Marktplatz-Check

Schnellschuss oder lohnenswert? Der Bild-Marktplatz im Test

Veröffentlicht: 29.04.2024 | Geschrieben von: Ricarda Eichler | Letzte Aktualisierung: 07.05.2024
Frau untersucht Website auf Laptop

Das Marktplatz-Geschäft boomt. Ob Obi, Otto oder MediaMarkt – es scheint eine Win-win-Situation für alle Beteiligten: Händler:innen bekommen eine Präsenz, die vielleicht leichter gefunden wird, als der eigene Shop und Verbraucher:innen finden idealerweise alles, was sie suchen, an einem Ort. Und der Marktplatz selbst? Der muss eigentlich recht wenig tun, außer eine funktionale Plattform zu bieten. Und für diesen verhältnismäßig geringen Einsatz gibt es Kommissionsgebühren.

Auch im Hause Axel Springer dachte man sich in Anbetracht dessen wohl, dass man sich das Geschäft nicht entgehen lassen wollte, und startete nun also den Bild-Marktplatz. Dieser wirbt damit, die „ultimative Shopping-Destination für erstklassige Produkte und unschlagbare Angebote“ zu sein. Ob dem so ist, versuchen wir im Folgenden zu ergründen. Dafür habe ich einen Testkauf gewagt und mir auch die Händler:innen-Seite genauer angesehen.

Auf den ersten Blick: Nerviger Kaufdrang

Zunächst ein grober Blick über die Website: Die Startseite lockt mit einem guten Überblick über die vorhandenen Kategorien und stellt ausgewählte Produkte mit Rabatten zwischen 15 und 50 Euro vor. Eine spezielle Kategorie verspricht zudem, weitere rabattierte Artikel im Überblick zu zeigen. 

Rabatte sowie begrenzte Stückzahlen verleiten dabei durchaus zum Kaufen. Deutlich stärker tut das aber noch die Registerkartenbeschriftung. Ist man nur wenige Sekunden inaktiv, wechselt diese nämlich die Anzeige. Statt wie zuvor die aktuelle Seite beziehungsweise das Produkt zu nennen, steht hier jetzt „Vergiss deinen Einkauf nicht!“. Das ganze wirkt schnell, als hätte hier ein passiv-aggressiver Marktschreier programmiert. Aber nicht nur der damit erzeugte Kaufdrang nervt, es macht die Seite auch schlicht unfassbar unübersichtlich.

Schließlich kennen wir sicherlich alle das Problem, dass wir gerade beim Online-Shopping gerne mehrere Tabs gleichzeitig offen haben, um Produkte zu vergleichen. Das lässt sich auf dem Bild-Marktplatz praktisch nicht bewerkstelligen, wenn alle Tabs gleich heißen. Hier wurden schlecht gemachte Dark Patterns offenbar weit über Benutzerfreundlichkeit gestellt.

„Kauf was Witziges!“

Für meinen Testkauf stand ich vor der Qual der Wahl. So gibt es doch (angeblich) 30.000 Produkte zur Auswahl. Einzige Aufgabenstellung der Redaktionsleitung war „Kauf was Witziges!“. Ok, dann schauen wir mal, was es hier so Witziges gibt. Beim Blick durch die Kategorien fielen erstaunlich viele Produkte auf, die als „ausverkauft“ deklariert waren. Das wunderte mich, war der Marktplatz zu diesem Zeitpunkt doch gerade einmal wenige Wochen alt.

Die Nachfrage bei einem der betreffenden Händler brachte eine aufschlussreiche Aufklärung: Befinden sich Händler:innen noch im Onboarding, sind ihre Produkte teils bereits öffentlich sichtbar, aber werden als „ausverkauft“ dargestellt. Die Taktik scheint zu sein, seine Produktvielfalt so groß wie möglich erscheinen lassen zu wollen. Was vermutlich auch notwendig ist, denn wenn man einmal genauer hinsieht, fällt auf, dass die 30.000 Produkte nicht ganz stimmen können.

