Alles Panikmache?

Keine Abmahnungen wegen der Marke „Webinar“

Veröffentlicht: 10.07.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 10.07.2020
Geschäftsfrau abpplaudiert

In der vergangenen Woche sorgte eine Meldung für Verunsicherung: Unternehmen sollten wegen der Verwendung des Begriffs Webinar abgemahnt worden sein. Und tatsächlich: Die Marke Webinar ist seit 2003 eingetragen. Allerdings konnten wir bei unserer Recherche keine konkreten Anhaltspunkte für Abmahnungen finden. Die Zulässigkeit einer solchen Abmahnung ist ohnehin fraglich, da das Wort Webinar sehr wahrscheinlich gar nicht markenschutzfähig ist. Nun hat sich der Markeninhaber Mark Keller laut der Facebookseite der Jun Rechtsanwälte zu Wort gemeldet.

Auf das R im Kreis kommt es an

Zunächst einmal sorgt Markeninhaber Keller für Beruhigung: Er selbst hat keine Abmahnungen wegen der Verwendung des Wortes Webinar ausgesprochen. Sollte es zu Abmahnungen gekommen sein, so würden diese nicht aus seinem Umfeld stammen. So weit, so gut. Interessant sind jedoch seine rechtlichen Ausführungen zum Thema Markenschutz und Webinar.

Das im allgemeinen Sprachgebrauch verwendete Wort Webinar dürfe nicht mit seiner Marke WEBINAR® verwechselt werden. WEBINAR® sei seit vielen Jahren ein Markenprodukt, welche bestimmten Qualitätsvorgaben entspreche. Mit WEBINAR® gekennzeichnete Dienste entsprechen einer hohen und gleichbleibenden Qualität. Außerdem werden Einträge in Lexika, Duden oder auch auf Wikipedia zur Markenpflege genutzt. Wer die Bezeichnung WEBINAR® ohne entsprechende Lizenz verwende, begehe eine Markenrechtsverletzung. Bei der Verwendung des Begriffs Webinar sei aber keine Gefahr der Abmahnung gegeben.

Bei der kurzen Recherche zur Marke WEBINAR® auf Wikipedia kam im übrigen folgendes heraus:

Webinar Wikipedia

Lediglich der Wikipedia-Eintrag zu Webinar klärt auf, dass Webinar – normal geschrieben und ohne ®– seit 2003 eine eingetragene Marke ist.

Wirklich?

Als Vergleich bringt der Markeninhaber dabei an, dass WEBINAR® „ähnlich, wie den bekannten Marken Tempo® (Papiertaschentücher), PLEXIGLAS® (Avrylgläser), UHU® (Klebstoff), tesa® (Klebefilme) und viele mehr“ als Synonym für den eigentlichen Begriff verwendet werde.

Der Vergleich, der hier gezogen wird, hinkt – und das so stark, dass er bereits einen Rollstuhl benötigt. Herr Keller suggeriert durch diesen Vergleich zum einen, dass es das R im Kreis benötige, damit ein markenrechtlicher Schutz bestehe, zum anderen verkennt er, dass die beispielhaft aufgeführten Marken eigene Wortschöpfungen der Unternehmen sind, die für die Produkte verwendet werden. Natürlich ist das Wort Tempo mittlerweile so im Wortschatz vorhanden, dass so manch einer sagt: „Hast du mal ein Tempo?“ und eigentlich nur irgendein Papiertaschentuch möchte. Anders als beim WEBINAR® werden die aufgeführten Marken aber seit Jahrzehnten von den Unternehmern im geschäftlichen Verkehr genutzt. Dass die Marken mittlerweile Synonyme sind, spricht für eine besonders starke und gelungene Markenbildung. 

Bei der Markenrechtsrecherche durch die Händlerbund Partnerkanzlei ITB konnte allerdings keinerlei Verwendung der Marke – auch nicht in Form von WEBINAR® – festgestellt werden. Es ist also nicht so, dass das Wort vom Markeninhaber so verwendet wurde, dass es durch eben diese unternehmerische Verwendung zum Synonym wurde. 

Aber: Bitte Finger weg vom R im Kreis!

In einer Sache hat der Markeninhaber aber Recht: Wer keine eingetragene Marke besitzt, sollte auch nicht das ® an seinen Produktnamen hängen. Das ® hat in Deutschland zwar keine rechtliche Bedeutung, allerdings ist die Rechtslage so, dass das ® dafür sorgt, dass der Betrachter denkt, es könne sich um eine eingetragene Marke handeln. Daher sollte das ® nur verwendet werden, wenn man eine eingetragene Marke verwendet. 

Andersherum muss das ® aber nicht verwendet werde, um den markenrechtlichen Schutz zu genießen. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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