Arbeitsrecht

7 Streitpunkte rund um das Thema (Sommer-)Urlaub

Veröffentlicht: 04.07.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 18.07.2023
Urlaubsutensilien im Retro-Stil

Den meisten Deutschen ist ihr sommerlicher Urlaub heilig, sei es wegen schulpflichtiger Kinder oder schlicht und ergreifend wegen des guten Wetters vielerorts. Bekommt man dann den Urlaub entweder ganz versagt oder ein Datum vorgeschrieben, was der eigenen Planung zuwiderläuft, können die Emotionen schon einmal hochkochen.

Betriebsruhe: Müssen Angestellte den verordneten Urlaub akzeptieren?

Unabhängig von der Größe der Unternehmen gibt es in manchen Unternehmen eine fest vorgeschriebene Betriebsruhe, die oftmals um die Weihnachtszeit herum liegt, aber häufig auch in die Ferienzeit der jeweiligen Bundesländer fällt. Wer jedoch wenig Interesse hat, sich mit Millionen anderen an den Ballermann zu legen, sondern beispielsweise lieber preiswert und entspannt in der Nebensaison verreist, hat wenig Interesse, an der verordneten Sommerpause. Auch andere Gründe können dafür sprechen, dass Mitarbeiter:innen von der Betriebsschließung ausgenommen werden und stattdessen ihren Jahresurlaub zum selbst gewählten Zeitpunkt antreten wollen.

Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind zwar die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer:innen zu berücksichtigen. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen haben dringende betriebliche Belange Vorrang. Beispiele dafür können ein Abfall der Aufträge sein oder eine Abwesenheit der Unternehmensleitung, ohne die die Mitarbeitenden keine Tätigkeiten verrichten können (beispielsweise in einer medizinischen Praxis). In manchen Betrieben werden beispielsweise auch wichtige Wartungsarbeiten vorgenommen, für die das Tagesgeschäft stillstehen muss. 

Die Mitbestimmung der Belegschaft bei den Urlaubszeiträumen kann außerdem tariflich abgeändert werden oder eine feste Betriebsruhe unter Beteiligung des Betriebsrats rechtswirksam festgelegt werden. Aber auch hier sollte stets Raum für Sonderfälle sein. Fallen beispielsweise Kita-Schließung und Betriebsferien zeitlich auseinander, sollte eine Ausnahmemöglichkeit im Interesse aller zumindest diskutabel sein. Nichtsdestoweniger muss im Arbeitsrecht immer gelten, dass beide Seiten eine wohlwollende Lösung finden und aufeinander zugehen.

Schlechtes Wetter: Kann genehmigter Urlaub wieder storniert werden?

Fällt die Wandertour ins Wasser oder brennt das Hotel kurzfristig ab, kann man durchaus auf die Idee kommen, seine begrenzten Urlaubstage doch noch einmal auf Eis zu legen, bis der Zeitpunkt besser passt. Ein einmal gewährter Urlaub ist jedoch nicht mehr einseitig durch den Mitarbeiter oder die Angestellte abänderbar. Steht der Dienstplan beispielsweise schon, ist es die Sache der Befugten, ob sie die Stornierung des Urlaubs ausnahmsweise akzeptieren. Eine einvernehmliche Änderung des einmal gewährten Urlaubs ist aber jederzeit möglich. Soweit keine betrieblichen Gründe wie feste Dienstpläne dagegen sprechen, sollte auch hier keine allzu rigide Abweisung stattfinden.

Schulpflichtige Kinder: Dürfen Arbeitgeber:innen Urlaub verweigern?

Für Eltern von Schulkindern ist der Stress ohnehin schon groß genug, wenn sie Urlaube zweier Elternteile koordinieren müssen und das zwingend in der teuren Hauptreisezeit. Kommt dann noch Stress mit der Firma hinzu, liegen die schwachen Nerven schon vor dem Urlaub blank und selbiger wird doppelt nötig. Wie bereits erwähnt, können Arbeitgeber:innen den Urlaub festlegen, wenn beispielsweise betriebliche Gründe dies zwingend erforderlich machen. Das Urlaubsgesetz besagt jedoch, dass Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer:innen, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, zu berücksichtigen sind. Auch Angestellten mit Schulkindern darf der Urlaub in den Schulferien verweigert werden, jedoch nur, wenn es wirklich keine mildere Lösung für beide Seiten gibt. Der Jahresurlaub ist für viele die schönste Zeit des Jahres und mit dem Streit im Nacken packt niemand gerne die Koffer und kommt noch weniger gerne zurück zur Arbeit.

Risikogebiet oder Extremsport: Wie geht man mit kranken Reiserückkehrern um?

