Themenreihe Marktplätze

Shein: Primus im Fast-Fashion-Bereich – Ein Erfahrungsbericht

Veröffentlicht: 04.10.2023 | Geschrieben von: Corinna Flemming | Letzte Aktualisierung: 08.11.2023
Shein auf Smartphone

Dieser Artikel ist Teil unserer Marktplatz-Themenreihe: Diese beleuchtet in verschiedenen Beiträgen nicht nur wichtige Zahlen und Fakten von Amazon, Ebay und Co., sondern stellt Händlerinnen und Händlern auch Tipps rund um Marketing, Anzeigen, SEO oder Internationalisierung auf Marktplätzen bereit. Außerdem finden sich Erfahrungsberichte und Interviews zu spezifischen Online-Plattformen wie Temu, Wish und Shein.
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Na, haben Sie sich denn schon auf einer Plattform wie Temu die Finger wund geshoppt oder sind Sie, wie ich, eher zurückhaltend, was die asiatischen Billig-Marktplätze angeht? Shein, Wish und neuerdings eben auch Temu dringen immer mehr in den europäischen Markt vor und versuchen, mit Schnäppchenpreisen, die Platzhirsche Amazon, Ebay, oder hierzulande Otto und Co., herauszufordern. Bislang habe ich mich auch noch nicht an einen Kauf auf den Billigmarktplätzen getraut, zu sehr überwiegt bei mir noch die Skepsis – salopp gesagt – völligen Schrott zu erwerben. Das wird sich nun aber ändern. Um die drei Plattformen Shein, Wish und Temu ausführlich zu testen, habe ich bei allen drei Marktplätzen niedrigpreisige Produkte bestellt. Ob diese in Sachen Bestellvorgang, Lieferung und Ware überzeugen konnten, lesen Sie in diesen Erfahrungsberichten:

 

Vom Hochzeitskleid-Shop zum Social-Media-Star

Shein wurde 2008 in Nanjing, einer Stadt im Osten der Volksrepublik China, gegründet und war ursprünglich auf den Online-Verkauf von Hochzeitskleidern fokussiert. Anfang der 2010er Jahre hat der Marktplatz sein Sortiment allerdings auf Damenmode erweitert, Mitte der 2010er kamen dann auch Herren-, Kinder- und alle anderen Arten von Mode hinzu. Die überwiegende Mehrheit der Kunden soll allerdings nach wie vor Frauen sein. Shein hat sich in den letzten Jahren zum führenden Fast-Fashion-Unternehmen entwickelt, jeden Tag sollen rund 2.000 neue Produkte auf dem Marktplatz eingestellt werden.

Den Erfolg verdankt das Unternehmen zu großen Teilen auch seiner regen Aktivität auf den Social-Media-Kanälen. Das Unternehmen nutzt Facebook, Instagram, Pinterest und TikTok, um intensiv für Produkte zu werben und arbeitet mit einer großen Zahl an Influencern zusammen. Im Gegensatz zu vielen in China ansässigen Herstellern ist Shein allerdings nur auf den internationalen Markt ausgerichtet und verkauft nicht in China. Die Hersteller hat Shein in den Anfangsjahren vor allem durch pünktliche Zahlungen an sich gebunden. Wie es auf dem Portal Business of Apps heißt, gab es besonders in den frühen 2010er Jahren in der chinesischen Fertigungsindustrie eine hohe Rate verspäteter oder ausbleibender Zahlungen. Shein konnte sich so damals durch pünktliche Zahlungen einen guten Ruf erarbeiten. 

In den letzten fünf Jahren ist die Bewertung von Shein in die Höhe geschnellt, ausgelöst dadurch, dass das Unternehmen auf dem US-amerikanischen und europäischen Markt Fuß fasste. Von einer Bewertung von 5 Mrd. US-Dollar im Jahr 2019 stieg sie auf 100 Mrd. US-Dollar Anfang 2022. Seitdem ging sie allerdings wieder auf 64 Milliarden US-Dollar in 2023 zurück. Derzeit kann Shein rund 74,7 Millionen aktive Käufer vorweisen. Brasilien, Mexiko und die USA zählen dabei zu den größten Märkten des Marktplatzes. Im Jahr 2022 wurde die App stolze 200 Millionen Mal heruntergeladen und war damit die am häufigsten heruntergeladene Shopping-App im Jahr.

Praxistest: Shoppen auf Shein

Da sich Shein hauptsächlich als Mode-Marktplatz einen Namen gemacht hat, entschied ich mich für mein kleines Shopping-Experiment für den Kauf von Leggings. Schon auf der Startseite wurde ich von zahlreichen Rabatten regelrecht überrannt. Da ich bekanntermaßen eine kleine Schnäppchenjägerin bin, nahm ich das Angebot von 10 Prozent Rabatt plus kostenlosem Versand bei meiner ersten Bestellung natürlich dankend an. Alles, was ich dafür tun musste, war meine E-Mail-Adresse preiszugeben. Zusätzlich habe ich noch 100 Punkte erhalten. Was diese Punkte genau sind, dazu schreibt Shein auf seiner Webseite: „Punkte können nur verwendet werden, um den Betrag einer Bestellung oder den Preis eines auf der Website gekauften Produkts zu reduzieren (ausgenommen Versand-, Versicherungs- und sonstige Gebühren). Einhundert (100) Bonuspunkte entsprechen einem (1) US-Dollar, was bedeutet, dass einhundert (100) Bonuspunkte mehr oder weniger als einem (1) Euro entsprechen können, je nach Wechselkurs und Zahlenumrechnung (keine Nachkommastellen).“ So weit, so gut.

