Dreist oder berechtigt?

Kunde will verloren gegangenes Produkt nicht bezahlen

Veröffentlicht: 21.09.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 22.09.2023
Mann macht ablehnende Geste
In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbrauchern, Kunden und Arbeitnehmern unter die Lupe.

 

In dieser Woche geht es um einen Transportverlust: Ein Hobby-Bastler bestellt bei einem Händler neben einigen größeren Produkten ein kleines Ersatzteil aus Metall. Dieses kommt gemeinsam mit allen anderen Sachen in einem großen Karton an. Allerdings stellt der Käufer fest, dass das Ersatzteil nicht ganz passt. Nach einem kurzen Austausch mit dem Händler macht er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch. Der Händler schickt noch die Rücksendeadresse.

In der E-Mail findet sich auch folgender Hinweis: „Bitte nicht in einem Luftpolsterumschlag versenden. Damit haben wir schlechte Erfahrungen gemacht.“ Wie die Erfahrungen aussehen, ist aber nicht näher erklärt. Da der Kunde nicht so recht weiß, wie er das etwa ein Zentimeter kleine Metallstück am besten versendet, geht er damit zur Post. Die Postangestellte händigt ihm tatsächlich einen Luftpolsterumschlag als geeignete Versandverpackung aus. Zwei Tage später schickt der Händler ein Foto des Umschlages: Es befindet sich ein Loch darin. „Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie keinen Luftpolsterumschlag verwenden sollen. Die Maschinen bei der Post drücken harte Metallteile durch.“ Der Kunde sieht sich aber im Recht und verlangt die Rückzahlung. Zu Recht?

Grundsatz: Transportrisiko beim Widerrufsrecht

Beim Widerrufsrecht wird das Transportrisiko durch das Unternehmen getragen. Geht die Ware also zufällig verloren oder wird sie beschädigt, ist dies nicht das Problem der Kundschaft. Sie hat dennoch Anspruch auf die Rückzahlung des Kaufpreises. Was aber bedeutet zufälliger Verlust? Damit ist gemeint, dass keine der beiden Parteien etwas für den Verlust kann. Wählt die Kundschaft also eine ungeeignete Versandverpackung und ist diese ursächlich für den Verlust, muss das Unternehmen nicht haften. Die Frage, die man sich für diesen Fall also stellen muss, ist die, ob der Käufer etwas für den Verlust kann.

Fazit: Klare Ansagen verhindern Fehler

Wie also ist der Fall zu bewerten? Es wirkt erst einmal so, als müsste der Kunde für den Schaden aufkommen. Immerhin hat der Händler geschrieben, dass bitte kein Luftpolsterumschlag verwendet werden soll. Allerdings hat er diese Bitte nicht näher erklärt. „Schlechte Erfahrungen“ können in diesem Zusammenhang alles Mögliche bedeuten. Von: „Diese Umschläge kommen nicht an“ bis hin zu: „Sie gehen im eigenen Lager immer verloren.“

Hinzu kommt noch, dass sich der Kunde bei der Post hat beraten lassen. Er durfte sich darauf verlassen, dass die Mitarbeiterin schon weiß, mit welcher Verpackung solche kleinen Teile am besten ankommen. Ihn trifft also kein Verschulden. Der Verlust der Ware ist „zufällig“ und die Rückforderung des Kaufpreises damit berechtigt.

Praxistipp: Retourenlabel und Verpackung

In der Praxis bietet es sich für Unternehmen an, der Kundschaft ein Retourenlabel für den Rückversand zur Verfügung zu stellen. Wenn man mit bestimmten Versandmethoden schlechte Erfahrungen gemacht hat, lohnt es sich, diese schlechten Erfahrungen näher auszuführen. Pauschale Hinweise werden unter Umständen von der Kundschaft nicht wirklich ernst genommen. Mit einer Begründung können solche Hinweise aber nachvollziehbar werden. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kontaktieren Sie Sandra May

Kommentare  

#2 Jens 2023-09-27 14:49
"es ist nun einmal gesetzlich geregelt"
und genau diese Denkweise ist das Problem!
Dieser Paragraph gehört geändert! Wie soll jemand ein Risiko für etwas übernehmen, auf das er keinen Einfluss hat? Hier werden die Lasten ungerecht verteilt, aber das interessiert in der Politik keinen, geschweige denn, dass es jemanden gibt, der sich für solche Änderungen einsetzt..
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#1 Karl Ranseier 2023-09-27 14:20
Das ist leider der übliche Blödsinn, Hauptsache der Kunde muss seinen Hintern nicht bewegen. Die Faktenlage ist doch folgende: Der Käufer hat einen Versandauftrag mit dem Logistiker, der Logistiker hat den Schaden verursacht. Dem Verkäufer wird der Logistiker in dem Fall selbstverständl ich sagen "wir haben keinen Vertrag miteinander, daher auch kein Regress!". Aber entsprechend hat es Pflicht zu sein, dass der Käufer den Logistiker als Schadenverursac her in Haftung nimmt.
Eigentlich gar nicht so kompliziert. In meinen Augen gibt es da rein juristisch wenig Interpretations spielraum. Die Gesetzsprechung ist nur wie üblich anders, weil auch Richter im Internet einkaufen, aber nicht verkaufen.
Iustitia ist da wie wir Händler wissen immer auf dem selben Auge blind, das andere Auge dagegen funktioniert allerbestens.

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Antwort der Redaktion

Hallo,

es ist nun einmal gesetzlich geregelt, dass das Transportrisiko für den Rücksendeweg das Unternehmen trägt.

§ 355 Abs. 3 Satz 3 BGB: "Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren."

Das Ergebnis hat also nichts mit den Gerichten zu tun.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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