken und Schwächen, die es Händler:innen ermöglichen, das Beste aus jeder Welt zu nutzen. Für den internationalen Versand kann beispielsweise ein Expressdienst wie DHL Express eine bessere Option sein als ein nationaler Zusteller. Während nationale Zusteller wie Poste Italiane und Royal Mail jedes Paket an der Grenze an einen neuen lokalen Zusteller übergeben, können Expressdienste auf ein ausgedehntes globales Netzwerk zurückgreifen, das es ihnen ermöglicht, die Lieferzeiten erheblich zu verkürzen. 

Aber auch die Erwartungen der Verbraucher:innen sind ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung für eine Multi-Carrier-Strategie. Während in der Vergangenheit die Versandkosten für die Konsument:innen im Vordergrund standen, möchten sie heute selbst entscheiden, wo, wann und wie ein Paket zugestellt wird. Unternehmen wie beispielsweise Budbee reagieren auf diesen Wunsch und ermöglicht den Kund:innen die Kontrolle über ihre Lieferung, indem sie Zustellungsmethode, -zeitpunkt und -ort frei wählen können. Die Nutzung einer Kombination von Zustelldiensten ermöglicht es, eine breite Palette von Optionen anzubieten, von der Standardlieferung bis hin zu Premium-Optionen wie Same Day Delivery oder nachhaltigen Methoden. In Spitzenzeiten kann dies sogar dazu beitragen, die Zustellzeiten zu verkürzen: In den Niederlanden beispielsweise ist die Zustellung an einen Abholpunkt etwas schneller als die Zustellung an die Haustür, sodass das Angebot von Alternativen zur Hauszustellung ein kluger Schachzug sein kann.

Happy End mit der Sendungsverfolgung

Mit einer Multi-Carrier-Strategie sollten Händler:innen genügend Optionen zur Verfügung haben, um sicherzustellen, dass ihr Versand reibungslos läuft. Trotzdem ist es sinnvoll, eine Notfallstrategie zu haben. Was passiert, wenn doch ein Paket verloren geht?  Geht ein Paket verloren oder verspätet sich die Zustellung, sollten Unternehmen vorausschauend handeln. Eine proaktive Information über den Lieferstatus ihrer Sendung kann die Anzahl der Supportanfragen deutlich reduzieren. Das erspart viele unnötige Telefonate, aber noch wichtiger: Es vermeidet Frust, wenn Kund:innen mit leeren Händen vor der Tür stehen. 

Ein verlorenes Paket darf nicht zu einem verlorenen Kunden führen. Deshalb ist es sinnvoll, einen Aktionsplan zu haben. Beim Versand von wertvollen Artikeln wie Schmuck oder Elektronik bietet sich eine Versicherung an, um sicherzugehen, dass die Kosten für den Ersatz ohne Zweifel gedeckt sind. Verlorene Pakete zu ersetzen ist teuer und mühsam, aber der Wert kann gering sein im Vergleich zum Lebenswert von Kund:innen, die man durch eine unkomplizierte Abwicklung im Verlustfall besser halten kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Jahresendspurt im E-Commerce sowohl Segen als auch Fluch ist. Mit der richtigen Vorbereitung auf das Shoppingfieber und einer kritischen Überprüfung der Versandstrategie können Händler:innen ihre Versprechen halten und während der Feiertage Ruhe bewahren. 


Über den Autor:

Rob van den Heuvel, CEO Sendcloud

Rob van den Heuvel

ist CEO und Mitbegründer von Sendcloud. Bereits während seiner Studienzeit machte er seine ersten Schritte in die Welt des E-Commerce.

2012 gründete er mit zwei Partnern Sendcloud. Das SaaS-Unternehmen mit Sitz in Eindhoven, Niederlande, ist mittlerweile in acht Ländern aktiv. 

 


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