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Nach ein bisschen Umschauen auf der Plattform entschied ich mich schließlich für zwei Leggings, und nach Anraten verschiedener Produktreviews jeweils eine Nummer größer. Die Standardlieferung kostete mich tatsächlich nichts. Auf die Gesamtsumme von 17,75 Euro bekam ich, durch Einsatz meiner Shein-Punkte, die ich durch Bestätigung meiner Mail-Adresse gesammelt hatte, noch einmal einen Rabatt von 1,11 Euro. Die zehn Prozent Rabatt, mit denen man mich am Anfang gelockt hat, konnte ich allerdings doch nicht einlösen, da diese erst ab einem Bestellwert von 49 Euro gelten. Dies war bei der Anmeldung natürlich nirgends deutlich ausgeschrieben. Letztendlich kosteten mich die beiden Leggings 16,64 Euro inkl. Versand. Auch hier entschied ich mich für die Bezahlvariante von PayPal, bekam im Gegensatz zu Wish allerdings kein Lieferzeitfenster für meine Bestellungen angezeigt. Lediglich in meiner Bestellhistorie gab es die Angabe „Lieferdauer: 7 bis 10 Werktage.“

Und an diese hat sich Shein tatsächlich gehalten: Am 02. September, etwas mehr als eine Woche nach meiner Bestellung am 24. August, hatte ich mein Paket tatsächlich im Briefkasten. Es kam unbeschädigt an und, was mich positiv überraschte: keine übermäßige Verpackung. Auf den ersten Blick sahen meine bestellten Leggings ganz gut aus, obwohl ich mir die Farbe der Grünen doch etwas anders vorgestellt habe, aber so ist das nun mal mit Produktbildern im Internet vs. der Realität. Auch der erste Tragetest erwies sich als positiv, alles passte und saß gut. Als Nächstes folgte allerdings der erste Härtetest: der Weg in die Waschmaschine. Da sich hier häufig Schwächen von Waren aus China offenbaren, war ich äußerst gespannt, wie die Hosen nach dem Waschgang aussehen. Hier wurde ich aber positiv überrascht: Nichts war geschrumpft, verformt oder löste sich auf.

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Jetzt, gut einen Monat und zahlreichen Einsätzen, beim Laufen, im Garten oder einfach nur beim auf der Couch liegen, später lässt sich feststellen: Ich bin begeistert. Noch immer sitzen beide Leggings sehr gut, auch nach mehrmaligem Waschen lässt weder der Stoff noch die Farbe nach und sie sind super bequem. Und noch einen positiven Faktor will ich hier nicht unkommentiert lassen: Seit meiner Bestellung hatte ich elf E-Mails vom Marktplatz in meinem Postfach. Hiervon waren allerdings fünf solche, die mich über den Versandstatus meiner Waren informierten. Im Vergleich zu anderen Marktplätzen landet Shein in Sachen Spam also noch im akzeptablen unteren Bereich. 

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Shein in den Medien: Immer wieder Kritik über die Arbeitsbedingungen

Bei all den positiven Erfahrungen, die ich bei meiner ersten Shein-Bestellung gemacht habe, kann man natürlich aber auch nicht die schlechten Seiten des Konzerns außer Acht lassen. Immer wieder wird Shein wegen mangelnder Nachhaltigkeit kritisiert, auch die schlechten Arbeitsbedingungen in den sogenannten Sweatshops stehen in der Kritik. In solchen sollen Menschen meist extrem lange Wochenstunden für geringes Geld arbeiten. Auch die Qualität der Billigmode lässt in vielen Fällen zu wünschen übrig. Ein Test von Greenpeace hat ergeben, dass in einem Großteil der Kleidung gefährliche Chemikalien aufzufinden sind. „Ob giftige Chemikalien oder Naturzerstörung: Um den Preis zu drücken, nimmt SHEIN scheinbar alles in Kauf. Der Konzern stellt täglich rund 6.000 neue Artikel online und zieht die oft minderjährige Kundschaft via TikTok und Instagram in einen endlosen Kaufrausch“, heißt es von Lisa Panhuber, Konsumexpertin bei Greenpeace in Österreich. „Die EU-Kommission und die österreichische Bundesregierung müssen solch gefährlichen Fast-Fashion-Konzernen endlich einen Riegel vorschieben.“ 

Diese Aspekte sollte man bei all den auf den ersten Blick tollen Angeboten auf der Plattform nicht vergessen.

Dieser Artikel ist Teil unserer Themenreihe Marktplätze. Weitere Erfahrungsberichte, eine Übersicht über die wichtigsten Plattformen und weitere Artikel zu verschiedenen Marktplatzthemen findet ihr auf unserem Themen-Hub zur Reihe! >> Zur Themenreihe Marktplätze

Über die Autorin

Corinna Flemming
Corinna Flemming Expertin für: Internationales

Nach verschiedenen Stationen im Redaktionsumfeld wurde schließlich das Thema E-Commerce im Mai 2017 zum Job von Corinna. Seit sie Mitglied bei den OnlinehändlerNews ist, kann sie ihre Liebe zur englischen Sprache jeden Tag in ihre Arbeit einbringen und hat sich dementsprechend auf den Bereich Internationales spezialisiert.

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