Von ausgedruckten E-Mails und Essensmarken – Urlaub im Jahr 1998

Veröffentlicht: 09.05.2018 | Geschrieben von: Corinna Flemming | Letzte Aktualisierung: 09.05.2018

Das lange Feiertagswochenende über den ersten Mai nutzte ich für einen Familienausflug. Es ging in ein Hotel in einem kleinen Ort, nahe der tschechischen Grenze, an dem vor über 30 Jahren meine Eltern ihre Flitterwochen verbracht haben. Heute, ein paar Kinder und Enkelkinder später, stand das Hotel samt DDR-Fassade immer noch. Zwar haben sich die Rahmenbedingungen zu unseren Gunsten etwas geändert – im Gegensatz zu 1985 mussten wir uns nicht für einen Aufenthalt in dem Hotel bewerben, sondern konnten ganz entspannt über eine bekannte Hotelvermittlungsseite buchen – über das Jahr 1998 scheint man in der Hotelkette allerdings nicht gekommen zu sein, wie sich schon beim Einchecken zeigte.

Als wir nämlich in der Schlange vor der Rezeption standen, holte meine Mutter plötzlich ihre ausgedruckte Buchungsbestätigung raus mitsamt der dazugehörigen E-Mail heraus. Ich verkniff mir dies mit dem Hinweis zu kommentieren, wie viele Bäume doch durch sinnlos ausgedruckte E-Mails sterben – zum Glück.

80 Blatt Papier für ein Wochenende

Wie sich nämlich kurze Zeit später herausstellte, war der schriftliche Beweis unserer Buchung mehr als nötig. Tatsächlich war das erste, was die freundliche Dame an der Rezeption verlangte, die ausgedruckte Buchungsbestätigung. Bei über 700 Zimmern, welche diese Hotel aufwies, eine ganz schöne Zettelwirtschaft. Dabei sollte es allerdings nicht bleiben, denn als nächstes bekamen wir pro Zimmer ungefähr fünf verschiedene Zettel und – ganz im Ernst – Essensmarken für das Abendbrot! Pro Person und Abend wurde ein kleiner Zettel ausgefüllt, den man doch bitte dem jeweiligen Kellner abgeben sollte.

Bewaffnet mit den Essensmarken ging es also wenige Stunden später zum Abendbrot. Die Essensmarken sammelte der Kellner auch gleich ein, wobei er allerdings einen Fehler auf ihnen feststellte. Ich übertreibe nicht, wenn ich hier schreibe, dass ich die nächsten 20 Minuten damit verbrachte, einer jungen Dame an der Rezeption dabei zuzuschauen, wie sie unsere insgesamt 21 Essensmarken mit einer Tipp-Ex-Maus bearbeitete. Was nun genau geändert wurde, ich kann es beim besten Willen nicht mehr sagen. In der Zwischenzeit versuchte meine Familie, Getränke zu bestellen, was sich als ähnlich schwierig herausstellte, denn ohne Zimmerpass ging nix. Zimmerpass?? Eine der vielen Zettel, welche wir beim Einchecken bekamen, war anscheinend dieser mysteriöse Zimmerpass. Unsere Nachfrage, ob es denn reichen würde, den Namen bzw. die Zimmernummern anzugeben, wurde natürlich verneint. Also noch mal hoch, das kleine A5-Zettelchen – welches lediglich Informationen enthielt, die wir auch hätten mündlich geben können – aus dem Stapel herausgekramt und endlich konnte das Essen beginnen.

