Kommentar: Das große Sterben – Warum scheitern so viele Abo-Box-Modelle?

Veröffentlicht: 10.07.2014 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 10.07.2014

Jeder liebt Überraschungen und daher lässt sich mit einem überraschenden Abo-Box-Konzept auf jeden Fall Geld verdienen! – Dieser Gedankengang hat wohl schon viele StartUps animiert, ein entsprechendes Geschäft auf die Beine zu stellen. Doch so einfach, wie es klingt, ist es nicht. In den vergangenen Monaten mussten sich zahlreiche erfolgversprechende Abo-Box-Unternehmen dem Angesicht der Unwirtschaftlichkeit stellen und ihre Pforten schließen. Es stellt sich die Frage, warum solche Geschäftsmodelle nur allzu oft scheitern.

Das Scheitern der Abo-Box-Modelle

(Bildquelle Hoffnungslos: Ollyy via Shutterstock)

Abo-Box-Überraschungen: Auf den ersten Blick ein grandioses Geschäft

Es gibt kaum eine Zielgruppe, der sich keine spezielle Abo-Box widmet: Männer und Frauen, Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Verliebte, Mütter, Kreative, Gestresste, Tierliebhaber und Genussmenschen. Die regelmäßigen Überraschungsboxen sind in schier allen Lebenslagen und Situationen denkbar – egal ob sie als besonderes Highlight gesehen werden oder fest in den Alltag integriert sind.

Anbieter werben (nicht ohne Grund) damit, dass das moderne Leben zumeist sehr stressig ist und nur wenige (positive) Überraschungsmomente bietet. Die Boxen können (egal, welchen Inhalt sie bieten) Abwechslung in die stete Tristesse des Alltags bringen und experimentierfreudigen Kunden ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Es geht dabei auch um den Reiz des Unbekannten – die verspielte und „abenteuerlustige“ Seite der Verbraucher wird hierbei angesprochen.

Alles in allem riecht das Abo-Box-Konzept nach einem einzigartigen und erfolgversprechenden Geschäftsmodell, das weit mehr bietet als das bloße Online-Shopping. Wenn es doch nur einzigartig bliebe…

Vom Aufstieg und schnellen Fall der Bertelsmann-Abo-Box-Modelle

Die Liste der gescheiterten Abo-Box-StartUps wird kontinuierlich länger und umfasst inzwischen eine unglaubliche Vielfalt unterschiedlicher Angebote. Erst kürzlich wurde bekannt, dass das Angebot der Bertelsmann-Tochter DirectGroup Germany nicht fortgeführt wird (wir berichteten).

Pinkbox ExemplarDie monatliche Mamibox widmete sich ganz den schwangeren bzw. mütterlichen Bedürfnissen und enthielt von Kosmetikprodukten über Baby-Accessoires und Spielzeug eine recht große Auswahl beigelegter Produkte. Doch nach nicht einmal zwei Jahren wird die Mamibox aufgrund fehlender wirtschaftlicher Perspektive eingestellt. – Genau wie alle anderen Abo-Box-Modelle aus dem Hause DirectGroup Germany: die Pinkbox, die für zahlreiche Kosmetik-Überraschungen sorgte, die LuxuryBox, die sich auf Luxus-Kosmetik spezialisierte und die Box von MyJewelStars, die sich glänzendem Geschmeide und Accessoires widmete.


Gescheiterte Abo-Boxen für Männer, Hunde, Genießer und Liebende

Doch diese „wirtschaftliche Perspektive“ fehlte nicht nur im (Unter-) Hause von Bertelsmann, sondern auch in zahlreichen anderen Abo-Box-StartUp-Büros. Wie Neuhandeln.de berichtet, sieht auch die sogenannte MansBox nach drei Jahren Existenz keine Zukunft mehr – obwohl sie einen ganz anderen Schwerpunkt legt: Hier fanden männliche Einkaufsmuffel eine Alternative zum stressigen Shopping-Zwang, denn die MansBox versorgte sie in regelmäßigen (drei-, sechs- oder neun-monatigen) Abständen mit Sets aus Unterwäsche, Socken und Shirts. Genial, sollte man meinen. Doch geglückt ist das Projekt letztendlich auch nicht.

Einen enormen Abo-Box-Boom erfuhr vor wenigen Jahren die Tier-Branche: Ob Mauz und Wauz, die dogz box, dogolindo, die wauwaubox oder die Hundewunderbox – die Anbieter für monatliche Tier-Wundertüten schossen geradezu aus dem Boden. Dass diese harte Konkurrenz auf dem Markt schließlich Gewinner und Verlieren hervorbringen wird, zeigen erste Entwicklungen.