Nicht jeder begnügt sich mit dem Faulenzen am Strand. Für manche beginnt der Urlaub erst, wenn das Adrenalin ansteigt. Sei es beim Wandern, Klettern oder anderen mehr oder weniger extremen Sportarten. Aber auch Malaria oder andere Tropenkrankheiten können dazu führen, dass Angestellte nicht rechtzeitig an den Arbeitsplatz zurückkehren.

Tja, selbst schuld, wenn man sich in ein solches Risiko begibt, denken einige Vorgesetzte nun sicherlich. Tatsächlich ist auch hier wieder eine Interessenabwägung erforderlich. Jeder darf seine Freizeit gestalten, wie er möchte. Auf der anderen Seite gilt auch im Arbeitsrecht prinzipiell das Prinzip, dass man ohne Arbeit keinen Lohn erhält, wenn man sich selbst in das Risiko begibt, arbeitsunfähig zu werden. Hat etwa ein Arbeitnehmer seine Verletzung oder Krankheit im Urlaub selbst verschuldet, kann der Anspruch auf Lohnfortzahlung entfallen. Laut der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das aber auf Extremfälle beschränkt, in denen der Angestellte grob gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartenden Verhalten verstößt, beispielsweise ohne Ausrüstung klettert oder leichtsinnig eine Extremsportart betreibt, derer er nicht mächtig ist.

Aber bei aller Einsicht und Geduld mit den Sportler:innen müssen beide wissen: Ein Arbeitsverhältnis kann ohnehin jederzeit gekündigt werden, wenn der Geduldsfaden am Ende ist, beispielsweise durch die krankheitsbedingte Kündigung.

Flugausfälle: Droht die Kündigung, wenn Angestellte den Dienst nicht antreten?

Wie bereits erwähnt, wird man in allererster Linie für das Arbeiten bezahlt. Sitzt man aber am anderen Ende der Welt vor ein Flugtafel, die die eigene Heimkehr als gecancelt deklariert, ist nicht nur man selbst, sondern mit Sicherheit auch der Chef oder die Chefin angefressen. Wer spontan keine wohlwollende Verlängerung des Urlaubs bekommt oder dieser vielleicht für das Jahr schon aufgebraucht ist, kann eine unbezahlte Freistellung verlangen, denn ohne Arbeit gibt es keinen Lohn. An sich kann das Unternehmen jedoch deswegen keine Kündigung aussprechen, wenn man den Dienst nicht wie vereinbart antritt, denn der oder die Betroffene haben die Flugausfälle nicht zu verschulden.

Last Minute: Darf der Urlaub kurz vor knapp beantragt werden?

Gutes Wetter, Flaute im Büro oder ein preiswertes Last-Minute-Angebot, können schon mal dazu verleiten, spontan Urlaub einzureichen. Tatsächlich kennt das Arbeitsrecht auch keine Frist, wie weit der Urlaub vor dem eigentlichen Urlaubsantritt beantragt werden muss. Hier können die Parteien spontan sein, wenn arbeitsvertraglich oder tariflich nichts anderes festgelegt wurde. Und selbst dann besteht immer Raum für individuelle Absprachen.

Wie immer gilt jedoch, dass sich vor allem das Unternehmen rechtzeitig auf den Urlaub einstellen können muss, beispielsweise die Personalplanung oder andere Koordinierungen getroffen werden können. Wer mit seinen Spontantrips einen kompletten Dienstplan zerschießt, darf sich nicht wundern, wenn sein Urlaub nicht gewährt wird.

Temporarily not available: Darf man die Erreichbarkeit verlangen?

Der Urlaub dient vor allem einem Ziel: der Erholung. Dennoch sieht der Urlaubsalltag bei vielen anders aus. Trotz der freien Tage sind viele Arbeiter:innen freiwillig erreichbar, und sei es nur in der ungezwungenen Kolleg:innen-WhatsApp-Gruppe. Zwei Drittel der Berufstätigen checkt noch schnell die Mails oder telefoniert dienstlich im kommenden Sommerurlaub, zeigt eine aktuelle Bitkom-Umfrage. Das Unternehmen darf von seinen Angestellten unabhängig von ihrer Position oder Stellung jedoch nicht verlangen, dass diese in der Urlaubszeit gestört werden oder erreichbar sind. Das wäre nur in absoluten Notfällen denkbar und sollte dann auch entsprechend monetär honoriert werden.

Neben den umfangreichen Leistungen in puncto Rechtssicherheit im Online-Shop bietet der Händlerbund auch den Rundum-Service für Arbeitgeber. Mit den neuen Arbeitsrecht-Paketen stehen Arbeitgebern nicht nur umfangreiche Vorlagen und Checklisten zur Verfügung, sondern auch die Rechtsberatung. Weitere Informationen zu den Arbeitsrecht-Paketen finden Sie hier.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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