Video der Woche

Gillette fordert neue Männlichkeit

Veröffentlicht: 18.01.2019 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 21.01.2019
Gillette-Werbespot: Mann schlichtet Streit zwischen zwei Jungs

Seit 120 Jahren gibt es Gillette, seit rund 30 Jahren wirbt der Hersteller für Rasierprodukte mit dem Slogan „Für das Beste im Mann“. Angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen will das Unternehmen Männlichkeit dabei aber nicht länger einseitig betrachten: „Das ,alte Männerbild‘ ist Geschichte – es gibt nicht mehr den einen Mann, sondern eine Vielzahl von Lebensentwürfen. Moderne Männer definieren Männlichkeit neu. Dabei spielen Werte eine große Rolle. Werte wie Familie, Gemeinschaft, Gleichberechtigung …“, heißt es auf der deutschen Website. Eben dieses neue Männlichkeitsbild soll auch der jüngst erschienene englischsprachige Werbe-Clip widerspiegeln.

Die Jungs von heute sind die Männer von morgen

In dem zweiminütigen Werbefilm durchbrechen Jungs eine Leinwand, auf der ältere Gillette-Spots laufen. Eine Mutter tröstet ihren Sohn, weil er gemobbt wurde, Film-, TV-Spot- sowie Show-Ausschnitte und eine Szene im Büro referieren auf sexistische Handlungen. Als sich zwei Jungen prügeln, schreiten Männer nicht ein, grillen stattdessen und sagen „Jungs sind eben Jungs“. Zu hören ist auch die Äußerung, Männer bringen stets „die selben alten Entschuldigungen“ für ihr Verhalten, abwechselnd dazu werden News-Ausschnitte zur Sexismus-Debatte eingeblendet.

Ab etwa der Hälfte des Spots rücken dann allerdings Männer in den MIttelpunkt, die anders auf ähnliche Situationen reagieren: Sie schlichten Streits oder warnen in konkreten Situationen vor möglicher Belästigung. Auch gezeigt wird ein bekannter YouTube-Ausschnitt, in dem ein Vater seiner kleinen Tochter sagt, dass sie stark ist. Das Video endet mit den Aussagen „Weil die Jungs, die heute zugucken, die Männer von morgen sind“ und „Nur wenn wir uns selbst herausfordern, mehr zu tun, können wir unserem Besten näher kommen.“

Gillette veröffentlichte den Clip auf YouTube unter anderem mit den Worten: „Mobbing. Belästigung. Ist das das Beste, was ein Mann bekommen kann?“ Auf Twitter kommunizierten sie, dass es Zeit sei, damit aufzuhören, schlechtes Benehmen zu entschuldigen. Gleichsam forderten sie dazu auf, eigene Handlungen zu überdenken:

Über den Spot hinaus lässt der Konzern seinen Worten Taten folgen: Um ihre Vision der besten Männlichkeit zu verwirklichen, wollen sie nach eigener Aussage in den nächsten drei Jahren eine Million Dollar pro Jahr an gemeinnützige Organisationen verteilen, die Männer jeden Alters helfen sollen, ihr persönliches Bestes zu geben.

Gillette-Werbung erntet viel Kritik

Die Ermutigung, zur optimalen Version seiner selbst zu werden, wirkt in Anbetracht der Me-too-Debatte durchaus zeitgemäß und konsequent. Doch stößt die Art, wie dies kommuniziert wird, bei vielen Rezipienten eher auf Ablehnung als auf als Zuspruch. Das Video erhielt bisher fast doppelt so viele Dislikes wie Likes. Die Reaktionen im Netz waren zudem sehr emotional und ambivalent: Die einen bewerten die Kampagne positiv, stimmen den Aussagen zu und sehen die Möglichkeit, das eigene, geprägte Rollenbild zu hinterfragen und es durch ein selbstbestimmteres zu ersetzen.

Andere verurteilen jedoch unter anderem die Tatsache, dass Männlichkeit zu plakativ, einseitig sowie pauschal schlecht dargestellt werde, manche kündigten sogar den Boykott der Produkte an. Auch glauben viele nicht, dass diese Art der Darstellung etwas Veränderndes in Gang setzen könnte. Aufmerksamkeit hat der Konzern über diese Werbemaßnahme in jedem Fall erhalten: Bisher wurde der Clip über 19 Millionen mal geklickt. So erfolgreich wie kritikwürdig trifft es in jedem Fall einen wunden Punkt – unser Video der Woche:

Über die Autorin

Hanna Behn
Hanna Behn Expertin für: Usability

Hanna fand Anfang 2019 ins Team der OnlinehändlerNews. Sie war mehrere Jahre journalistisch im Bereich Versicherungen unterwegs, dann entdeckte sie als Redakteurin für Ratgeber- und Produkttexte die E-Commerce-Branche für sich. Als Design-Liebhaberin und Germanistin hat sie nutzerfreundlich gestaltete Online-Shops mit gutem Content besonders gern.

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