Nachdem die dogz box ins Straucheln geriet und kurz vor dem Scheitern stand, fand sich schlussendlich doch noch ein Interessent, der das Geschäft erst kürzlich übernahm und zu neuem Erfolg führen will. Weniger Glück hatte die Wunderhundebox, die nach nur zwei Jahren die Reißleine zieht und weiteren Verlusten durch Schließung Einhalt gebietet:

Screenshot Hundewunderbox

Ebenso verwaist wie der Webshop der Wunderhundebox zeigt sich die Präsenz von TastyBox: Hier wurden einstmals ausgewählte Lebensmittel-Raritäten aus kleinen Manufakturen im monatlichen Abo angeboten. Doch obwohl das Abo-Box-Jungunternehmen in den Jahren 2012 und 2013 bereits über eine halbe Millionen Euro Kapital via Crowdfunding einsammeln konnten, waren alle Bemühungen umsonst: Im März dieses Jahres wurde bekannt, dass die TastyBox-Mutter FoodieSquare insolvent ist.

Auch die knisternde Spannung der Loversbox konnte die Kunden wohl auf lange Sicht nicht überzeugen. Das StartUp präsentierte eine reine Erwachsenen-Abo-Box, die Paare mit anregenden Massageölen, sinnlichen Spielzeugen und allerlei Liebes-Accessoires überraschen wollte. Die Seite des Anbieters ist längst nicht mehr erreichbar, sodass sich abenteuer- und experimentierfreudige Erwachsene längst einen neuen Überraschungs-Lieferanten suchen müssen.

GlossyBox: Nach schlechten Zeiten endlich profitabelGlossyBox

GlossyBox hat die Hochs und Tiefs in der Abo-Box-Branche bereits hinter sich: Nachdem das StartUp bei kosmetik-begeisterten Mädchen und Frauen gehypt wurde und anfangs überaus erfolgsversprechend schien, war spätestens Ende 2013 klar, dass falsch kalkuliert und zu schnell expandiert wurde. Das Geschäft wurde neu ausgerichtet, ausländische Zweigstellen geschlossen, zahlreiche Mitarbeiter entlassen.

Wie wichtig diese Vollbremsung war, zeigen die neuesten Zahlen: GlossyBox verzeichnet laut Internetworld ein Wachstumsschub von 35 Prozent. Genau wie im vergangenen Jahr hoffe man auch 2014 auf Umsätze von mehr als 30 Millionen, wobei das Jungunternehmen seit einigen Monaten bereits operativ profitabel ist.

Abo-Box-Überraschungen: überraschend einseitig

Warum all diese Abo-Box-Unternehmen bereits gescheitert sind, lässt sich pauschal nicht sagen. Natürlich muss jedes Geschäftsmodell inklusive Zielgruppe, Angebot, Markt-Sättigung, Kapital etc. separat voneinander betrachtet und analysiert werden. Doch überblickt man das kritische Feedback verschiedener Anbieter, lässt sich häufig eine Gemeinsamkeit erkennen: So überraschend, wie die Unternehmen versprechen, sind ihre Boxen gar nicht…

Natürlich bemühen sich die StartUps, ihren Kunden stets tolle, neue und spektakuläre Angebote zu machen. Doch erstens müssen sie profitabel denken bzw. handeln (sodass ihnen die wirtschaftliche Perspektive nicht abhanden kommt) und zweitens sind sie – egal in welcher Branche – auf ihre Lieferanten angewiesen. Auch wenn diese häufig ein breites Angebot haben, ist ihr Sortiment dennoch begrenzt und irgendwann erschöpft.

Außerdem sind selbst abenteuerliche und experimentierfreudige Geschmäcker verschieden, sodass es immer eine Gruppe Besteller gibt, die nicht zufriedengestellt wird – das liegt jedoch in der Natur der Sache, wenn man etwas zugesendet bekommt, von dem man nicht weiß, was es ist.

Alles in allem ist es wohl die Übersättigung des Marktes. Am Anfang war der Hype groß – das Abo-Box-Modell war aufregend und neu. Jetzt gehört es zum Alltag des Online-Handels, wobei auch die Anforderungen und Wünsche der Kunden immer weiter zu steigen scheinen. Selbst mit viel Engagement, Optimismus und Motivation lassen sich solche „Negativ-Aspekte“ des Marktes nicht überwinden. Es bleibt zu hoffen, dass sich einige Abo-Box-Anbieter dennoch behaupten können und nicht in den Tiefen des Internets verschwinden.

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