Mehrweganbieter im Interview

Umweltbewusstes Take-away-Geschäft: Recup kämpft gegen den Verpackungsmüll

Veröffentlicht: 14.03.2023 | Geschrieben von: Corinna Flemming | Letzte Aktualisierung: 14.03.2023
Frau mit Recup-Becher und Breze

Am Morgen schnell ein Kaffee to go, das Mittagessen vom Food-Truck nebenan und Abends beim Lieblingsitaliener bestellen – Essen und Getränke zum Mitnehmen verursachen jeden Tag einen Berg an Verpackungsmüll. Für ein umweltfreundliches Take-away-Geschäft setzt sich das Unternehmen Recup – Deutschlands größtes Mehrwegsystem für die Gastronomie – ein, und will so die Verpackungs-Revolution anstoßen.

Wie die Idee zu den wiederverwendbaren Schalen und Bechern entstand, was Kunden und Gastronomen bei der Nutzung beachten müssen und an welchen Stellen es bei der neuen Mehrwegpflicht noch hapert, erzählt uns der Mehrweganbieter im Interview.

Eintrittsbarriere so gering wie möglich halten

Erzählen Sie uns etwas zu den Anfängen von Recup. Wie, wo und wann ist die Idee zu den Mehrwegverpackungen entstanden? 

Die Idee hatten die Gründer Fabian und Florian unabhängig voneinander während des Studiums. Durch Zufall kamen sie damit bei derselben Person an und so dann schließlich zusammen und beschlossen, die Sache gemeinsam anzugehen. Um eine flächendeckende Variante des Systems testen zu können, starteten die beiden gemeinsam im November 2016 zunächst ein Pilotprojekt in Rosenheim. Das System kam bei den 26 Testpartnern gut an und so folgten im Mai 2017 bereits 50 weitere Partner in München. Mittlerweile gibt es Recup und Rebowl bundesweit an über 20.400 Ausgabestellen, und das System gewinnt täglich neue Ausgabestellen dazu. 

RECUPxREBOWL Gründer

Wie sieht das Pfandsystem konkret aus? Welche Kosten kommen auf Gastronomen zu und was müssen Kunden für die Mehrwegverpackungen zahlen? 

Partnerbetriebe leihen sich Mehrwegbehälter gegen Pfand bei Recup und geben diese gegen denselben Pfandbetrag an ihre Kundschaft aus. Leere Recups und Rebowls werden wieder zurückgenommen und das Pfand an die Kundschaft ausbezahlt. Gastronomiebetriebe spülen die Behälter und bringen sie anschließend zurück in den Kreislauf – so sind sie wieder für die nächsten Kund:innen einsatzbereit. 

Durch einen Systembeitrag von 25 bis 45 Euro im Monat sind die Kosten des Systems überschau- und kalkulierbar. Da die Mehrwegbehälter geliehen werden, entstehen, anders als bei Einwegverpackungen, für den Gastronomiebetrieb keine Kosten. Partner:innen können entscheiden, ob sie Recups und Rebowls anbieten oder sich für eines der beiden Produkte entscheiden. Der Nutzungsbeitrag bleibt gleich. Das System ist bereits ab 12 Getränken to-go oder auch sechs Take-away-Essen am Tag günstiger als Einweg. 

Für die Kundschaft ist das System kostenlos. Es wird lediglich ein Pfandbetrag in Höhe von 1 Euro je Recup bzw. 5 Euro je Rebowl hinterlegt, den der/die Nutzer:in bei Rückgabe der Behälter wieder zurückerhält. 

Müssen sich Kunden für die Nutzung irgendwo registrieren? 

Recup setzt darauf, Konsument:innen eine Lösung anzubieten, die für jede:n zugänglich ist und sich unkompliziert in den Alltag integrieren lässt. In der Umsetzung ist das ausdrückliche Ziel, die Eintrittsbarrieren so niedrig wie möglich zu halten. Deshalb funktioniert das System analog und ohne Daten-Registrierung. 

Wie erfolgt die Reinigung der Mehrwegverpackungen? Wie oft können diese wiederverwendet werden und was passiert mit diesen, wenn der Lebenszyklus schließlich doch mal ein Ende gefunden hat? 

RECUPxREBOWL

Gastronomiebetriebe spülen die Behälter wie Porzellangeschirr in der (Gastro-)Spülmaschine und bringen sie anschließend wieder in den Kreislauf. Ein Recup kann bis zu 1.000 Mal wiederverwendet werden, eine Rebowl bis zu 500 Mal. Sind Behälter abgenutzt oder beschädigt, können unsere Partner diese entsprechend unserer AGB an uns zurückschicken und wir führen sie, ab einer recyclingfähigen Menge, bei unserem Hersteller dem Recycling zu. 

Die größte Herausforderung: Gewohnheiten durchbrechen

Gibt es Einschränkungen bei der Nutzung der Verpackung, was den Inhalt angeht? 

Grundsätzlich gibt es keine Einschränkungen bei der Nutzung für Lebensmittel. Allerdings können Lebensmittel wie beispielsweise Kurkuma, Rote Beete oder Karottensaft Verfärbungen auf den Behältern hervorrufen. Diese haben jedoch keine Auswirkungen auf die Hygiene, den Geschmack oder den Umweltnutzen der Mehrwegbehälter. 

Was passiert, wenn die Cups bzw. Bowls dreckig oder beschädigt zurückgegeben werden? Erhalten Kunden den gezahlten Pfand dann dennoch zurück? In welchen Fällen können Letztvertreiber die Rücknahme einer Mehrwegverpackung verweigern? 

