Urteil des Bundesgerichtshofs

Wann dürfen Verbände wegen einer wettbewerbswidrigen Anschwärzung vor Gericht klagen?

Veröffentlicht: 10.04.2024 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 10.04.2024
Eingangstor zum BGH

Macht eine Person geltend, in ihren subjektiven Rechten verletzt zu sein, steht ihr nach dem deutschen Recht die Befugnis zu, Klage zu erheben. Mit der Frage, ob ein Verband im Falle einer fremden Rechtsverletzung diese gerichtlich verfolgen darf, beschäftigte sich jüngst der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 23.01.2024, Az.: I ZR 147/22) und gestand Wirtschaftsverbänden einen gewissen Handlungsspielraum zu – allerdings nur in ganz bestimmten Fällen.

Herabsetzende Äußerungen gegenüber Konkurrenten

Geht es um die wettbewerbswidrige Anschwärzung eines Konkurrenten, ist im Grundsatz nur das betroffene Unternehmen selbst dazu berechtigt, gegen den Rechtsverstoß vorzugehen, stellt der BGH nach einem Bericht der Kanzlei Dr. Bahr in einem kürzlich veröffentlichten Urteil klar. In diesem Fall hätte ein Wirtschaftsverband keine Möglichkeit, den Verstoß gerichtlich geltend zu machen. Anders würde es jedoch aussehen, wenn von der Herabsetzung nicht nur ein einzelnes Unternehmen, sondern mehrere Mitbewerber betroffen sind. 

Konkret ging es vor dem BGH um eine Firma, die mehrfach in Videos herabsetzende Äußerungen über eine Vielzahl von konkurrierenden Herstellern von Zigaretten-Eindrehpapieren tätigte und von einem Wirtschaftsverband auf Unterlassung verklagt wurde. Die Richter:innen mussten sich daraufhin zunächst mit der Frage auseinandersetzen, ob der Verband überhaupt klagebefugt ist und für die betroffenen Firmen vor Gericht ziehen darf.

Die Anzahl der Betroffenen ist entscheidend

Er darf, entschied das Gericht. Dabei grenzte es ab, dass es bei der Beurteilung der Klagebefugnis wie in diesem Fall darauf ankommt, ob lediglich die Anschwärzung eines einzelnen Unternehmens oder mehrerer Firmen geltend gemacht wird. Bei nur einem herabgesetzten Unternehmen dürfe ein Wirtschaftsverband nicht tätig werden. Hier müsse das Unternehmen selbst vor Gericht gehen. Sind aber wie vorliegend gleich mehrere Firmen von einer Beleidigung oder Herabsetzung durch ein konkurrierendes Unternehmen betroffen, dürfe auch ein Wirtschaftsverband die gerichtliche Verfolgung der Rechtsverstöße übernehmen.  

Der BGH führt dazu aus: „Richtet sich die (mögliche) Anschwärzung allerdings nicht lediglich gegen einen individualisierten Mitbewerber, sondern gegen eine Mehrheit von Mitbewerbern, liegt es nicht mehr in der Hand eines Einzelnen, ob er sie hinnimmt oder nicht. In diesem Fall ist es gerechtfertigt, dass neben allen einzelnen betroffenen Mitbewerbern auch ein Verband, dem ein solcher Mitbewerber angehört, prozessual dagegen vorgehen kann.“

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Julia Petronis

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.

Meistgelesene Artikel