  • Garten & Heimwerken: 2.462 Produkte
  • Möbel & Deko: 3.127 Produkte
  • Technik: 6.907 Produkte 
  • Sport & Outdoor: 411 Produkte
  • Spielzeug: 468 Produkte 
  • Haustierbedarf: 215 Produkte 
  • Schuhe: 2.629 Produkte
  • Lebensmittel: 445 Produkte
  • Bekleidung: 177 Produkte
  • Beauty: 32 Produkte

Das ergibt in meinem beschränkten Mathematikverständnis 16.873 Produkte und damit nur knapp über die Hälfte des angeblichen Angebotes. Selbst mit dem künstlichen Aufbauschen durch die Vorab-Listung noch gar nicht fertig angebundener Produkte wurde hier also deutlich mehr versprochen als gehalten werden kann.

Letzten Endes stand ich vor der Wahl einer dekorativen Hai-Skulptur oder einer Oszillationsplatte. Beides erfüllte meine Standards an „witzig“. Letzteres wollte ich aber tatsächlich einmal testen. 

Mein Testkauf: so ist es als Kundin beim BILD-Marktplatz zu bestellen 

Meine Bestellung gab ich am 15. April auf. Sie wurde mit der Bestellnummer 1154 deklariert. Um diese beurteilen zu können, fehlt mir an dieser Stelle jedoch leider der Vergleich. Bezahlt werden konnte zu diesem Zeitpunkt noch ausschließlich über die Klarna Zahlweisen Sofort, Rechnung oder Ratenkauf, beziehungsweise per Kreditkarte. Mittlerweile konnte Bild jedoch auch Apple Pay anbinden. Bereits am 16. April machte sich die Sendung per DHL aus dem Weg und kam am 19. April dann auch an. 

Bild Marktplatz Testkauf

Über die Reise wurde ich hinreichend, aber nicht übermäßig nervig informiert. Einzelne Reiseschritte konnte man sich schließlich im DHL-Tracking zu Gemüte führen. Die Ware war ordentlich verpackt, eine Rechnung, ein Lieferschein oder gar ein Retourenlabel suchte man im Paket jedoch vergeblich. Die Umwelt dankt an dieser Stelle.

Mein Test der Oszillationsplatte wird an dieser Stelle vermutlich auf weniger Interesse treffen. Aber lassen wir uns kurz zusammenfassen: Ansprüche an Witzigkeit wurden erfüllt. Eine kurze Internetrecherche führte dann aber zutage, dass die Geräte für den tatsächlichen Muskelaufbau eher weniger taugen und stattdessen eher rein für die Koordination nützlich sind.

Deswegen wagte ich bereits am 21. April das nächste Unterfangen: Retoure auf dem Bild-Marktplatz.

Kostenlose Retoure, aber unnötig komplizierter Widerruf 

In den verschiedenen E-Mails vom Bild-Marktplatz suchte ich zunächst meine Bestellbestätigung erneut auf. Im kargen Bestellformular gab man zwar seine E-Mail-Adresse an, ein richtiges Kundenportal mit individuellem Login und Verwaltung von Bestellungen und Retouren sucht man hier aber vergeblich. Was jedoch an den der Bestellbestätigung anhing, war ein PDF mit Informationen zu AGB sowie Widerruf.

Laut dieser sollte ich meinen Widerruf schriftlich an die Axel Springer Deutschland GmbH stellen. Gesagt, getan. Doch binnen nur eines Tages kam die (erwartbare) Rückmeldung: Die Axel Springer Deutschland GmbH ist natürlich überhaupt nicht Vertragspartnerin des Kaufes. Den eigentlichen Vertragspartner und einen direkten Kontakt findet man jedoch weder in der Bestellbestätigung per E-Mail, noch in der Bestellübersicht auf der Website.