Partner sind nicht verpflichtet, defekte, beschädigte oder sehr stark verschmutzte Recups und Rebowls von ihrer Kundschaft zurückzunehmen. Beschädigte oder ästhetisch nicht mehr ansprechende (z.B. Logo nicht mehr erkennbar) Produkte sollten aus dem Bestand aussortiert und entweder selbst einer ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt oder an uns für das Recycling zurückgegeben werden. Sollten die Behälter noch als Recups oder Rebowls erkennbar sein, erstatten wir das Pfand.

Es heißt „Aller Anfang ist schwer“. Wie schwer waren die Anfänge von Recup? Welche Hürden mussten genommen werden? Gab es einen Moment, in dem das Projekt auf der Kippe zum Scheitern stand? 

Durch die erfolgreiche Pilotphase in Rosenheim und die Einführung des Systems in München haben wir früh gemerkt, dass Potenzial in der Idee steckt und sie sowohl bei Gastronom:innen als auch bei der Kundschaft gut ankommt und angenommen wird. Natürlich gab es immer wieder Hürden, für die wir Lösungen finden mussten. Zum Beispiel ist und bleibt eine der größten Herausforderungen, Gewohnheiten zu durchbrechen. Auch wenn das Thema Pfand in Deutschland geläufig ist, stellt es sich immer wieder als schwierig heraus, dies auf To-go-Becher und Take-Away-Schalen zu übertragen und hier ein gesamtgesellschaftliches Umdenken zu bewirken. 

Mit welchen Unternehmen/Handelspartnern arbeiten Sie inzwischen zusammen? 

Partnerbetriebe von Recup sind beispielsweise Shell, Ikea, Burger King, Alnatura, Aral, Sodexo, Aramark, Lieferando, Wolt oder Bio Company sowie tausende von Einzelgastronomien. Im Januar 2023 konnte Recup/Rebowl auf über 20.300 Ausgabestellen wachsen und so die breite Präsenz am Markt, gerade auch im Bereich Restaurants und Betriebsgastronomien, deutlich ausbauen. Alle Recup/Rebowl-Ausgabestellen sind über die Recup-App bzw. die Karte auf unserer Website einsehbar.

RECUPxREBOWL

Die Mehrwegpflicht als Chance

Ich wohne in einem Dorf, die Rückgabemöglichkeiten sind für mich also sehr begrenzt, wenn nicht sogar nicht vorhanden. In welchem Umfang könnte ich den Recup/Rebowl dennoch nutzen bzw. macht es für mich überhaupt Sinn? 

Auch in ländlichen Regionen ist das Recup/Rebowl-Mehrwegsystem mittlerweile vertreten, z.B. oft in Form von Tankstellen wie Aral oder Shell. Hier ist die Rückgabe der Recups und teilweise auch Rebowls möglich, sodass es auch für Kund:innen aus dem ländlichen Raum möglich ist, das System zu nutzen. 

Bezugnehmend auf die vorherige Frage: Gibt es eine Maximalanzahl an Cups bzw. Bowls, die ich mit einem Mal kaufen oder zurückgeben kann? 

Es gibt keine Maximalanzahl an Behältern, die mit einem Mal geliehen oder zurückgegeben werden können. 

Wie stehen Sie zur Mehrwegpflicht? Auf der einen Seite fordert es Unternehmen auf zu handeln, was mehr Kunden für Recup bedeutet. Auf der anderen Seite könnte das Gesetz aber natürlich auch mehr Konkurrenz auf den Plan rufen. Sehen Sie in dem Gesetz mehr Chancen oder Risiken? 

RECUPxREBOWL

Mit der Mehrwegpflicht ist ein erster, wichtiger Schritt gegen die Berge an Verpackungsmüll, die jeden Tag durch das To-go- und Take-away-Geschäft entstehen, in Kraft getreten. Wir sehen das wachsende Angebot an Mehrwegsystemen als positives Zeichen an, das zeigt, dass sich auf dem Markt etwas tut und dadurch auch mehr Einwegmüll eingespart wird. Gleichzeitig sind wir der festen Überzeugung, dass das Gelingen des Systems davon abhängig ist, wie verfügbar es für die Kundschaft ist. Daher sind wir uns sicher, dass sich eine flächendeckende deutschlandweite Poolsystemlösung, wie wir sie anbieten, langfristig gegen Einzellösungen durchsetzen wird. 

Wir merken allerdings, dass gerade Einzelgastronom:innen das Gesetz teilweise gerade erst kennenlernen und sich vermutlich erst nach und nach um ein Mehrwegangebot kümmern werden. Es gibt auch Betriebe, die bewusst noch keine Mehrwegalternativen eingeführt haben, da sie die Kontrolle der Einhaltung des Gesetzes erst einmal „abwarten“ wollen. Auch, ob sich eine verstärkte Nachfrage nach Mehrwegalternativen von Kund:innenseite abzeichnet, wird sich in den kommenden Monaten erst zeigen. 

Der nächste wünschenswerte Schritt wäre eine Einweg-Abgabe bzw. letztendlich ein Einwegverbot in der Gastronomie, wie es EU-weit für einige Einwegplastikprodukte bereits seit 2021 gilt.

Über die Autorin

Corinna Flemming
Corinna Flemming Expertin für: Internationales

Nach verschiedenen Stationen im Redaktionsumfeld wurde schließlich das Thema E-Commerce im Mai 2017 zum Job von Corinna. Seit sie Mitglied bei den OnlinehändlerNews ist, kann sie ihre Liebe zur englischen Sprache jeden Tag in ihre Arbeit einbringen und hat sich dementsprechend auf den Bereich Internationales spezialisiert.

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