Dreist oder berechtigt?

Kundin macht von Herstellergarantie Gebrauch und erklärt dann den Rücktritt

Veröffentlicht: 07.03.2024 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 07.03.2024
Fahrrad wird repariert
In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

 

Diesmal geht es um das Zusammenspiel zwischen Garantie und Gewährleistung: Eine Kundin erwarb bei einem stationären Händler ein Fahrrad. Als dieses nach kurzer Zeit einen Defekt aufwies, wandte sie sich direkt an den Hersteller. Dieser reparierte den Defekt aufgrund der gewährten Herstellergarantie. Als der Fehler wieder auftrat, machte die Kundin erneut von diesem Service Gebrauch. Beim dritten Mal aber hatte sie die Nase voll und ging zu dem stationären Händler und erklärte dort, dass sie gern vom Kaufvertrag zurücktreten möchte. Dreist oder berechtigt?

Grundsatz: Gewährleistung ungleich Garantie

Zunächst einmal klären wir den Unterschied zwischen Gewährleistung und Garantie: Bei der Gewährleistung handelt es sich um die gesetzlichen Ansprüche, die Kunden haben, wenn das gekaufte Produkt einen Mangel hat. Diese Gewährleistungsansprüche entstehen grundsätzlich zwischen Käufer:innen und Verkäufer:innen. Einer dieser Gewährleistungsansprüche ist der Rücktritt. Beim Rücktritt wird der Vertrag rückabgewickelt. Allerdings gilt regelmäßig der Vorrang der Nacherfüllung: Bevor die Kundschaft vom Rücktrittsrecht Gebrauch machen darf, muss die Chance zur Nacherfüllung, also zur Nachbesserung oder Neulieferung, eingeräumt werden. Erst wenn diese zweimal fehlschlägt oder aber verweigert wird, darf der Rücktritt erklärt werden.

Die Garantie hingegen ist eine freiwillige Leistung, die meistens von Hersteller:innen oder Händler:innen eingeräumt wird. Es handelt sich um eine zusätzliche Leistung zum Gewährleistungsrecht. Im Rahmen der Garantie darf festgelegt werden, was genau von dieser zusätzlichen Leistung erfasst ist und wie die Kundschaft sie beanspruchen kann.

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Fazit: Kundin muss Gelegenheit zur Nacherfüllung geben

Was aber bedeutet das für unseren Fall? Die Kundin hat das Rad zwar bereits zweimal zur Reparatur geschickt, allerdings eben im Rahmen der Herstellergarantie. Dem Händler wurde noch gar keine Möglichkeit zur Nacherfüllung eingeräumt. Er hatte bisher nicht einmal die Möglichkeit zu prüfen, ob es sich überhaupt um einen Sachmangel handelt. Man muss also die Leistungen der Herstellerfirma und die des Händlers voneinander trennen. Die Kundin darf den Rücktritt also noch nicht erklären. Natürlich hat sie hier die Möglichkeit, mit dem Händler ins Gespräch zu gehen. Vielleicht ist er vor dem Hintergrund der zweimaligen Reparatur bereit, ihr entgegenzukommen. 

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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