Bundessozialgericht

Psychische Erkrankung erstmals als Berufskrankheit anerkannt

Veröffentlicht: 30.06.2023 | Geschrieben von: Hanna Hillnhütter | Letzte Aktualisierung: 30.06.2023
Rettungswagen

Das Bundessozialgericht hat erstmals eine psychische Erkrankung als eine sogenannte „Wie-Berufserkrankung“ angesehen. Geklagt hatte ein Rettungssanitäter, der an einer posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt war. Bei seiner Berufsgenossenschaft wollte der Kläger die Erkrankung als Berufserkrankung geltend machen. Der Antrag wurde allerdings abgelehnt. Auch eine Klage, die feststellen sollte, dass es sich um eine Berufserkrankung handelt, blieb zunächst erfolglos. 

Extreme Belastung durch Amoklauf und Suizide

Der Kläger musste als Rettungssanitäter viele belastende Situationen miterleben. Unter anderem den Amoklauf von Winnenden im Jahr 2009 und den Suizid zweier befreundeter Mädchen. Daraufhin wurde bei ihm 2016 eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt. Die Berufsgenossenschaft lehnte dies als Berufskrankheit ab, weil sie weder zu den in der Rechtsverordnung aufgezählten Berufskrankheiten zählt, noch als eine „Wie-Berufskrankheit“ behandelt werden kann. 

Nach dem Sozialgesetzbuch kann die Bundesregierung in einer Rechtsverordnung festlegen, welche Krankheiten eine Berufskrankheit darstellen. Und zwar dann, wenn eine bestimmte Personengruppe, durch Ausüben der beruflichen Tätigkeit einem höheren Risiko als der Rest der Bevölkerung ausgesetzt ist, an der Krankheit zu erkranken. Krankheiten, die nicht in der Rechtsverordnung aufgezählt sind, können als eine „Wie-Berufserkrankung“ behandelt werden, wenn zum Entscheidungszeitpunkt neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die bestätigen, dass die Voraussetzung für eine Berufskrankheit gegeben sind. 

Während die Vorinstanzen eine posttraumatische Belastungsstörung nicht als eine Wie-Berufskrankheit ansehen, entschied das Bundessozialgericht nun zugunsten des klagenden Rettungssanitäters. 

Rettungssanitäter sind während ihrer Arbeitszeit einem erhöhten Risiko der Konfrontation mit traumatisierenden Ereignissen ausgesetzt. Nach dem Stand der Wissenschaft sind diese Einwirkungen Ursache einer posttraumatischen Belastungsstörung, so das Bundessozialgericht in einer Pressemitteilung. 

Warum die Anerkennung als Berufskrankheit relevant ist

Die Frage, ob es sich um eine Berufskrankheit handelt, ist deswegen relevant, weil der Kläger bei Anerkennung der Krankheit als Berufskrankheit Anspruch auf umfassende Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hat. 

Das Bundessozialgericht hat zunächst lediglich festgestellt, dass es sich bei einer posttraumatischen Belastungsstörung grundsätzlich um eine Berufskrankheit handeln kann. Ob die posttraumatische Belastungsstörung beim Kläger tatsächlich auf seinen Beruf zurückzuführen ist, muss nun das Landessozialgericht entscheiden. 

Die Bundestherapeutenkammer äußerte sich erfreut über die Entscheidung des Bundessozialgerichts. „Das Urteil des Bundessozialgerichts ist bahnbrechend und längst überfällig“, so Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK in einer Pressemitteilung. „Als Psychotherapeutenschaft fordern wir bereits seit Jahren, psychische Gefährdungen im Arbeitskontext konsequent im Berufskrankheitenrecht zu berücksichtigen.

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Über die Autorin

Hanna Hillnhütter
Hanna Hillnhütter Expertin für: Verbraucherschutz- und Strafrecht

Hanna verschlug es 2012 für ihr Jurastudium vom Ruhrgebiet nach Leipzig. Neben dem Studium mit dem Schwerpunkt Strafrecht, spielte auch das Lesen und Schreiben eine große Rolle in ihrem Leben. Nach einem kurzen Ausflug in das Anwaltsleben, freut Hanna sich nun, ihre beiden Leidenschaften als Redakteurin verbinden zu können.

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