Den darf Kundin sich manuell aus der Liste der Händler:innen heraussuchen. In meinem konkreten Fall läuft der Verkauf über einen Markennamen, welcher jedoch nicht dem Unternehmensnamen entspricht. Den korrekten Namen und die Anschrift herauszufinden, ist für weniger Shopping-versierte Menschen dabei unter Umständen gar nicht so einfach. Der Bild-Marktplatz zeigt sich in diesem Schritt alles andere als kundenorientiert. 

Nachdem der Widerruf an die richtige Stelle auf den Weg gebracht worden war, schickte mir das Unternehmen aber immerhin direkt ein kostenloses DHL-Retourenlabel zu. Nach Rückerhalt der Ware wurde auch die Klarna Zahlung storniert, sodass ich diese Akte erfolgreich schließen konnte. Für die Zukunft möchte ich mir jedoch merken, bei Testkäufen doch eher auf handliche Produkte zurückzugreifen. Eine Oszillationsplatte passt, so weiß ich nun, leider nicht in einen handelsüblichen Einkaufsbeutel.

 

Lohnt sich der Verkauf auf dem Bild-Marktplatz? 

Um als Shop auf dem Bild-Marktplatz zu verkaufen, braucht es nicht viel:

  • Monatliche Grundgebühr: 39,95 Euro
  • Kommission auf Bruttoverkaufspreise: 16 Prozent (Ausnahmen: Elektronik & Technik 10 Prozent, Pflanzen 12 Prozent, Lebensmittel 13 Prozent)
  • Händler sollten deutschsprachigen Kundendienst sowie Produkttexte bereitstellen
  • Kostenlose Retourenlabels anbieten
  • sowie Lieferzeiten von drei bis fünf Werktagen einhalten

Softwareseitig arbeitet der Bild-Marktplatz mit dem Shopsystem von Mirakl. Ein Onboarding wird erleichtert, wenn man bereits Mirakl Connect benutzt, welches Online-Shops unkompliziert an verschiedene Marktplätze anbindet. Der Händler, welcher mir eingangs bestätigte, sich noch im Onboarding zu befinden, berichtete im Rahmen dessen keine besonderen Vorkommnisse oder Probleme. Ein Urteil über die aktuelle Zufriedenheit erreichte mich bisher jedoch nicht. 

Zum Schluss: Wir haben den 29. April, genau zwei Wochen nach meiner ersten Bestellung auf dem Bild-Marktplatz. Nun interessiert es mich doch: Wie viel Aussagekraft kann man der Bestellnummer beimessen? Das Kind braucht ohnehin gerade neue Sportschuhe. Der Spaß soll also noch erlaubt sein. Neue Schuhe wurden bestellt, die Bestellnummer lautet 1184. Sollte meine offensichtliche Theorie sich bewahrheiten, konnte der Bild-Marktplatz also innerhalb von zwei Wochen also gerade einmal 30 Verkäufe abschließen. Ob sich eine Anbindung rentiert, muss angesichts dessen jeder Shop für sich entscheiden.

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Über die Autorin

Ricarda Eichler
Ricarda Eichler Expertin für: Nachhaltigkeit

Ricarda ist im Juli 2021 als Redakteurin zum OHN-Team gestoßen. Zuvor war sie im Bereich Marketing und Promotion für den Einzelhandel tätig. Das Schreiben hat sie schon immer fasziniert und so fand sie über Film- und Serienrezensionen schließlich den Einstieg in die Redaktionswelt.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Ricarda Eichler

Kommentare  

#2 Tanja 2024-05-04 08:14
Kostenlose Retourenlabels? Also für kleinpeisige Produkte genauso uninteressant wie der Otto-Marktplatz . Die Retourenquote ist mit kostenlosen Retourenlabels dreimal so hoch wie über unsere eigene Website.
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#1 Ronald 2024-04-30 10:09
Ein teurer Schnellschuss. 16% Kommission? Kostenlose Retoure verpflichtend? Also für einen Händler absolut uninteressant, der hier zu einem vernünftigen Preis anbieten und (einen kleinen) Gewinn erzielen möchte.
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