Arbeitsrecht

9 Fakten zu Überstunden

Veröffentlicht: 27.06.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 27.06.2023
Chef hält Mitarbeiter zurück

In vielen Betrieben werden Überstunden geleistet. Oftmals wird sich dabei nicht ganz an das Gesetz gehalten. Daher haben wir hier einen kleinen Überblick erstellt. 

1.  Das sind Überstunden

Unter Überstunden versteht man eine Überschreitung der vetrraglichen Arbeitszeit. Sind vertraglich 32 Arbeitsstunden pro Woche vereinbart, werden bereits ab der ersten Minute der Überschreitung dieser Zeit Überstunden geleistet. 

Früher gab es die Regelung, dass bis zu zehn Minuten mehr keine Überstunden sind. Hintergrund war der, dass beispielsweise im Geschäft noch die Kundschaft zu Ende bedient werden soll. So eine Regelung gibt es aber im Gesetz nicht mehr. 

2. Keine Pflicht zu Überstunden

Grundsätzlich gibt es keine gesetzliche Pflicht, die Mitarbeiter zur Ableistung von Mehrarbeit verpflichtet. Allerdings kann die Bereitschaft zum Leisten von Überstunden im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart werden.

Steht nichts im Vertrag, können Führungskräfte in aller Regel auch nicht einfach so Überstunden anordnen. Wäre die Anordnung vom Weisungsrecht gedeckt, würde das bedeuten, dass einseitig ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitsvertrages ausgehebelt werden könnte.

3. Einseitige Anordnung in Notsituationen möglich

Kommt es zu einer Notsituation, können arbeitgebende Unternehmen auch ohne vertragliche Vereinbarung Überstunden anordnen. Dabei geht es allerdings um Situationen, in denen „die Hütte brennt“: Der Begriff „Notsituation“ bezieht sich nicht auf übliche Ereignisse wie einen plötzlichen Großauftrag oder eine verspätet eintreffende Warenlieferung, sondern auf Katastrophen wie Überschwemmungen oder Brände. Solche Ereignisse sind für Arbeitgeber:innen nicht vorhersehbar und können möglicherweise die Existenz des Betriebs bedrohen.

4. Diese Rechtsgrundlagen für Überstunden bestehen

Auf welcher Basis dürfen dann überhaupt Überstunden geleistet werden? Überstunden können zum einen im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Außerdem dürfen sogenannte Einzelvereinbarungen getroffen werden. Sind sich Führungskraft und Angestellte einig, dass in einer bestimmten Situation Mehrarbeit geleistet werden soll, handelt es sich nicht mehr um eine einseitige Arbeitsanweisung. In solchen Fällen genügt eine mündliche oder stillschweigende Übereinkunft. Außerdem können in der Betriebsvereinbarung oder dem Tarifvertrag Regelungen zu Überstunden getroffen werden.

5. Überstunden müssen nicht immer angeordnet sein

Oftmals liest man, dass Überstunden immer angeordnet sein müssen. Das ist nicht ganz korrekt: Sie können auch stillschweigend von der Führungskraft geduldet werden. Allerdings gibt es keine Überstunden, von denen das arbeitgebende Unternehmen nichts weiß. Arbeitet ein Teammitglied Abends noch „heimlich“ von zu Hause ist, handelt es sich nicht um Überstunden. 

In so einem Fall haben Angestellte keinen Anspruch auf eine Vergütung der Überstunden. 

6. Überstunden werden vergütet

In aller Regel müssen Überstunden auch entsprechend vergütet werden. Wäre es anders, würden Angestellte mehr Arbeit leisten, als ihnen bezahlt wird. Das würde dem Charakter des Arbeitsvertrages, der „Arbeit gegen Lohn“ lautet, widersprechen. 

Dennoch finden sich in vielen Arbeitsverträgen Klauseln, die besagen, dass Überstunden nicht gesondert bezahlt werden, sondern pauschal mit dem Festgehalt abgegolten werden. Vorsicht: Solche Klauseln sind oft unwirksam. In der Regel sind diese Klauseln intransparent und benachteiligen die Arbeitnehmer:innen unangemessen. Soll nicht jede Überstunde bezahlt werden, sollte hier dringend ein Anwalt oder eine Anwältin die entsprechende Klausel formulieren.

7. Abbummeln von Überstunden nur mit Einverständnis der Arbeitnehmer:innen

Alternativ zur Bezahlung könnte doch auch einfach ein Freizeitausgleich gewährt werden? Auch wenn das Abbummeln von Überstunden üblich ist, ist es rechtlich nicht ganz unproblematisch: Teammitglieder dürfen nicht einfach zum Abbummeln verpflichtet werden. Sie haben nämlich einen Anspruch auf Beschäftigung. Anders sieht es natürlich bei einer entsprechenden, arbeitsvertraglichen Vereinbarung aus.

8. Es gibt keinen Anspruch auf Überstunden

Angestellte haben keinen Anspruch darauf, Überstunden zu machen. Auch, wenn man sich jahrelang an den Zuverdienst oder den Freizeitausgleich gewöhnt hat, können Arbeitegeber:innen diese Praxis ändern, denn: Überstunden sind nur dann Überstunden, wenn sie entweder angeordnet oder geduldet werden.

9. Arbeitszeitgesetz beachten

Auch bei Überstunden muss natürlich das Arbeitszeitgesetz beachtet werden. So darf die Höchstarbeitszeit nicht überschritten werden. Auch Pausenzeiten müssen eingehalten werden. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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