Gutachten

Sind die Pläne zu Cannabis-Clubs rechtswidrig?

Veröffentlicht: 26.07.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 05.04.2024
Hand, die ein Papierblatt mit einem Symbol für Marihuana-Blätter auf einem überfüllten Straßenhintergrund hält.

Inwiefern eine Legalisierung von Cannabis europarechtlich möglich ist, wurde in der jetzigen Legislaturperiode viel diskutiert. Nun legt ein aktuelles Gutachten nahe, dass der derzeitige Entwurf europarechtliche Schwachpunkte hat.

Straffreier Privatkonsum grundsätzlich möglich

Zunächst einmal stellt das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, welches im Auftrag des CSU-Abgeordneten und Gegners der Legalisierungspläne, Stephan Pilsinger erstellt wurde, klar, dass die Straffreiheit eines privaten Konsums prinzipiell möglich ist. Davon ist auch der private Anbau umfasst. Hier sieht der Entwurf vor, dass Privatpersonen bis zu drei weibliche Cannabispflanzen für den Eigenbedarf anpflanzen dürfen. 

Grundsätzlich sei so eine Enkriminalisierung europarechtlich möglich. 

Anbau in Clubs rechtswidrig?

Der aktuelle Entwurf sieht vor, dass Clubs Cannabispflanzen anbauen und die Erzeugnisse an Mitglieder abgeben dürfen. Ob diese Abgabe europarechtskonform ist, lässt das Gutachten aber weitgehend offen. Am Ende ginge es darum, wie eng oder weit man die europarechtlichen Vorgaben auslege, berichtet die LTO. Diskussionspunkt ist die sogenannte Berechtigungsklausel des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25.10.2004 ("Rahmenbeschluss 2004"). Diese sieht vor, dass unter anderem das Ein- und Ausführen, Herstellen, Zubereiten, Anbieten, Verkaufen, Liefern von Drogen, zu denen auch Cannabis gehört, unter Strafe gestellt wird, wenn die Handlungen "ohne entsprechende Berechtigung" erfolgten. 

Die Ampel ist der Ansicht, dass ihre Pläne diese Berechtigungsklausel nicht berühren. Immerhin gibt es da noch die Privatkonsumklausel. Diese sieht vor, dass Handlungen nicht unter den Rahmenbeschluss fallen, „wenn die Täter sie ausschließlich für ihren persönlichen Konsum im Sinne des nationalen Rechts begangen haben“.

Die Gretchenfrage, die sich stellt, ist, ob der Anbau und die Abgabe von Cannabis über die sogenannten Cannabisclubs von dieser Privatkonsumklausel gedeckt ist. Die Ampel sagt: Ja, das Gutachten: Na ja.

Viel „dürfte“

Wie es in juristischen Gutachten üblich ist, wird das Wörtchen „dürfte“ inflationär verwendet. Laut Gutachten dürfte eine enge Auslegung der Berechtigungsklausel dazu führen, dass in Cannabis Clubs nur der Anbau auf medizinische oder wissenschaftliche Zwecke beschränkt sei. Das würde bedeuten, dass die Cannabisclubs nicht zu bloßen Konsumzwecken Pflanzen anbauen dürften. Gleichzeitig gesteht das Gutachten den Mitgliedstaaten aber auch einen weiten Ausgestaltungsspielraum zu:  „Selbst bei einer Beschränkung der Berechtigungsklausel auf medizinische und wissenschaftliche Zwecke dürfte den Mitgliedstaaten ein vergleichsweise weiter Ausgestaltungsspielraum zustehen, der jedoch – weil die Berechtigungsklausel nicht in das nationale Recht verweist – einer strengeren Kontrolle durch den EuGH unterliegen dürfte.“

Soll nichts anderes heißen, als dass am Ende sowieso der EuGH darüber entscheiden muss, ob das Gesetz rechtmäßig ist oder eben nicht.

Umstrittene Abgabe von Seite des Staates

Ebenfalls ergebnisoffen fällt das Gutachten bezüglich der Einrichtung eines staatlichen oder staatlich kontrollierten Anbau- und Abgabesystems zu Genusszwecken aus. Hier sei umstritten, ob solche Abgabestellen von der mitgliedstaatlichen Entkriminalisierungsfreiheit gedeckt seien.

Stephan Pilsinger fühlt sich bestätigt

Legalisierung-Gegner Stephan Pilsinger (Union) fühlt sich durch das eigentlich eher vage Gutachten in seiner Ansicht bestätigt: „Das Gutachten unterstreicht, wie nahe der Referentenentwurf der Ampel an der Europarechtswidrigkeit dran ist. Denn das Risiko, dass Cannabis-Pflanzen an Personen abgegeben werden, die nicht nachweislich Mitglieder des Anbauvereins sind, ist faktisch hoch. Die Gefahr einer verdeckten Kommerzialisierung in den Vereinen ist einfach nicht von der Hand zu weisen, was die erste Säule der Legalisierung von Cannabis in Cannabis Social Clubs schon mit Blick auf das EU-Recht erheblich ins Wanken bringt.“

Aber, was sollen eigentlich Cannabis Social Clubs sein? Damit will das MdB laut LTO suggerieren, dass in den Cannabis Clubs künftig auch der Konsum gestattet werden soll. Korrekterweise ist aber das Gegenteil der Fall: Der Entwurf sieht vor, dass im Umkreis von 200 Meter um die Clubs eben gerade nicht gekifft werden darf. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#1 anja 2023-07-27 12:48
dieses hin und her ist doch nur noch lächerlich. offenbar war es nie beabsichtig, cannabis zu '"legalisieren" , zumal mir nicht bekannt ist, ob es überhaupt irgendwo "legal" ist oder einfach nur nicht bestraft und geduldet wird. aber hierzulande ist das mal wieder ein dauerthema, das schon veraltet war, als man begann es "ernsthaft" zu diskutieren. diese show ist genauso wenig auszuhalten wie der ganze andere firlefanz drumherum. diesen affenzirkus nimmt doch keiner mehr ernst. die politik soll endlich aufhören, ihre bürger zu verar.... und wie unmündige kleinkinder zu behandeln. das ist nicht nur respektlos, sondern zeigt vielmehr deutlich, welche arroganz in diesen reihen herrscht. es geht schon lange nicht mehr um volksvertretung , demokratie und bürgerentscheid ungen, sondern um bevormundung.
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