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Internet, dieses verflixte Neuland

Die größte nervliche Anstrengung sollte mir allerdings noch bevorstehen, denn mit Blick auf die Rechnung stellten wir fest, dass man uns zu viel berechnet hatte. Die Anzahlung, welche von der Plattform bereits eingezogen wurde, wurde im Gesamtpreis nicht berechnet. Mitsamt der ausgedruckten Bestätigung und dem sicheren Gefühl, diese Sache in zwei Minuten zu klären, machte ich mich erneut auf den Weg zur Rezeption. Wie naiv ich doch war! Leider war von der jungen Dame, die uns eingecheckt hatte, nichts mehr zu sehen und die Damen vor Ort wollten oder konnten mein Dilemma nicht verstehen. Die erste hatte von der besagten Buchungsplattform noch nie etwas gehört, demzufolge war meine ausgedruckte Bestätigung nicht so viel wert. Die nächste konnte nicht nachvollziehen, warum wir eine Anzahlung bereits getätigt hätten und war dementsprechend skeptisch gegenüber besagter Seite. „In diesem Internet gibt es ja schließlich einige Gauner“, flüsterte sie mir verschwörerisch zu. Spätestens jetzt suchte ich wirklich nach versteckten Kameras.

Es dauerte noch geschlagene 60 Minuten, bis man diesen mysteriösen Fall endlich klären konnte und mir versprochen wurde, das zu viel gezahlte Geld wieder zurück zu überweisen. Die Problemlösung beinhaltete natürlich das Ausdrucken und Herumschieben einiger Zettel, aber das war mir in diesem Moment auch egal.

Liebe Leser, verstehen Sie mich nicht falsch! Ich erwarte längst nicht von jedem Hotel oder Lokalität, das man die neuesten technischen Gadgets vorweisen kann. Allerdings wäre es schön, wenn man schon auf derartige Hilfsmittel verzichtet, das dies nicht zu Lasten der Gäste fällt. Die Zeit, welche ich nämlich an diesem Wochenende diskutierend an der Rezeption verbracht habe, hätte ich lieber anders verbracht.

Über die Autorin

Corinna Flemming
Corinna Flemming Expertin für: Internationales

Nach verschiedenen Stationen im Redaktionsumfeld wurde schließlich das Thema E-Commerce im Mai 2017 zum Job von Corinna. Seit sie Mitglied bei den OnlinehändlerNews ist, kann sie ihre Liebe zur englischen Sprache jeden Tag in ihre Arbeit einbringen und hat sich dementsprechend auf den Bereich Internationales spezialisiert.

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Kommentare  

#1 Wolfgang 2018-05-10 12:56
Hallo,
das zeigt in meinen Augen eher das Problem des Netzes auf, als die schwäche des Hotels. Die Technik ist eben nicht einfach genug Probleme zu lösen, in vielen Fällen schafft sie die Probleme erst. Nehmen wir dein Hotel. Früher gab es eine Stelle, an der hast du dich für ein Zimmer beworben und es gab einen Ablauf der klar geregelt war. Heute entstehen an jeder Ecke Seiten, die mal mit dem Hotel direkt, mal über andere Seiten, mal über Agenturen, mal über irgendwelche Restpostenverma rkter irgendwelche Zimmer buchen und dann über x verschiedene Schnittstellen (Fax, verschidenste CSV Formate, Telefon, verschiedenste Mail Formate und vielleicht sogar noch über irgendwelche APIs) Daten in das Hotel reinwerfen. Getreu dem Motto: wird schon irgendwie klappen.
Diesen Irrsinn erleben wir doch im Handel auch dauernd. Früher, Kunde kommt in den Laden, zahlt bar oder mit EC-Karte, fertig. Heute trudeln Aufträge über Real,-ebay, Amazon, Spezialmarktplä tze und den Shop rein. Zahlungen kommen über PayPal, Secupay, esaycredit, amazonpay und so weiter. Jede Schnittstelle ist anders, zu der ein oder anderen gibt es dann Plulgins zum Shop, bei der anderen nicht - oder sie lohnt sich wegen der Kosten für das Volumen nicht, dann kommt die Frage was ist mit der BuHa. Gibt es überhaupt die nötige Schnittstelle, lohnt sich die Implementierung und so weiter.
Natürlich war das mit der Zahlung ärgerlich, aber ich kann es gut verstehen. Auch die ausgedruckten Zettelchen sind für das Hotel evtl. die sinnvollere Lösung.
Schöne Grüsse und ein entspanntes digitales Wochenende. ;-)
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